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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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eine ganz unzulässige Verfahrensweise, Michail Makarowitsch!« rief er. »Sie stören geradezu die Untersuchung ... Sie verderben die ganze Sache ...« Er konnte kaum atmen.
    »Dagegen müssen Maßnahmen ergriffen werden, dagegen müssen Maßnahmen ergriffen werden!« brauste auch Nikolai Parfjonowitsch auf. »Sonst ist positiv nichts möglich!«
    »Richten Sie uns beide gemeinsam!« rief Gruschenka außer sich; sie lag noch immer auf den Knien. »Bestrafen Sie uns beide gemeinsam! Ich werde mit ihm gehen, wenn es sein muß, selbst bis aufs Schafott!«
    »Gruscha, du mein Leben, mein Blut, mein Heiligstes!« rief Mitja, warf sich neben sie auf die Knie und umarmte sie fest. »Glauben Sie ihr nicht!« schrie er. »Sie trägt keine Schuld, weder an diesem Blut noch an sonst etwas!«
    Er erinnerte sich später, daß ihn mehrere Männer mit Gewalt von ihr weggezogen hatten, daß man sie hinausgeführt hatte und er erst wieder zur Besinnung gekommen war, als er schon am Tisch saß. Neben und hinter ihm standen Männer mit Blechabzeichen. Ihm gegenüber auf dem Sofa, an der anderen Seite des Tisches, saß der Untersuchungsrichter Nikolai Parfjonowitsch und redete ihm zu, aus dem Glas auf dem Tisch etwas Wasser zu trinken. »Das wird Sie erfrischen, das wird Sie beruhigen! Fürchten Sie sich nicht, beunruhigen Sie sich nicht!« fügte er überaus höflich hinzu. Mitja erinnerte sich auch, daß er sich plötzlich für die großen Ringe des Untersuchungsrichters interessiert hatte; an dem einen war ein Amethyst, an dem anderen ein hellgrauer, durchsichtiger, sehr schön glänzender Stein. Und noch lange nachher erinnerte er sich mit Erstaunen, wie diese Ringe sogar während der furchtbaren Stunden des Verhörs seinen Blick unwiderstehlich angezogen hatten, so daß er außerstande war, sich von ihnen loszureißen ... Links, seitwärts, auf dem Platz, wo zu Beginn des Abends Maximow gesessen hatte, saß jetzt der Staatsanwalt, und rechts von Mitja, auf Gruschenkas Platz, hatte sich ein rotbackiger junger Mann in einer abgetragenen Jagdjoppe niedergelassen, vor sich Tintenfaß und Schreibpapier. Es stellte sich heraus, daß das der Protokollführer des Untersuchungsrichters war, den dieser mitgebracht hatte. Der Bezirkshauptmann schließlich stand jetzt am Fenster, am anderen Ende des Zimmers, neben Kalganow, der sich dort ebenfalls auf einen Stuhl gesetzt hatte.
    »Trinken Sie etwas Wasser!« wiederholte der Untersuchungsrichter, zum zehntenmal.
    »Ich habe getrunken, meine Herren, ich habe getrunken ... Aber ... Nun gut, meine Herren, entscheiden Sie mein Schicksal, zerquetschen Sie mich, richten Sie mich!« rief Mitja und starrte den Untersuchungsrichter mit weitgeöffneten Augen an.
    »Sie behaupten also entschieden, daß Sie am Tode Ihres Vaters Fjodor Pawlowitsch unschuldig sind?« fragte der Untersuchungsrichter sanft, aber energisch.
    »Ja, ich bin daran unschuldig. Schuld bin ich an anderem Blut, am Blut eines anderen alten Mannes, aber nicht an dem meines Vaters. Und ich beweine meine Tat! Ich habe einen alten Mann totgeschlagen ... Totgeschlagen und zu Boden gestreckt ... Und es ist entsetzlich, daß ich nicht für dieses Blut, sondern für anderes Blut einstehen soll, an dem ich unschuldig bin ... Das ist eine furchtbare Beschuldigung, meine Herren! Sie haben mich wie mit einem Keulenschlag vor die Stirn betäubt! Aber wer hat denn meinen Vater ermordet, wer hat es getan? Wer anders konnte ihn ermorden als ich? Da liegt ein Wunder vor, etwas Unbegreifliches, Unmögliches!«
    »Ja, das ist es eben – wer anders konnte ihn ermorden ... begann der Untersuchungsrichter, doch der Staatsanwalt Ippolit Kirillowitsch – er war eigentlich Gehilfe des Staatsanwalts, aber wir werden ihn der Kürze halber Staatsanwalt nennen – sagte zu Mitja, nachdem er mit dem Untersuchungsrichter einen Blick gewechselt hatte: »Sie beunruhigen sich ohne Grund wegen des alten Dieners Grigori Wassiljewitsch. Er lebt, ist wieder zu sich gekommen und scheint trotz der schweren Verletzung, die Sie ihm, nach seiner und nach Ihrer jetzigen Aussage beigebracht haben, am Leben zu bleiben, zumindest nach dem Urteil des Arztes.«
    »Er lebt? Also er lebt?« rief Mitja und schlug die Hände zusammen. Sein ganzes Gesicht strahlte. »O Herr, ich danke dir für dieses große Wunder, das du auf mein Gebet hin für mich Sünder und Übeltäter getan hast! Ja, ja, das ist auf mein Gebet hin geschehen, ich habe die ganze Nacht darum gebetet!« Und er schlug

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