Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
leert jetzt Eure Becher und folgt uns! Damit tut Ihr Euch selbst einen großen Gefallen. Denn andernfalls . . .« Maurice, der dem Wein schon ordentlich zugesprochen hatte und auch sonst ein recht hitziges Temperament besaß, ließ ihn nicht ausreden. Hochroten Kopfes und mit einem Ruck sprang er von der Bank auf. »Hör mir mal gut zu, mein Freund! Wir haben mit euch und eurem Meister oder Abbé, wer immer das auch sein mag, nichts zu schaffen. Gott mag ein Wunder gewirkt haben und dem Allmächtigen sei Lob und Dank für seine große Gnade, aber es ist doch wohl kaum durch die Hand eines wirren alten Mannes geschehen. Und ich habe auch nicht vor, mich deswegen mit einem . . .«, noch im letzten Moment verkniff er sich das verletzende Wort »Krüppel« und sagte stattdessen: ». . . Blinden anzulegen. Aber wenn das gerade eben eine Drohung gewesen sein soll, dann steht euch Braunmänteln gehörig Ärger ins Haus! Also stört nicht weiter unsere Runde und macht, dass ihr wieder zu eurem weißhaarigen Herrn zurückkommt!« »Lass sie, Maurice«, sagte Gerolt hastig, den plötzlich ein ungutes Gefühl befiel, er packte seinen Freund am Arm und zog ihn wieder auf die Bank zurück. »Bei allem, was recht ist, aber ich nehme doch keine Befehle von einem Turkopolen entgegen«, knurrte Maurice hitzig, setzte sich jedoch wieder an den Tisch. »Ich fürchte, Ihr unterschätzt uns, Maurice von Montfontaine«, sagte Bismillah gelassen und wandte sich leicht nach rechts zu den anderen Rittern. »Werft meinem Bruder Euren Becher zu, Tarik el-Kharim! Und Ihr gebt mir den Krug, McIvor von Conneleagh, den Ihr gerade hochgehoben habt, um Eurem Ordensbruder Gerolt von Weißenfels einzuschenken!« Verblüfft sahen die beiden ihn an. »Zum Teufel, woher weißt du, dass ich gerade nach dem Weinkrug gegriffen habe?«, stieß der Schotte überrascht hervor und dachte gar nicht daran, ihm den Krug auszuhändigen. »Seid ihr vielleicht doch nicht ganz blind?« »Wir sind so blind, wie ein Mensch nur blind sein kann, was die Kraft der Augen angeht. Es sind die anderen Sinne, die uns befähigen, uns ein genaues Bild von Euch und Euren Bewegungen zu machen«, gab Bismillah mit unerschütterlicher Ruhe zur Antwort. »Und nun werft wenigstens den Becher, Tarik!« Tarik schüttelte ob dieser dummen Aufforderung aus dem Mund eines Blinden den Kopf. »Also gut, was ist so ein Humpen schon wert? Und wenn ihr für die Scherben aufkommen wollt, soll es mich nicht kümmern!«, sagte er achselzuckend und warf seinen leeren Humpen nachlässig in Richtung des zweiten Blinden. Dieser fing ihn zur Verblüffung der vier Kriegermönche in der Luft auf und warf ihn sogleich seinem Bruder zu, der ihn mit ebensolcher Leichtigkeit auffing. »Na und? Ein hübscher Trick, nichts weiter!«, meinte Maurice ge ringschätzig. »Aber was soll das beweisen? Wohl doch nur, dass ihr nicht so blind seid, wie ihr vorgebt. Ich habe schon geschicktere Gaukler als euch gesehen.« Bismillah seufzte. »Ihr seid wirklich schwer zu überzeugen, dass uns dank unseres heiligen Abbé außergewöhnliche Mächte beistehen, die uns die Gabe des Sehens auch ohne das Augenlicht ermöglichen. Also achtet jetzt auf meine Augen und den Zweig!«, sagte er und schloss die Augenlider. »Eine Aufgabe, die Ihr Euch besser teilt, weil Euch beides gleichzeitig nicht möglich sein wird.« »Welchen Zweig?«, fragte Gerolt verständnislos und kam damit seinen Freunden zuvor. »Auf dem der kleine Vogel dort drüben sitzt«, antwortete Bismillah und deutete hinter sich in die Ecke rechts vom Tor, wo in der Tat ein kleiner Vogel auf einem Zweig saß, der aus dem Holzgitter herausragte. Keiner der Ritter hatte ihn bis zu diesem Zeitpunkt bemerkt. »Seid Ihr bereit, Ihr Herren Ritter?« »Ich weiß nicht, was der Unsinn soll, aber du sollst deinen Willen bekommen, In-Allahs-Namen!«, brummte Maurice sarkastisch, zugleich aber auch ein wenig beunruhigt. »Gerolt, wir beide behalten den Burschen im Auge! Tarik und McIvor sehen sich an, was er mit dem blöden Zweig anstellen will!« Die Männer nickten. »Na, dann zeig uns mal dein nächstes Zauberstück!«, rief Maurice Bismillah zu. »Vielleicht springt ja doch noch ein Schluck von unserem Wein für euch heraus!« Bismillah wandte sich nun seinem Bruder zu. »Brich den Zweig ab und wirf ihn in die Luft!« Dschullab nickte wortlos, ging in die Ecke des Hofes, wo nun der Vogel aufflatterte und davonflog, brach ein handlanges Stück ab und warf es in die
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