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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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diese Weise schickte er einen Haufen von Krüppeln, Leichtverwundeten und Fieberkranken, die ständig Malaria hatten, aber gehen konnten, wieder zurück auf die Baustelle.
    Sie protestierten nicht. Der Glaube des Obersten konnte Berge versetzen, Pyramiden, Kathedralen oder Brücken erbauen und Sterbende lächelnd zur Arbeit antreiben. Sie wurden durch den an ihr Solidaritätsgefühl gerichteten Appell überzeugt. Sie nahmen, ohne zu murren, aufs neue den Marsch zum Fluß auf. Unglückliche Männer, die durch einen unförmigen und schmutzigen Verband außerstande waren, den einen Arm zu bewegen, griffen mit der anderen, gesunden Hand nach dem Seil des Rammblocks und zogen im Takt daran, mit ihren letzten Kraftreserven.
    Sie legten ihr gesamtes vermindertes Körpergewicht hinein und gaben das Opfer dieser schmerzhaften Anstrengung als ihren Anteil zu der Gesamtsumme der Leiden, die nach und nach die Vollendung der Brücke am Kwai-Fluß zustande brachten.
    Unter diesem neuen Antrieb wurde die Brücke schnell vollendet. Bald blieb nur noch das zu tun übrig, was nach dem Wort des Obersten »das Abschmirgeln« darstellte, wodurch das ganze Werk jene äußere Wirkung des »Vollendeten« bekommen sollte, an der das geübte Auge auf den ersten Blick in allen Teilen der Welt die europäische Meisterschaft und die angelsächsische Sorgfalt erkennt.

VIERTER TEIL

1
    Einige Wochen nach Joyces Erkundungsgang folgte Warden derselben Marschroute wie der Aspirant und erreichte ebenfalls nach einem erschöpfenden Aufstieg den Beobachtungsposten. Er streckte sich mitten zwischen den Farnkräutern platt auf dem Boden aus und betrachtete nun seinerseits unter sich die Brücke am Kwai-Fluß.
    Warden war das genaue Gegenteil eines Romantikers. Er gönnte der Brücke zuerst nur einen flüchtigen Blick, gerade lang genug, um mit Genugtuung das von Joyce skizzierte Bauwerk wiederzuerkennen und sich davon zu überzeugen, daß es nunmehr fertiggestellt war. Vier Partisanen begleiteten ihn. Er sagte ihnen, daß er sie für den Augenblick nicht benötige. Sie nahmen ihre Lieblingsstellung ein, zündeten die Wasserpfeife an und sahen seelenruhig zu, wie er sich betätigte.
    Er installierte zuerst das Funkgerät und nahm mit mehreren Stationen Verbindung auf. Eine von ihnen, die im besetzten Gebiet von besonderem Wert war, gab täglich direkte Nachrichten über die bald bevorstehende Abfahrt des langen Transportzuges, der die Eisenbahnstrecke von Burma nach Thailand einweihen sollte. Die Meldungen, die er erhielt, beruhigten ihn. Es war kein gegenteiliger Befehl ergangen.
    Er richtete, so bequem es ging, seinen Schlafsack und sein Moskitonetz her, stellte sorgsam einige Toilettengegenstände auf, verfuhr dann in gleicher Weise mit den Sachen von Shears, der auf diesem Berggipfel zu ihm stoßen sollte.
    Warden war ein vorausschauender, viel älterer und viel besonnenerer Mann als Joyce. Er besaß mehr Erfahrung.
    Er kannte den Dschungel, denn er hatte dort früher während der Universitätsferien einige Expeditionen gemacht.
    Er wußte, wie sehr ein Europäer manchmal eine Zahnbürste zu schätzen weiß, und um wie viele zusätzliche Tage man dort länger aushalten kann, wenn man anständig untergebracht ist und beim Aufstehen morgens eine heiße Tasse Tee trinken kann. Sollten sie nach Durchführung des Anschlages verfolgt werden, so würden sie diese Errungenschaften der Zivilisation zurücklassen müssen. Doch das wäre dann nicht mehr wichtig. Sie waren dafür bestimmt, sie bis zum Augenblick des Anschlages in bester Form zu halten. Nachdem er sich zufriedenstellend häuslich niedergelassen hatte, aß er, schlief drei Stunden lang und begab sich dann wieder auf den Beobachtungsposten, wo er über die besten Mittel zur Ausführung seines Auftrages nachdachte.
    Nach dem von Joyce entworfenen, von allen dreien hundertmal abgeänderten und schließlich festgelegten Plan hatte sich die Gruppe der »Force 316« geteilt. Shears, Joyce und zwei thailändische Freiwillige in Begleitung von einigen Trägern waren in einer Karawane in Richtung auf einen weit oberhalb der Brücke gelegenen Punkt am Fluß losgezogen, denn das Verladen der Sprengstoffe auf Flöße durfte nicht in der Nähe des Lagers stattfinden. Sie waren sogar ziemlich weit gegangen, wobei sie einer umständlichen Marschroute gefolgt waren, um einige Eingeborenendörfer zu umgehen. Die vier Männer sollten sich des Nachts auf die Brücke zutreiben lassen und die Sprengung vorbereiten. –

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