Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
Vom Netzwerk:
immer bauen?«
    »Wie groß ist der Abstand zwischen den Pfeilern ein und derselben Reihe?« fragte Warden, der für genaue Angaben war.
    »Zehn Fuß.«
    Shears und Warden stellten im stillen die gleiche Berechnung an.
    »Man muß eine Länge von sechzig Fuß ins Auge fassen, um sicherzugehen«, fing endlich Warden wieder an. »Das heißt also, daß man in jeder Reihe sechs Pfeiler – alles in allem wären es also vierundzwanzig – >präparieren< muß. Das wird Zeit kosten.«
    »Das läßt sich in einer Nacht schaffen, Sir, davon bin ich überzeugt. Man kann unter der Brücke ruhig arbeiten. Sie ist so breit, daß man dabei völlig unsichtbar bleibt. Das gegen die Pfeiler rauschende Wasser erstickt alle anderen Geräusche. Ich weiß es .«
    »Wieso können Sie wissen, was unter der Brücke vorgeht?« fragte Shears und blickte ihn neugierig an.
    »Warten Sie ab, Sir, ich habe Ihnen noch nicht alles gesagt… Ich bin dort gewesen.«
    »Sie sind dort gewesen?«
    »Es mußte sein, Sir. Sie hatten mir zwar gesagt, ich sollte mich der Brücke nicht nähern, aber ich war gezwungen, es zu tun, um gewisse wichtige Feststellungen zu machen. Ich bin den anderen Abhang des Berges vom Beobachtungsstand aus zu dem Fluß hinuntergestiegen. Ich habe mir gedacht, ich dürfte mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, Sir. Die Thailänder haben mich auf Wildwechseln, die von Wildschweinen begangen werden, geführt. Man mußte auf allen vieren kriechen.«
    »Wieviel Zeit haben Sie dazu gebraucht?« fragte Shears.
    »Ungefähr drei Stunden. Sir. Wir sind gegen Abend losgezogen. Ich wollte schon in der Nacht an Ort und Stelle sein.
    Es war ein Risiko dabei, ganz gewiß, aber ich wollte mit eigenen Augen sehen…«
    »Manchmal ist es nicht schlecht, wenn man seine Anweisungen großzügig auslegt«, sagte »Number One« mit einem Augenzwinkern zu Warden. »Es ist Ihnen doch gelungen, wie? Na, und das ist ja schon etwas.«
    »Man hat mich nicht gesehen, Sir. Wir haben den Fluß ungefähr eine Viertelmeile oberhalb der Brücke erreicht. Dort liegt leider ein kleines, abgelegenes Eingeborenendorf.
    Doch alles schlief. Ich habe meine Führer zurückgeschickt.
    Ich wollte bei dieser Erkundung allein sein. Ich habe mich ins Wasser begeben und mich von der Strömung abwärts treiben lassen.«
    »War die Nacht klar?« fragte Warden.
    »Ziemlich. Kein Mondschein, aber auch keine Wolken. Die Brücke ist sehr hoch. Die Leute können nichts sehen ...«
    »Erzählen Sie der Reihe nach weiter«, sagte Shears. »Wie sind Sie an der Brücke gelandet?«
    »Ich hatte mich auf dem Rücken ausgestreckt, Sir, und hielt nur den Mund über dem Wasser. Über mir…«
     
    »Weiß Gott, Shears«, brummte Warden vor sich hin, »Sie sollten bei solchen Aufträgen auch ein wenig an mich denken.«
    »Ich glaube, ich werde beim nächstenmal in erster Linie dabei an mich denken«, murmelte Shears.
    Joyce erlebte die Szene so intensiv noch einmal, daß seine beiden Gefährten sich von seiner Begeisterung mitreißen ließen und bei dem Gedanken, daß ihnen diese Vergnügungsfahrt entgangen war, ein schmerzliches Bedauern empfanden.
    Es war am gleichen Tage seiner Ankunft auf dem Beobachtungsstand nach den drei aufreibenden Nachtmärschen gewesen, daß er jählings den Entschluß gefaßt hatte, diese Erkundung zu wagen. Er konnte nicht länger warten. Nachdem er die Brücke fast zum Greifen nah gesehen hatte, mußte er sie mit dem Finger berühren.
    Wie er so auf dem Wasser ausgestreckt dalag und keine Einzelheit an den dichten, massigen Ufern unterscheiden konnte, wobei er kaum merkte, daß er von einer Strömung dahingetragen wurde, die er nicht spürte, diente ihm nur die lange, waagrechte Linie der Brücke zur Orientierung.
    Sie zeichnete sich schwarz vom Himmel ab. Sie wurde, je näher er kam, immer länger, bis sie den Zenit erreichte, während gleichzeitig über seinem Kopf die Sterne herniederstürzten, um von ihr verschlungen zu werden.
    Unter der Brücke herrschte nahezu völlige Dunkelheit.
    Lange hatte er dort regungslos an einen Pfeiler geklammert in dem Wasser verharrt, dessen Kälte sein Fieber nicht löschte, und dabei war es ihm nach und nach gelungen, die Finsternis mit seinen Blicken zu durchdringen und ohne Staunen den seltsamen Wald von glatten Baumstämmen zu erkennen, die aus dem strudelnden Wasser herausragten.
    »Der Schlag läßt sich durchführen, Sir, davon bin ich überzeugt. Am besten würde man die Sprengladungen auf einem leichten Floß

Weitere Kostenlose Bücher