Die Bruderschaft
Weg machen, als ich einen Anruf von Spicer bekam, der mir sagte, ich solle nach Washington fahren und AI Konyers aufspüren. Und dann sind Sie gekommen, und der Rest ist Geschichte, wie man so sagt.« Er verstummte und dachte wieder einmal an das Geld. Es war natürlich ein großer Zufall, dass Wes und Chap ausgerechnet in dem Augenblick aufgetaucht waren, als er sich auf die Spur ihres Klienten hatte setzen wollen, aber das war ihm gleichgültig. Er hörte schon die Schreie der
Möwen und spürte den warmen Sand unter den Füßen. Er hörte den Reggae der Karibik-Bands und spürte, wie die Wellen sein Boot wiegten.
»Gibt es noch einen anderen Kontaktmann außerhalb des Gefängnisses?«
»Aber nein«, sagte Trevor eitel. »Ich brauche keine Hilfe. Je weniger Leute beteiligt sind, desto besser funktioniert die Sache.«
»Sehr schlau«, sagte Wes abermals.
Trevor lehnte sich noch weiter in seinem Sessel zurück. Von der Decke über ihm blätterte die Farbe ab - sie hätte dringend neu gestrichen werden müssen. Vor ein paar Tagen hätte ihm das vielleicht noch Sorgen gemacht, doch jetzt wusste er, dass sie nie gestrichen werden würde, jedenfalls nicht, wenn er die Rechnung bezahlen sollte. Sobald Wes und Chap mit den Richtern fertig wären, also sehr bald schon, würde er diese Kanzlei aufgeben, seine Akten und Unterlagen in Kartons verpacken - aus Gründen übrigens, die ihm selbst nicht ganz klar waren -und seine unbenutzten und veralteten Fachbücher verschenken. Er würde einen jungen Anwalt finden, der frisch von der Uni kam und hoffte, bei Gericht ein paar kleine Fälle zu ergattern, und ihm das Mobiliar und den Computer zu einem sehr günstigen Preis verkaufen. Und wenn das alles erledigt war, würde er, Rechtsanwalt L. Trevor Carson, seine Kanzlei verlassen, ohne sich noch einmal umzusehen.
Das würde ein herrlicher Tag sein!
Chap riss ihn mit einer Tüte Tacos und ein paar Dosen Limonade aus seinem Tagtraum. Über die Mittagspause war noch gar nicht gesprochen worden, und Trevor hatte bereits mehrmals auf die Uhr gesehen und freute sich schon auf ein weiteres ausgedehntes Mahl bei Pete’s. Nun nahm er grummelnd ein Taco. Er brauchte einen Drink.
»Ich glaube, es ist besser, in der Mittagspause keinen Alkohol zu trinken«, sagte Chap, als sie an Trevors Schreibtisch saßen und versuchten, nicht alles mit Hackfleisch und schwarzen Bohnen Vollzukleckern.
»Das können Sie machen, wie Sie wollen«, sagte Trevor.
»Ich habe Sie gemeint«, erwiderte Chap. »Jedenfalls die nächsten dreißig Tage.«
»Das gehörte aber nicht zu unserer Abmachung.«
»Jetzt gehört es dazu. Sie müssen nüchtern und hellwach sein.«
»Warum?«
»Weil unser Klient es so will. Und er ist derjenige, der Ihnen eine Million Dollar zahlt.«
»Will er auch, dass ich mir zweimal am Tag die Zähne putze und meinen Spinat esse?«
»Ich werde ihn fragen.«
»Dann können Sie ihm auch gleich sagen, dass er mich am Arsch lecken kann.«
»Nun mal langsam, Trevor«, sagte Wes. »Trinken Sie einfach mal ein bisschen weniger. Das wird Ihnen gut tun.«
Das Geld hatte ihn befreit, doch diese beiden begannen ihn einzuengen. Sie hatten jetzt vierundzwanzig Stunden zusammen verbracht, und sie machten keine Anstalten zu gehen. Im Gegenteil: Sie schienen hier einziehen zu wollen.
Chap machte sich früh auf den Weg, um die Post abzuholen. Sie hatten Trevor davon überzeugt, dass er sehr nachlässig gewesen sei und sie ihn darum sehr leicht gefunden hätten. Und wenn da draußen nun noch andere Opfer der Erpressung lauerten? Trevor hatte kaum Probleme gehabt, die Inhaber der Postfächer herauszufinden. Warum sollten andere nicht dasselbe tun und den Inhaber der Postfächer von Aladdin North und Laurel Ridge herausfinden? Von nun an würden Wes und Chap abwechselnd die Post abholen. Sie würden Umwege machen, die
Postämter zu unterschiedlichen Zeiten aufsuchen und sich verkleiden - wie im Kriminalfilm. Trevor war schließlich einverstanden. Die beiden schienen sich auszukennen.
Im Postamt von Neptune Beach warteten vier Briefe an Ricky und in Atlantic Beach waren zwei Briefe für Percy. Chap holte sie ab, beschattet von einem Team, das auf Leute achtete, die ihn möglicherweise beobachteten. Die Briefe wurden zu dem gemieteten Haus gebracht, geöffnet, kopiert und dann wieder verschlossen.
Die Kopien wurden von Agenten, die sich danach sehnten, etwas zu tun zu haben, gelesen und analysiert. Auch Klockner las die Briefe. Von den sechs
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