Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
bildeten, zu Boden stürzte. Es war, als wollte sich der Himmel in Trauer hüllen. Denn fast im selben Moment schloss sich über der Stadt die dunkle Wolkendecke, die im Laufe der letzten Stunden aus Nordosten herangezogen war, und erstickte das Sonnenlicht in ihrem dunklen, dräuenden Grau. Gerolt tauschte mit seinen Freunden einen raschen Blick. »Ich fürchte, der Augenblick ist gekommen!«, rief er ihnen keuchend zu. Maurice nickte. »Ja, es wird Zeit, dass wir an das Versprechen denken, das wir dem Abbé gegeben haben!« Akkons Wälle waren längst vom Feind überrannt. Es war allerhöchste Zeit, zu ihrem Wort zu stehen und sich jetzt nicht auch noch der Gefahr auszusetzen, in den unübersichtlichen Straßenkämpfen von Mamelucken eingekesselt und damit endgültig vom Rückzug zur Kirche des Arimathäers abgeschnitten zu werden. »Bringt ihn in Sicherheit, Brüder!«, schrie da auch schon der Johannitermarschall Matthäus von Clermont. »Er darf dem Feind unter keinen Umständen in die Hände fallen! Weder lebendig noch tot!« Die vier Gralshüter gehörten zu den ersten Rittern, die dem Aufruf folgten und ihrem am Boden liegenden Großmeister zur Seite sprangen. Guillaume von Beaujeau hielt die feindliche Lanze mit beiden Händen über der Bauchdecke umklammert. Blut tränkte seinen weißen Mantel und breitete sich zu einem immer größer werdenden Fleck aus. »Brecht den Schaft ab!«, stieß er mit schmerzverzerrter Miene hervor. »Nur zu, mir ist nicht mehr zu helfen! Ich werde noch heute Gottes Herrlichkeit zu sehen bekommen und es ist gut so.«
Die Männer zögerten, wussten sie doch, dass jede Berührung der Lanze ihrem Großmeister noch größere Schmerzen bereiten würde. Es war McIvor, der sich schließlich ein Herz nahm und tat, was getan werden musste. Er packte den Lanzenschaft und brach ihn über den Händen des Schwerverwundeten ab. Ein kurzer, erstickter Schrei entrang sich der Kehle des Großmeisters, der in Erwartung der bevorstehenden Qual die Zähne fest zusammengebissen hatte, dann raubte ihm der Schmerz das Bewusstsein. Sie legten ihren bewusstlosen Ordensoberen auf ein Langschild und trugen ihn zu viert aus der Kampfzone. Zu den Männern, die dem todgeweihten Großmeister das Geleit gaben, gehörte auch Matthäus von Clermont. Er wollte in der Kirche der Templer Abschied von ihm nehmen, bevor er wieder in den Kampf zurückkehrte, wo dann auch er den Tod finden würde. Die Stadt befand sich in völliger Auflösung. Es herrschten grenzenloses Chaos und Panik. An vielen Stellen hatten die Feuertöpfe der Mamelucken lodernde Brände gelegt, die sich ungehindert von Haus zu Haus fraßen. Rauchschwaden und giftige Dämpfe waberten durch die Straßen, doch niemand machte sich jetzt noch die Mühe, eines dieser Feuer zu bekämpfen. Akkon war verloren, und was jetzt schon niederbrannte, würde der Feind wenigstens nicht mehr brandschatzen können. Als sie in die Nähe des Hafens gelangten, musste McIvor, der mit dem Schwert in der Hand vorwegschritt, der Menge mehr als einmal Gewalt androhen, damit man ihnen den Weg zur Eisenburg freigab. Sie brachten Guillaume von Beaujeau in die Kirche der Templerburg, wo sie ihn vor dem Altar auf den Boden betteten. Der Großmeister war mittlerweile wieder zu Bewusstsein gelangt. Er wusste nur zu gut, wie es um ihn stand und dass die herbeigeeilten Ärzte nichts mehr zu seiner Rettung ausrichten konnten. Des halb verbot er ihnen auch sogleich, sich an ihm zu schaffen zu machen, und verlangte nach dem Ordenskaplan, damit dieser ihm die Sterbesakramente erteilte. Kniend bezeugten Gerolt, Tarik, McIvor und Maurice ihrem sterbenden Großmeister die letzte Ehre. Dieser schickte sie bald weg. »Geht jetzt und kämpft nun euren Kampf, geheimnisvolle Brüder«, flüsterte er ihnen zu. »Nun werde ich nicht mehr lange rätseln müssen, zu welcher Aufgabe ihr berufen seid, die euch über den ganzen Orden gebieten lässt, und was es mit der Geheimen Bruderschaft auf sich hat. Der Allmächtige wird mir das Geheimnis schon bald offenbaren, so es denn sein heiliger Wille ist. Gottes Segen sei mit euch!« In tiefer Bedrückung verließen sie die Templerkirche. Als sie vor die Mauern der Eisenburg traten, warteten dort schon Bismillah und Dschullab auf sie. »Die Stunde Eurer zweiten Weihe und Eures Aufbruchs ist gekommen!«, teilte ihnen Bismillah feierlich mit. »Noch bevor die Nacht sich über Akkon gesenkt hat, werdet Ihr den heiligen Kelch in Euren Händen halten und aus
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