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Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Titel: Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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ihresgleichen keine Chance hatte, dem Elend mit ehrlicher Arbeit zu entkommen. Das war ein erster, versteckter Hinweis darauf, dass er und seine Freunde diesen Weg wohl längst verworfen hatten und sich anderen, weniger ehrlichen Beschäftigungen zugewandt hatten.
    * Angehöriger eines islamischen (Bettel-)Ordens mit mystisch schwärmerischer Glaubensausrichtung, deren Mitglieder sich durch Musik, heulenden Gesang und wilde religiös-ekstatische Tänze in eine Art von Trance versetzen.

    Tarik fragte nicht nach, zumal Maslama jetzt auch das Öllicht aus blies und sich auf seiner Matte zum Schlafen ausstreckte, doch in Gedanken sann er darüber nach, ob sie ihm womöglich dabei von Nutzen sein konnten, den Aufenthaltsort seiner Freunde in Erfah rung zu bringen, ja ob sie ihm vielleicht sogar bei ihrer Befreiung helfen konnten. So müde und zerschlagen er sich auch fühlte, so lag ihm doch nichts ferner, als sich dem Schlaf zu überlassen. Zu vieles ging ihm durch den Kopf. Die drei Männer schnarchten schon im Chor, als er sich schließlich erhob, die Ruine verließ und vom Hügel, auf dem man die Moschee vor langer Zeit errichtet hatte, hinunter ans Nilufer schritt. Tarik setzte sich an der Uferböschung ins Gras, blickte auf den Fluss hinaus und versank in sorgenvollen Gedanken um seine Freunde. Ihr Plan war gelungen, und er befand sich in Freiheit. Aber was sollte nun werden? Wie sollte er bloß herausfinden, wo der Emir Gerolt und Maurice eingekerkert hatte und zu welchem Sklavenhändler er McIvor hatte bringen lassen? Cairo galt als ei ne der größten Städte der Welt und sollte mindestens dreimal mehr Einwohner haben als Paris oder London*. Wie sollte er da ihre Spur aufnehmen, wo er doch niemanden kannte, den er fra gen konnte, ohne Misstrauen zu erwecken? Ganz zu schweigen von der Aufgabe, sich einen Erfolg versprechenden Plan zu ihrer Befreiung auszudenken und ihn auszuführen. Allein würde ihm ein so tollkühnes Vorhaben niemals gelingen. Gut, er hatte eine Chance, das Wrack des gesunkenen Fischerbootes und dort sei nen Stiefel mit den Goldmünzen wiederzufinden, und zudem trug er in seinen Eingeweiden einen wahren Schatz an kostbaren Edelsteinen. Aber diese musste er erst einmal in Gold und Silber eintauschen, und an welchen Händler sollte er sich wenden? Wem konnte er vertrauen? Und dann dachte er voller Kummer an den Heiligen Gral, der im Kielraum der Calatrava zwischen den Balaststeinen versteckt lag. Wie sollte er jemals eine Möglichkeit finden, an Bord des Schiffes zu gelangen und den Kelch zu retten? Der Emir würde die Handelsgaleere sicherlich neu bemannen und unter seiner Flagge zum Einsatz bringen. Wenn das geschah und die Calatrava auf Fahrt ging, war der Heilige Gral für sie so gut wie verloren. Und das bedeutete, dass er all sein Sinnen und Trachten erst einmal auf die Rettung des heiligen Kelches konzentrieren musste, sosehr ihn das Schicksal seiner Freunde auch bedrückte. Als Gralsritter galt seine allererste Verpflichtung seinem heiligen Amt. Er zerbrach sich den Kopf darüber, wie er es bloß in den wenigen Tagen, die ihm vielleicht nur blieben, fertigbringen sollte, unbemerkt auf die Calatrava, in den Kielraum und wieder von Bord der Galeere zu kommen. Eigentlich konnte ihm das nur durch ein Wunder gelingen. Schließlich zwang er sich dazu, seine Gedanken erst einmal auf das Nächstliegende zu richten, nämlich wie er zu Kleidung, Münzgeld und einer sicheren Unterkunft kommen sollte. Nur mit seinem dünnen Untergewand bekleidet, konnte er sich nicht in die Stadt und schon gar nicht in das Geschäft eines Geldwechslers oder gar Goldhändlers wagen. Auch brauchte er unbedingt eine Waffe, denn in Cairo würde es von Taschendieben und Halsabschneidern jeder Art nur so wimmeln. Er hockte noch lange an der Uferböschung und zerbrach sich den Kopf. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte er über sein Dilemma schallend gelacht: Da trug er ein Vermögen an Edelsteinen in sich und wusste, wo ein mit purem Gold gefüllter Gürtel im Wasser lag, und doch konnte er mit diesem Schatz erst dann etwas anfangen, wenn er vorher einige lächerliche Kleinmünzen in die Hand bekam. Und so gelangte er letztlich widerstrebend zu dem Schluss, dass ihm keine andere Wahl blieb, als sich Kleidung und Waffe zu stehlen. Wenn er dabei jedoch einen Fehler beging, würde Blut fließen!
    * Die Einwohnerzahl von London und Paris am Ende des 13. Jahrhunderts schätzen Historiker auf 70 000 bis 90

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