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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Wie? Er kommt herbeigejagt ... Mit solchen Gefühlen ... Und sie schlafen? Und auch sie schläft vielleicht dort? ... Zorn überkam ihn.
    »Treib die Pferde an, Andrej! Fahr zu, Andrej! Schneller!« schrie er außer sich.
    »Aber vielleicht haben sie sich auch noch nicht hingelegt«, meinte Andrej nach kurzem Schweigen. »Timofej hat vorhin erzählt, sie sind dort viele ...«
    »Auf der Station?«
    »Nein, nicht auf der Station, bei den Plastunows, in dem privaten Gasthaus.«
    »Ich weiß. Hör mal, du sagst, es sind viele dort? Was sind denn das für welche?« bestürmte ihn Mitja, den die unerwartete Nachricht furchtbar aufregte.
    »Timofej sagt, lauter Herren. Zwei aus der Stadt, was für welche, weiß ich auch nicht, aber Timofej sagt, zwei hiesige. Und dann noch zwei, wohl Fremde. Aber vielleicht ist auch sonst noch jemand da, genauer habe ich ihn nicht gefragt. Er sagt, sie sind dabei, Karten zu spielen.«
    »Karten zu spielen?«
    »Da schlafen sie vielleicht auch noch nicht, wenn sie Karten spielen. Man muß bedenken, daß es jetzt kaum elf ist, nicht später.«
    »Fahr zu, Andrej, fahr zu!« rief Mitja wieder nervös.
    »Ich möchte Sie etwas fragen, gnädiger Herr«, begann Andrej nach kurzem Schweigen von neuem. »Ich fürchte nur, Sie könnten es mir übelnehmen, gnädiger Herr.«
    »Was hast du?«
    »Vorhin ist Fedossja Markowna Ihnen zu Füßen gefallen und hat Sie angefleht, Sie möchten Ihr gnädiges Fräulein nicht umbringen, und noch jemand anders auch nicht ... Sehen Sie, gnädiger Herr, ich fahre Sie nun dahin ... Verzeihen Sie, gnädiger Herr. Ich frage nur so aus Gewissensbissen ... Vielleicht ist es dumm, was ich gesagt habe.«
    Mitja packte ihn plötzlich von hinten bei den Schultern. »Du bist doch Kutscher, nicht wahr?« fragte er in großer Erregung.
    »Das bin ich...«
    »Weißt du, daß man den Weg freigeben muß? Darf etwa ein Kutscher sagen: ›Ich gebe den Weg nicht frei! Und wenn ich auch einen überfahre, ich fahre!‹ Nein, Kutscher, niemand sollst du überfahren! Man darf keinen Menschen überfahren, man darf den Menschen nicht das Leben zerstören, und wenn du einem das Leben zerstört hast, dann bestraf dich ... Und wenn du ein Leben vernichtet hast, dann richte dich und geh weg!«
    Alles das entfuhr ihm beinahe unbewußt, wie in einem nervösen Anfall. Andrej wunderte sich zwar über den Herrn, setzte jedoch das Gespräch fort.
    »Das ist richtig, Väterchen Dmitri Fjodorowitsch, da haben Sie recht, daß man keinen Menschen überfahren darf! Auch quälen darf man keinen Menschen, ebensowenig wie eine andere Kreatur, denn jede Kreatur ist von Gott geschaffen. Sehen Sie zum Beispiel das Pferd ... Manch einer quält es ohne Grund, sogar mancher Kutscher ... So einer kennt kein Maß, er peinigt das Tier ohne Grund, geradezu ohne Grund peinigt er es ...«
    »Muß er in die Hölle?« unterbrach ihn Mitja auf einmal und brach unerwartet in ein kurzes Lachen aus. »Andrej, du schlichte Seele ...« Er faßte ihn wieder kräftig bei den Schultern. »Sag, wird Dmitri Fjodorowitsch Karamasow in die Hölle kommen oder nicht? Wie denkst du darüber?«
    »Das weiß ich nicht, Täubchen, das hängt von Ihnen ab, weil Sie unserer Ansicht nach ... Sehen Sie, gnädiger Herr, als Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen und gestorben war, stieg Er vom Kreuz herab und ging geradewegs in die Hölle und befreite alle Sünder, die dort gemartert wurden. Und die Hölle stöhnte darüber, denn sie meinte, daß nun niemand mehr zu ihr kommen würde, kein Sünder. Und da sagte der Herr zur Hölle: ,Stöhne nicht, Hölle; es werden von nun an allerlei Würdenträger, Regenten, Oberrichter und Reiche zu dir kommen, und du wirst so voll sein, wie du warst, in alle Ewigkeit, bis ich wiederkommen werde!‹ So war das, so hat der Herr gesprochen ...«
    »Eine Volkslegende! Herrlich! Gib dem linken Pferd eins, Andrej!«
    »Das ist nun schon so, gnädiger Herr ... für wen die Hölle eben bestimmt ist ...« Andrej versetzte dem linken Pferd einen Hieb. »Aber nach unserer Ansicht sind Sie wie ein kleines Kind, dafür halten wir Sie ... Und wenn Sie auch jähzornig sind, gnädiger Herr, das ist ja wohl richtig – Gott wird Ihnen doch für Ihre Gutherzigkeit vergeben.«
    »Und du, vergibst du mir, Andrej?«
    »Was habe ich Ihnen zu vergeben? Sie haben mir ja nichts zuleide getan.«
    »Nein, ich meine für alle, jetzt gleich, hier auf der Landstraße, vergibst du mir für alle? Rede, du schlichte, einfache Seele!«
    »Ach,

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