Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)
zusammen.
Immer tiefer drang er ein, und sein Becken, genauso kalt wie seine Hände, schlug klatschend gegen ihre Pobacken. Verkrampft und völlig verängstigt hielt Ramita den Atem an, während Meiros’ Becken sich vor und zurück bewegte, einmal, zweimal, ein Dutzend Mal. Dann stöhnte er, und sie spürte etwas Nasses, Warmes in sich. Einen Moment lang stützte er sich ganz leicht auf sie, dann zog er seinen Penis heraus.
Ramita ließ sich auf den Bauch fallen. Sie kämpfte mit den Tränen.
Er seufzte bedauernd. »Es tut mir leid«, flüsterte er. »Ich bin nicht mehr der Mann, der ich einmal war.« Meiros zog sich ans Ende des Betts zurück, und Ramita rollte sich zusammen wie ein kleines Kind, das Gesicht von ihm abgewandt. »Siehst du, Mädchen: Es ist gar nicht so schlimm.« Er schob seine Kutte wieder herunter und erhob sich, gebrechlich und durchscheinend wie ein Gespenst, als würde er schweben. Und dann war er weg.
Wenige Augenblicke später kam Huriya ins Zimmer gelaufen und stellte sich vors Bett. Ungerührt sah sie zu, wie Ramita eine Brühe aus Samen und Urin in die Nachtschüssel pinkelte. »Und, wie war es?«
Ihre nächste Station war kein Dorf, sondern eine richtige Stadt. Nach und nach wurden die Bauernhäuser von immer dichter beieinanderstehenden, halb verfallenen Hütten und eilig zusammengezimmerten Bretterverschlägen verdrängt. Sie waren in den Jhuggis, wie man sie am Saum beinahe jeder Stadt fand. Der Gestank von Fäkalien und fauligen Lebensmitteln hing in der Luft, Rauch verdunkelte den Himmel, und lautes Stimmengewirr schlug ihnen entgegen, während die Karawane sich durch die verdreckten Straßen kämpfte.
»Ihr seid in Kankritipur!«, rief ein Junge, der gerade einem Huhn hinterherjagte, auf Huriyas Frage. Er sprang auf das Trittbrett und spähte zu ihnen hinein. »Schöne Frauen, Geld für Chapati!«, bettelte er.
Ramita drückte ihm ein paar Kupfermünzen in die Hand, doch der Junge sah sie nur beleidigt an und streckte auch die andere vor.
»Das ist genug, du Wicht«, fauchte Huriya.
Der Junge streckte ihr die Zunge raus, dann sprang er lachend zurück auf die Straße.
Das nächste Gesicht erschien am Fenster: ein verwahrlostes Mädchen, das nur noch die Hälfte seiner Zähne hatte. Sie machte Kaubewegungen. »Kein Mama, kein Papa. Bitte, schöne Frauen.«
Huriya rollte mit den Augen. » Chod! Wenn das so weitergeht, hängt sich noch jeder Bettler dieser Stadt an unser Trittbrett.«
Ganz langsam schlängelten sie sich durch das Elend, bis sie das Stadttor erreichten, wo Wachsoldaten auf die Bettler einschlugen, bis sie von der Kutsche abfielen wie Zecken von einem Hund. Dem verzweifelten Chaos endlich entronnen, tauchten sie ein in ein hektisches Pandämonium: Winzig kleine Stände und Geschäfte säumten die Straßen, Männer wie Frauen priesen schreiend ihre Waren an, als würden sie umso mehr verkaufen, je lauter sie brüllten. Gewobene Kopftücher, Palmwedel, Saris, Salware, Messer, Wurzelknollen und Blätter, Kardamom aus Teshwallabad, Ingwer aus dem Süden, selbst Imunawasser aus Baranasi, das in kleinen Fläschchen für heilige Zeremonien verkauft wurde. Ihre Eskorte hielt sich dicht an der Kutsche, und Lem brüllte wütend die Leute an, die immer wieder versuchten, zum Trittbrett zu kommen: verkrüppelte Bettler mit grässlichem Ausschlag, blutjunge Mädchen, die ihre Babys stillten.
Gerade als sie dachten, es würde nie enden, bogen sie auf den Innenhof eines Gasthauses ein, in dem vergleichsweise Ruhe herrschte. Schwindlig stolperten sie aus der Kutsche. »Was für eine grässliche Stadt!«, schimpfte Huriya, ohne sich um die betretenen Gesichter der herbeigeeilten Diener zu kümmern. »Was für ein verfluchtes Dreckloch!«
In dieser Nacht kam Meiros nicht, auch nicht in der nächsten oder übernächsten, bis Ramita beinahe glaubte, es sei nur ein böser Traum gewesen. Irgendwann konnte sie sogar wieder schlafen.
Huriya wurde immer lebendiger, je weiter sie nach Norden kamen. Sie flirtete mit Meiros’ Soldaten, gackerte über ihre eigene Dreistigkeit und hielt sich manchmal selbst den Mund zu wegen ihrer Albernheit. Sie hatte ihre Augen überall, nichts entging ihr. Ramita beneidete sie, konnte aber nicht teilhaben an Huriyas freudiger Entdeckungsreise und zog sich immer tiefer in sich selbst zurück.
Nach Kankritipur kam Latakwar. Noch während des schwindenden Mondes erreichten sie die Ufer des Sabanati. Der Fluss war breit, aber flach, sein Wasser
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