Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
geschlagen war, ein Sarkophag aus rötlichem Marmor. Ineinanderrankende Blumenornamente zierten in üppiger Vielfalt die Seiten der Grabstätte des Arimathäers. Dagegen hatte der Meistersteinmetz aus der marmornen Deckelplatte nur ein schlichtes Kreuz mit einer fünfblättrigen Rose im Schnittpunkt der sich kreuzenden Balken geschlagen. Was die vier Tempelritter aber noch viel mehr in Erstaunen versetzte, war das Mosaik, das nicht nur Decken und Wände bedeckte, sondern sich auch über den Boden erstreckte und somit die Räume völlig umschloss. Es bestand aus einer unermesslichen Zahl olivgrüner Steine, die den Hintergrund für ein schachbrettartiges Netz aus Kreuzen und Rosen bildeten. Die Kreuze waren aus schwarzen und die Rosen aus weißen Mosaiksteinen zusammengesetzt. Unterbrochen wurde dieses Muster nur durch drei kleine Nischen auf jeder Wandseite, in denen Öllampen aus schwarzem Alabaster brannten. Ihr warmes Licht entlockte dem Meer der kleinen Mosaiksteine einen betörenden Glanz. »Was für ein einzigartiger Anblick!«, stieß Tarik hervor und wagte vor Andacht kaum, die Stimme über ein Flüstern zu erheben, während er auf den Sarkophag zuschritt. »Die mystische Rose!« Der Gralshüter übergab Bismillah die Fackel, die er nun nicht mehr brauchte, und nickte. »Ja, die Rose ist die Königin aller Blumen und steht als Symbol für die Gottesmutter und ihre jungfräuliche Reinheit. Schon die ersten Christen haben sie neben dem Fisch zu ihrem geheimen Erkennungszeichen erhoben. Und nicht erst der heilige Bernhard von Clairvaux hat die fünf Blütenblätter der Rose mit den fünf Wunden Christi verglichen, sondern auch Joseph von Arimathäa hat diese Verbindung hergestellt. Deshalb ist sie auch zusammen mit dem Kreuz zum Zeichen der Bruderschaft der Gralshüter geworden.« »Aber wer hat bloß den Gang und diese Grotte erbaut?«, fragte Gerolt nun und suchte in den vier kurzen Gängen vergeblich nach einem Hinweis, wo denn wohl der Heilige Gral verborgen sein mochte. »Akkon ist eine uralte Stadt, die schon viele Jahrhunderte vor Christi Geburt besiedelt war und mit ihrem Hafen in jeder Epoche eine wichtige Rolle gespielt hat«, berichtete Abbé Villard, während sie sich um den Sarkophag versammelten. »Schon vor zweitausend Jahren wurde sie in alten ägyptischen Texten erwähnt, und der Großkönig von Persien baute sie zu einem Flottenstützpunkt aus. Viele Jahrhunderte später brachte Pompejus die Stadt unter römischen Einfluss. Herodes der Große empfing hier den späteren Kaiser Augustus und Paulus machte auf seiner dritten Missionsreise in Akkon Station, gab es damals in dieser Stadt doch schon eine Christengemeinde. Und diese frühen Christen waren es auch, die noch zur Zeit ihrer Verfolgung, bei der Suche nach einem sicheren Versteck, auf den Zugang zu einem unterirdischen Höhlensystem stießen. In diesen Katakomben trafen sie sich dann zum gemeinsamen Gottesdienst und hier fanden auch ihre Toten ihre letzte Ruhestätte in Felsnischen.« »Aber von solchen Katakomben mit Nischen voller Totengebein war doch bisher nirgends etwas zu sehen!«, wandte McIvor ein. »Weil wir uns in einem anderen Teil dieses natürlichen Höhlensystems befinden«, erklärte Abbé Villard. »Zu den alten Katakomben der jungen Christengemeinde führt ein anderer Gang. Aber um die Geschichte zu einem schnellen Abschluss zu bringen: Die Gralshüter um Joseph von Arimathäa und Maria Magdalena erfuhren von diesem idealen Versteck durch die hier lebenden Christen. Und während die alten Katakomben schon bald der allgemeinen Vergessenheit anheimfielen, als der römische Kaiser Konstantin zu Beginn des vierten Jahrhunderts den christlichen Glau ben zur Staatsreligion erhob, bauten die Gralshüter diesen Ort zu einer heiligen Stätte aus. Joseph von Arimathäa hat hier mehr als einmal Zuflucht vor der Verfolgung und vor den Iskaris gesucht und an diesem Ort sogar seine letzten Lebensjahre verbracht. Ihm war schon früh klar geworden, dass das immer wieder umkämpfte Jerusalem in unruhigen Zeiten ein viel zu gefährlicher Ort war, um dort den Schutz des heiligen Kelches gewährleisten zu können. Denn natürlich sucht jeder zuerst dort nach ihm, ganz gleich ob in böser oder guter Absicht.« »Aber wieso ist der Templerorden dann nicht hier, sondern in Jerusalem gegründet worden?«, wollte Maurice wissen. »Weil sich Jerusalem als Heilige Stadt besser als Tarnung für die wahre Aufgabe des Ordens anbot. Angeblich wurde in
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