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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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für diese Art Arbeit keine allgemeinen Vorschriften aufstellen«, sagte der weise Warden. »Manchmal führen die Phantasie und selbst das Nachdenken zu guten Resultaten. Nicht immer.«

4
    Der Gesundheitszustand der Gefangenen beunruhigte auch Oberst Nicholson, und er war zum Lazarett gegangen, um darüber mit dem Arzt zu sprechen.
    »Das kann nicht so weitergehen, Clipton«, sagte er in einem fast strengen Ton. »Es ist selbstverständlich, daß ein schwerkranker Mann nicht arbeiten kann, aber es gibt da immerhin Grenzen. Sie haben jetzt die Hälfte meiner gesamten Mannschaft krankgeschrieben? Wie stellen Sie sich eigentlich vor, daß wir die Brücke in einem Monat zustande bringen sollen? Wir haben gute Fortschritte gemacht, das weiß ich, aber es ist noch eine Menge Arbeit zu leisten, und mit diesen zusammengeschrumpften Arbeitstrupps kommen wir nicht voran. Diejenigen, die noch auf der Baustelle verbleiben, sind ja auch keine Kraftmenschen mehr.«
    »Sehen Sie sich die Leute doch mal an, Sir«, sagte Clipton, der sich zwingen mußte, vernünftig zu bleiben und seinen üblichen Gleichmut und die respektvolle Haltung zu bewahren, die der Oberst von allen seinen Untergebenen – gleichviel welchen Rang oder welche Funktionen sie hatten – verlangte. »Wenn ich nur auf mein Berufsgewissen oder auf das Gebot der einfachen Menschlichkeit hören würde, dann würde ich nicht die Hälfte, nein, dann würde ich Ihre gesamte Truppe für völlig arbeitsunfähig erklären; besonders wenn es sich um solche Arbeit handelt wie diese da!«
    Während der ersten Monate war der Brückenbau in beschleunigtem Tempo vorangetrieben worden, ohne daß andere Verzögerungen als einige, durch Saitos gelegentliche Stimmungsumschwünge hervorgerufene Zwischenfälle aufgetreten waren. Dieser redete sich von Zeit zu Zeit ein, er müsse seine Autorität wiederherstellen, schöpfte aus dem Alkohol den Mut, seine Komplexe zu überwinden, und führte sich grausam auf. Doch diese Anfälle waren immer seltener geworden, je deutlicher es sich zeigte, daß derartige brutale Ausbrüche der Fertigstellung der Brücke abträglich waren. Diese war lange Zeit schneller vorangeschritten, als Major Hughes’ und Hauptmann Reeves’ Arbeitsplan es forderte, und zwar dank einer wirksamen, wenn auch nicht ganz reibungslosen Zusammenarbeit. Dann aber hatten das Klima, die Art der verlangten Anstrengungen, die Ernährungsweise und die Lebensbedingungen angefangen, auf die Gesundheit der Männer einen niederdrückenden Einfluß auszuüben.
    Der Gesundheitszustand wurde beunruhigend. Da sie, abgesehen von den Gelegenheiten, bei denen die Eingeborenen des Nachbardorfes kamen, um eine rachitische Kuh zu verkaufen, kein Fleisch bekamen, keine Butter, kein Brot erhielten, waren die Gefangenen, deren Mahlzeit manchmal einzig und allein aus Reis bestand, allmählich zu den Skeletten geworden, deren Anblick Joyce so erschüttert hatte.
    Die Sträflingsarbeit, bei der sie den ganzen Tag über an Stricken zerren mußten, um eine schwere Gewichtsmasse hochzuziehen, die dann unter nervenzerfetzendem Lärm wieder niedersauste, war für die Männer dieses Trupps zu einer wahren Folter geworden. Andere waren kaum besser daran, insbesondere diejenigen nicht, die stundenlang auf einem Gerüst zur Hälfte im Wasser stehen mußten, um die Pfeiler zu stützen, während der Rammblock immer wieder herunterdonnerte und sie allmählich taub werden ließ.
    Die Moral war noch verhältnismäßig gut, dank des Eifers von Vorgesetzten, wie es der Leutnant Harper war. Dieser bewies eine großartige Frische und Energie und sorgte den ganzen Tag über in einem jovialen Ton für Aufmunterungen, wobei er nicht zögerte, sich selber mit einzusetzen und selbst mit Hand anzulegen, indem er als Offizier mit aller seiner Kraft ebenfalls an dem Seil mitzog, um die Schwächsten zu entlasten. Auch der Sinn für Humor kam bei gewissen Gelegenheiten zu seinem Recht. Etwa, wenn Hauptmann Reeves mit seinem Plan, seinem Lineal, seiner Wasserwaage und anderen selbstgefertigten Instrumenten aufkreuzte und zum Wasserspiegel hinunterrutschte, bis er auf einem schwankenden Gerüst landete, wo er Nachmessungen vornahm, gefolgt von dem kleinen japanischen Ingenieur, der ihm nicht mehr von den Fersen wich, alle seine Bewegungen nachmachte und mit ernster Miene Zahlen in sein Notizbuch eintrug.
    Da die Haltung der Offiziere unmittelbar von der des Obersten beeinflußt wurde, war es im Grunde er allein, der das

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