Die Bruderschaft des Schmerzes
Teil von ihr, eben dies getan: Sie hatte gegeben, und sie hatte genommen. Hunderte von kleinen Banden wie diese durchstreiften das Gebiet der Bruderschaft. Sie waren ganz auf sich selbst gestellt, verübten Überfälle und ernährten sich von dem, was das Land ihnen bot. Jede Bande wurde von einer kleinen Gruppe von Herogynsüchtigen angeführt, die kein Hehl daraus machten, daß sie zur Volksarmee gehörten. Die anderen, Freiwillige, spielten die Rolle von gewöhnlichen sangranischen Bauern, die in den Dschungel geflüchtet waren, um von dort aus ihre Überfälle zu unternehmen.
Tagsüber überfielen sie Nahrungsspeicher und – in leichtem Widerspruch zu Fradens Befehlen – Fleischtierherden. Davon ernährten sie sich. Was sie nicht brauchten, schafften sie in die Dörfer, um den Bauerntölpeln zu zeigen, daß jeder sich das nehmen konnte, was er haben wollte, wenn er nur genügend Mut besaß.
In der Nacht schlichen sich die Herogynsüchtigen in erbeuteten Töteruniformen in die gleichen Dörfer und töteten die Gehirne.
So gefallt mir das Leben, dachte Vanderling. Mann, dies war schon eine tolle Art, einen Krieg zu führen – plündern, schlemmen und sich mit den Bauerntölpeln betrinken. Die Süchtigen waren glücklich. Es war immer etwas los, und sie bekamen eine Menge Herogyn. Auch die freiwilligen Trottel waren zufrieden. Sie gingen kein Risiko ein, nicht mit dreißig bewaffneten Männern gegen ein paar Töter, die möglicherweise eine Herde oder einen Speicher bewachten. Zum ersten Mal in ihrem Leben bekamen sie jede Menge Fleisch zu essen.
Vanderling grinste, als er über dies alles nachdachte und sich gleichzeitig an Bart erinnerte, an den armen, überempfindlichen Bart! Bart mußte wissen, daß die ganze Aktion nicht funktionieren konnte, wenn die Guerillas die Fleischtiere, die sie erbeuteten, nicht aßen. Was hätten sie auch sonst essen sollen, wenn sie sich von den Erträgen des Landes ernähren sollten? Außerdem würden sie gar nicht mitgespielt haben, wenn sie die kleinen Schätzchen nicht hätten verspeisen dürfen. Man sollte nur einmal versuchen, sie daran zu hindern, dann wäre sofort die schönste Meuterei im Gange. Bart wußte genau, daß es sich so verhielt, aber er hatte einfach nicht genug Mumm, um dazu zu stehen. Statt dessen sagte er: „Ernährt euch von dem, was das Land hergibt, Jungs.“
Es war schon lustig, wenn man sich an Barts Leben im Gürtelfreistaat erinnerte, mit all den tollen Speisen und mit Ah Ming. Jetzt lebt er von Reis, Weizen und Grünfutter wie ein gottverdammtes Kaninchen, und ich schlage mir den Bauch mit saftigem Fleischtierbraten voll! Das Zeug war wirklich nicht übel, ein bißchen salzig vielleicht, aber das machte nichts aus, wenn genügend von dem heimischen Wein da war, um das Fleisch damit herunterzuspülen. Ein toller Tausch: Bart, der Gourmet, frißt Kaninchenfutter, und ich bekomme das Fleisch!
Jetzt hatten die Sangraner die Fleischtierherde umringt. Vanderling sah, wie sich die Haut über ihre Rippen spannte, er erkannte die Gier in ihren hungrigen Gesichtern. Er grinste.
„Gut, Leute“, sagte er, „wir haben für das Essen gesorgt – wie wäre es, wenn ihr euch um die Getränke kümmert? Das ist doch fair, oder? Wir werden zusammen ein nettes Picknick veranstalten. Diese Burschen hier …“ – er zeigte auf die als Bauern verkleideten Soldaten – „… kommen vom Nachbaranwesen, und sie haben sich zu einer Bande zusammengeschlossen, die sich nimmt, was sie braucht. Meine Jungs und ich kamen auf der Suche nach ein paar Tötern, die wir fertigmachen wollten, dort vorbei, und dann haben wir sie getroffen. Sie hatten alle Fleischtiere … äh … beschlagnahmt, und sie haben uns zum Essen eingeladen. Da habe ich vorgeschlagen, daß wir euch auch zum Essen einladen, denn es schien mir, daß ihr noch nicht genügend Grips entwickelt habt, um selbst darauf zu kommen, daß ihr euch alles holen könnt, was ihr haben wollt. Darum macht jetzt eure Weinflaschen auf und hängt diese knusprigen Braten über das Feuer. Ich möchte wetten, daß wir alle einen ganz hübschen Appetit haben, oder …?“
Die Dörfler schrien so begeistert auf, wie man es auch von Halbverhungerten erwarten konnte, die zu einem Festmahl eingeladen wurden. Frauen errichteten Feuerstellen und stellten Spieße auf, Männer führten die folgsamen Fleischtiere zur Seite. Ein paar Greise holten Tonkrüge mit saurem sangranischen Wein aus ihren Hütten.
Vanderling marschierte mit
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