Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
demütigen Verbeu gung. Und dann ließen sie ihren Herrn mit den vier Rittern allein und zogen sich nach oben zurück. »Wie also lautet Euer Name, ehrwürdiger Ordensbruder?«, drängte Maurice, vermochte er, seine Neugier doch nicht länger zu zügeln. »Villard von Saint-Omer«, lautete die Antwort des weißhaarigen Templers.
Die vier jungen Ritter reagierten mit sichtlicher Überraschung auf den Namen, gab es in der Geschichte der Templer doch einen berühmten Kreuzfahrer ganz ähnlichen Namens. »Seid Ihr vielleicht mit Gottfried von Saint-Omer verwandt, der zusammen mit Hugo von Payens vor zweihundert Jahren unseren Orden in Jerusalem gegründet hat?«, fragte Tarik. »Eine solche Verwandtschaft besteht in der Tat«, bestätigte Villard von Saint-Omer zurückhaltend. »Dann werdet Ihr bestimmt auch einen entsprechenden Rang in unserem Orden bekleiden und wohl ein Komtur sein«, deutete Gerolt an. Ein Lächeln huschte über das zerfurchte, ledrige Gesicht des Alten. »Nein, ich bekleide keinen hohen Rang im Orden, jedenfalls keinen, der euch bekannt ist. Für meine wenigen Gefolgsleute bin ich schlicht Abbé Villard.« ». . . den hier keiner kennt«, warf Maurice ein. »Und dessen Diener über mehr als nur verblüffende Fähigkeiten verfügen, der uns an diesen höchst merkwürdigen Ort einbestellt und der nach unserer wundersamen Rettung vor zwei Tagen Andeutungen macht, er habe irgendwie Anteil an dem... nun, an dem Wunder gehabt! Was hat das alles zu bedeuten, Abbé Villard? Ich denke, wir haben Anspruch darauf, dass Ihr uns endlich erklärt, wie das alles zu verstehen ist – und vor allem, was Ihr überhaupt von uns wollt!« »Ja, woher kamen der Sturmwind und der plötzlich klaffende Graben im Boden? Und wie konnte es sein, dass die Pfeile mitten im Flug erstarrt und senkrecht zu Boden gefallen sind? Habt Ihr dort gebetet und dieses Wunder von Gott erfleht?«, sprudelten die Fragen nun auch aus Tarik heraus. »Oder habt Ihr etwa Macht über die Naturgewalten?« Seit sie die Krypta betreten hatten, war McIvor nicht ein einziges Wort über die Lippen gekommen. Er neigte ja ohnehin zu Wortkargheit und zog es vor, sich erst dann in ein Gespräch einzumischen, nachdem er sich ein Bild von den Meinungen der anderen gemacht hatte. Nun aber platzte es aus ihm heraus: »Sei mir nicht böse, aber das ist doch blanker Unsinn, Tarik! Die außerordentliche Kraft eines inständigen Gebets ist unbestritten und kein wahrhaft Gläubiger wird sie infrage stellen, auch wenn es allein in Gottes Allmacht und Gnade liegt, wann und wie er Wunder wirkt. Doch ganz gezielt und nach eigenem Ermessen derart über Naturgewalten zu gebieten, das ist keinem Sterblichen gegeben!« Villard von Saint-Omer seufzte und sah ihn einen Augenblick schweigend an. »Ich übertreibe wohl nicht, wenn ich sage, dass deine Körperkräfte die eines jeden anderen in diesem Raum übertreffen«, stellte er dann scheinbar ohne jeden Zusammenhang fest. Der hünenhafte Templer mit dem breiten Kreuz und den Pranken eines Bären sah sich lachend um. »Ich sehe jedenfalls keinen, der es mit mir aufnehmen könnte«, bestätigte er nicht ohne Stolz. »Wohlgemerkt, wir reden hier nur von reiner Körperkraft, Mc-Ivor!«, warf Maurice sofort spitzzüngig, aber doch freundschaftlich ein. »So wie ein Ochse einem Fuchs an Kraft überlegen ist. Er könnte ihn glatt platt walzen. Aber dafür müsste er ihn erst einmal haben. Und versuch mal, einen Fuchs zu fangen, auch wenn du kein Ochse bist!« Gelassen nahm der Schotte das Auflachen seiner Freunde hin. Dann wandte er sich wieder dem greisen Templerbruder zu. »Aber was haben meine Körperkräfte mit dem zu tun, was wir gerade besprochen haben, Abbé Villard?« »Ich möchte, dass wir beide unsere Körperkräfte messen, McIvor von Conneleagh«, antwortete dieser lächelnd. »Zieh dein Schwert!«
4
Einen Moment sah McIvor ihn sprachlos an. »Ihr be liebt zu scherzen!«, entfuhr es ihm dann.
»Ganz und gar nicht. Mir ist es Ernst damit. Also tu, was ich dir sage! Zieh dein Schwert!«, forderte Abbé Villard ihn erneut auf. »Sofern du dazu in der Lage bist! Ich glaube nämlich nicht, dass du es auch nur eine Fingerbreite aus der Scheide bekommst, wenn ich es nicht will!« »Das ist doch lächerlich!«, brummte McIvor kopfschüttelnd. »Aber wenn es Euer Wille ist und Ihr Euch unbedingt zum Gespött machen wollt, will ich es tun.« Seine Hand fuhr herum und wollte nach der Waffe greifen. Doch noch auf halbem Weg zum
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