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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Büroleiter -, und weil es so wenig anwaltliche Tätigkeiten zu erledigen gab, quälten sie ihn mit ihren endlosen Fragen.
    Er war daher nicht sonderlich überrascht, als sie verkündeten, sie würden ihn nach Trumble fahren. Er erklärte, er brauche keinen Fahrer. Er sei oft genug allein in seinem kleinen Käfer dorthin gefahren und gedenke auch diesmal wieder allein zu fahren. Das ärgerte sie, und sie drohten, ihren Klienten anzurufen.
    »Dann tun Sie das doch, verdammt noch mal!« rief er. »Ihr blöder Klient bestimmt nicht über mein Leben.«
    Sie gaben zwar nach, doch ihr Klient bestimmte sehr wohl über Trevors Leben, und sie alle wussten es. Das Einzige, was jetzt zählte, war das Geld. Trevor war zum Verräter geworden.
    Er verließ Neptune Beach, allein in seinem Käfer, gefolgt von Wes und Chap in ihrem Mietwagen sowie einem weißen Lieferwagen, in dem Leute saßen, die Trevor nie zu sehen bekommen würde und die er auch gar nicht sehen wollte. Nur so zum Spaß bog er unvermittelt auf den Parkplatz eines Supermarkts ein, um einen Sechserpack Bier zu kaufen, und lachte, als die anderen scharf bremsten und nur mit Mühe einen Unfall vermeiden konnten. Außerhalb der Stadt fuhr er enervierend langsam, nippte hin und wieder an einer Bierdose und genoss es, endlich allein zu sein. Er würde die nächsten dreißig Tage irgendwie überstehen. Für eine Million Dollar konnte er alles ertragen.
    Als er sich der Ortschaft Trumble näherte, verspürte er Gewissensbisse. Konnte er das wirklich durchziehen? In wenigen Minuten würde er Spicer gegenübertreten, einem Mandanten, der ihm vertraute, einem Häftling, der ihn brauchte, einem Komplizen. Würde er, Trevor, so tun können, als wäre alles in Ordnung, während in Wirklichkeit ein Hochfrequenzmikrofon in seinem Aktenkoffer versteckt war? Konnte er Spicer die Briefe übergeben wie immer, obwohl er wusste, dass sie kontrolliert wurden? Obendrein ließ er seine Karriere als Anwalt sausen, und sie war etwas, für das er hart gearbeitet hatte und auf das er einst stolz gewesen war.
    Er hatte seine moralischen Grundsätze für Geld verkauft. War seine Seele eine Million Dollar wert? Für solche Überlegungen war es jetzt zu spät. Das Geld lag auf seinem Konto. Er ertränkte seine Gewissensbisse mit einem großen Schluck Bier.
    Spicer war ein Verbrecher. Beech und Yarber ebenfalls. Und er, Trevor Carson, war ebenso schuldig wie sie. Unter Dieben gibt es keine Ehre, sagte er sich in Gedanken immer wieder.
    Als sie durch den Korridor zum Besuchsraum gingen, roch Link Trevors Bieratem. Trevor warf einen Blick in das Anwaltszimmer. Er sah Spicer, der eine Zeitung las, und wurde auf einmal nervös. Wie tief musste ein Anwalt gesunken sein, der zu einem vertraulichen Gespräch mit einem Mandanten ein elektronisches Abhörgerät mitnahm? Das Schuldgefühl traf ihn wie ein Keulenschlag, doch jetzt führte kein Weg mehr zurück. Das Mikrofon war beinahe so groß wie ein Golfball und von Wes sorgfältig am Boden von Trevors altem, verkratztem schwarzem Aktenkoffer montiert worden. Es war äußerst leistungsfähig und würde jeden Laut zu den gesichtslosen Männern in dem weißen Lieferwagen übertragen, in dem auch Wes und Chap saßen. Sie hatten Kopfhörer aufgesetzt und lauschten begierig auf jedes Wort.
    »Hallo, Joe Roy«, sagte Trevor. »Hallo«, antwortete Spicer.
    »Ich muss den Koffer kontrollieren«, sagte Link. Er warf einen flüchtigen Blick hinein. »Sieht okay aus.« Trevor hatte Wes und Chap gesagt, dass Link hin und wieder den Inhalt des Koffers überprüfte. Das Mikrofon war unter einem Stapel Papiere verborgen.
    »Hier ist die Post«, sagte Trevor.
    »Wie viele?« fragte Link.
    »Acht.«
    »Hast du auch Briefe?« fragte Link Spicer. »Nein, heute nicht«, antwortete der. »Ich warte draußen«, sagte Link.
    Die Tür wurde geschlossen, und plötzlich herrschte Stille. Es war eine sehr lange Stille. Man hörte nichts, nicht ein einziges Wort. Die Männer in dem weißen Lieferwagen lauschten angestrengt, bis klar war, dass irgendetwas schief gegangen war.
    Als Link den kleinen Raum verließ, stellte Trevor den Aktenkoffer rasch draußen auf den Boden, wo er für den Rest des Gesprächs zwischen Anwalt und Mandant blieb. Link bemerkte den Koffer, dachte sich aber nichts dabei. »Wieso hast du ihn draußen hingestellt?« wollte Spicer wissen.
    »Er ist leer«, sagte Trevor schulterzuckend. »Da draußen ist er im Blickfeld der Überwachungskameras. Wir haben nichts

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