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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Ekel!‹ Er lachte ziemlich boshaft. Da sagte ich zu ihm: ›De Gedankibus non est disputandum.‹ Ein guter Witz, nicht wahr? Wenigstens hatte auch ich mich klassisch ausgedrückt«, schloß Mitja lachend.
    »Warum bist du denn verloren? Du sagtest vorhin so etwas?« unterbrach ihn Aljoscha.
    »Warum ich verloren bin? Hm! Eigentlich ... Genaugenommen, Gott tut mir leid, das ist der Grund!«
    »Was soll das heißen, Gott tut dir leid?«
    »Stell dir das mal vor: In den Nerven, im Kopf, das heißt da im Gehirn, gibt es so eine Art Schwänzchen, die Nerven haben solche Schwänzchen ... Und sobald die zu zittern anfangen ... Das heißt, ich sehe etwas mit meinen Augen, siehst du, so! Da fangen sie an zu zittern, die Schwänzchen ... Und wenn sie anfangen zu zittern, erscheint ein Bild, es erscheint nicht gleich, da ist noch ein Augenblick dazwischen, etwa eine Sekunde, dann erscheint sozusagen ein gewisses Moment, das heißt nicht ein Moment, sondern ein Bild, das heißt ein Gegenstand oder ein Ereignis, na, hol‹ es der Teufel! Und das ist der Grund, weshalb ich eine Anschauung habe und dann denke! Weil da so ein Schwänzchen ist – und gar nicht deswegen, weil ich eine Seele habe, und ein Ebenbild Gottes bin, das sind alles Dummheiten! Das hat mir Michail schon gestern auseinandergesetzt, Bruder, und mir war, als würde ich mit heißem Wasser übergossen. Es ist etwas Großartiges um diese Wissenschaft, Aljoscha! Ein neuer Mensch wird daraus hervorgehen, das verstehe ich ... Trotzdem tut es mir leid um Gott!«
    »Nun, auch das ist gut!« sagte Aljoscha.
    »Daß es mir um Gott leid tut? Die Chemie, Bruder, die Chemie! Es hilft nichts, Euer Ehrwürden, rücken Sie ein bißchen zur Seite: die Chemie kommt! Rakitin hingegen liebt den lieben Gott nicht, nein, er liebt ihn nicht! Das ist bei diesen Leuten der wundeste Punkt! Aber sie verheimlichen das. Sie lügen. Sie verstellen sich. ›Sag mal‹, fragte ich ihn, ›wirst du das bei deiner schriftstellerischen Tätigkeit so vortragen?‹ – ›Na, so offen wird man das wohl nicht dürfen‹, antwortete er und lachte. – ›Aber‹, fragte ich weiter, ›wie steht es unter solchen Umständen mit dem Menschen? Ohne Gott und ohne ein zukünftiges Leben? Dann ist jetzt also alles erlaubt, und man kann alles tun, was man will?‹ – ›Hast du das noch nicht gewußt?‹ sagte er und lachte wieder. ›Ein kluger Mensch‹, sagte er, ›kann alles tun, ein kluger Mensch versteht, seine Krebse zu fangen. Du dagegen hast einen Mord begangen und bist dabei hereingefallen und wirst im Gefängnis verfaulen!‹ Das gab er mir zur Antwort. Ein grundgemeiner Kerl! Früher habe ich solche Subjekte hinausgeschmissen, und jetzt höre ich ihnen zu. Er sagt auch viel Brauchbares. Er schreibt auch klug. Vor einer Woche hat er mir einen Artikel vorgelesen, ich habe mir damals drei Zeilen aufgeschrieben. Warte mal, da sind sie.«
    Mitja zog eilig ein Zettelchen aus der Westentasche und las: »›Um diese Streitfrage zu entscheiden, muß man vor allem seine Persönlichkeit in Gegensatz zu seiner Realität stellen.‹ Verstehst du das?«
    »Nein, das verstehe ich nicht«, erwiderte Aljoscha.
    Mit lebhaftem Interesse betrachtete er Mitja und hörte ihm zu.
    »Ich auch nicht. Es ist dunkel und unklar, aber klug. ›Alle schreiben jetzt so‹, sagt er, ›weil die Mitwelt das verlangt.‹ Sie fürchten sich vor der Mitwelt. Auch Verse schreibt er, der Schuft. Er hat Frau Chochlakowas Füßchen besungen, hahaha!«
    »Davon habe ich gehört«, sagte Aljoscha.
    »Hast du davon gehört? Aber hast du auch die Verse gehört?«
    »Nein.«
    »Ich habe sie, da sind sie, ich werde sie dir vorlesen. Du weißt noch nicht alles, ich habe es dir noch nicht erzählt, es ist eine ganze Geschichte. Der Gauner! Vor drei Wochen wollte er mich verspotten. ›Du bist wegen dieser dreitausend Rubel wie ein Dummkopf hereingefallen!‹ sagte er. ›Ich werde hundertfünfzigtausend Rubel einheimsen. Ich werde eine Witwe heiraten und mir in Petersburg ein Steinhaus kaufen!‹ Und er erzählte mir, daß er der verwitweten Frau Chochlakowa den Hof mache. Sie sei von jung auf nicht sehr klug gewesen, habe jedoch nun mit vierzig völlig den Verstand verloren. ›Sie ist sehr gefühlvoll‹, sagte er, ›unter Ausnutzung dieser Schwäche werde ich sie herumkriegen. Ich werde sie heiraten, mit ihr nach Petersburg ziehen und dort eine Zeitung herausgeben.‹ Und dabei trat ihm vor widerwärtiger Begehrlichkeit der Speichel auf

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