Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
den Gefallen.« Gerolt überwand als Erster seine Irritation und Hemmung, auf diese scheinbar einfältige Frage zu antworten. Denn jeder noch so ungebildete Kreuzritter kannte die Geschichte und wusste, welchem Dienst sich die Templer verschrieben hatten. »Nun, wie fast jedes Kind weiß, begann alles damit, dass die Herren Hugo von Payens, Gottfried von Saint-Omer und sieben andere Ritter im Jahre 1119, also zwanzig Jahre nach der Eroberung von Jerusalem beim ersten Kreuzzug, beschlossen, in der Heiligen Stadt eine Bruderschaft zu gründen, um die heiligen Stätten und die ins Land strömenden Pilger vor Räubern zu schützen.« »Aber auch vor anderen Gefahren sollten die Pilgerwege geschützt werden, insbesondere vor Löwen, die es in diesem Land zahlreich gibt«, ergänzte nun Tarik. »Deshalb ist die Jagd auf Löwen im Artikel sechsundfünfzig unserer Ordensregel, die Templern ansonsten die gewöhnliche Jagd streng verbietet, ausdrücklich von dem Verbot ausgenommen!« »Und was wisst ihr sonst noch über die Gründung unseres Ordens?«, fragte Abbé Villard in die Runde. Nun meldete sich Maurice zu Wort: ». . . dass König Balduin II., der König von Jerusalem, von dem Angebot der adligen Herren so angetan war, dass er der Bruderschaft spontan seinen eigenen Palast überließ, nämlich den einstigen Tempel Salomons, das heißt, was von diesem damals noch übrig war. Das Geschlecht der Omaijaden hatte dort im siebten Jahrhundert den Felsendom mit seiner prachtvollen goldenen Kuppel und etwas südlich davon die El-Aqsa-Moschee errichtet. Diese wurde nun zum Ordenshaus, indem man den großen Gebetssaal der Moschee in Zellen unterteilte und eine Scheuer und ein Refektorium anbaute. Und das riesige Kellergewölbe, bei dem es sich zweifellos noch um die legendären Stallungen Salomons handelte, beher bergte dann die Kavallerie des neuen Ordens.« Gerolte nickte bestätigend. »Deshalb hat sich die Bruderschaft ja auch den Namen Die armen Ritter Christi vom Tempel Salomons ge geben. Und gut zehn Jahre später wurde dann auf dem Konzil von Troyes an Sankt Hilarius die Ordensregel endgültig verfasst und vom Papst gebilligt. Danach hat der Orden einen raschen Aufschwung genommen, ist durch unzählige Schenkungen zu Macht und großem Reichtum gekommen und hat sich seitdem durch die besondere Tapferkeit seiner Ritter im Kampf gegen die Ungläubigen ausgezeichnet. Ich denke, das ist alles, was es zur Gründung und den besonderen Aufgaben unseres Ordens zu sagen gibt. Jedenfalls fällt mir sonst nichts Wichtiges mehr ein.
Oder wollt ihr noch etwas anführen, das ich vergessen habe?« Und fragend blickte er in die Runde seiner Freunde. Doch auch ihnen fiel nichts mehr ein, was sonst noch besonders erwähnenswert gewesen wäre. Dass der Orden dank seines Reichtums in allen christlichen Ländern über ein dichtes Netz von Komtureien verfügte, eine eigene Flotte unterhielt und nicht nur den Schatz manch eines Königs, wie etwa des französischen, in seinen Burgen bewachte und verwaltete, sondern auch im Bankgeschäft längst die führende Rolle in Europa und in Outremer spielte, war jedem bekannt, auch wenn er nicht zu den Templern gehörte. Abbé Villard hatte ihnen mit einem feinen Lächeln auf dem runzligen Gesicht zugehört. Nun beugte er sich leicht vor, stützte sich auf die Armlehnen und sagte in die erwartungsvolle Stille, die eingetreten war: »Ja, das ist die Geschichte, die man sich über die Gründung des Templerordens erzählt, so hat sie Eingang in die geschichtlichen Aufzeichnungen vieler gelehrter Männer gefunden und so wird man sie wohl auch in späteren Jahrhunderten in derlei geschichtlichen Werken wiederfinden, wenn wir unserer göttlichen Aufgabe weiterhin mit Stillschweigen gerecht wer den.« »Wie meint Ihr das?«, fragte McIvor verwirrt. »Ihr klingt ja so, als hieltet Ihr die Geschichte nicht für wahr!« Der Weißhaarige lächelte. »Ich weiß, dass sie nicht wahr ist...je denfalls nicht ganz!«, sagte er und hob schnell die Hand. »Wartet! Bevor ihr mich mit Fragen bedrängt, lasst mich erst einmal euch einige Fragen stellen. Habt ihr euch nie Gedanken darüber gemacht, warum es damals plötzlich so dringlich erschien, einen neuen Ritterorden zum Schutz der Pilgerwege zu gründen? Es gab doch schon den Orden der Hospitaliter, der diese Aufgabe hätte übernehmen können. Wieso sollten ausgerechnet diese neun armen Ritter den Schutz besser als alle anderen gewährleisten können? Muss es einem da
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