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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ganze Zeit hat er hier gesessen, hat gelacht und ist vergnügt gewesen, und nun auf einmal braust er so auf! Dir hat er nicht einmal zugenickt, seid ihr denn ganz auseinandergekommen? Warum kommst du so spät? Ich habe dich nicht bloß erwartet, sondern mich den ganzen Vormittag richtig nach dir gesehnt. Na, macht nichts! Wir bringen es schon wieder ein.«
    »Warum kommt er denn so oft zu dir? Hast du dich mit ihm angefreundet, ja?« fragte Aljoscha, wobei er ebenfalls mit dem Kopf nach der Tür deutete, durch die Rakitin verschwunden war.
    »Mit Michail soll ich mich angefreundet haben? Nein, das ist nicht der Fall ... Wie werde ich, er ist ein gemeiner Kerl! Er hält mich für einen Schuft. Spaß versteht er auch nicht, das ist bei solchen Leuten eine besonders hervorstechende Eigenschaft. Sie verstehen nie Spaß. Und ihre Seelen sind so kahl und öde; sie erregen in mir jene Empfindung von damals, als ich hier beim Gefängnis vorfuhr und die Gefängnismauern sah. Aber ein gescheiter Mensch ist er, das muß man ihm lassen. Na, Alexej, jetzt ist mein Kopf verloren!«
    Er setzte sich auf eine Bank und ließ Aljoscha sich daneben setzen.
    »Ja, morgen ist die Gerichtsverhandlung. Hast du denn gar keine Hoffnung mehr, Bruder?« fragte Aljoscha schüchtern und teilnahmsvoll.
    »Wovon sprichst du?« fragte Mitja und sah ihn verständnislos an! »Ach, du sprichst von der Gerichtsverhandlung! Na, hol‹ sie der Teufel! Ich habe mit dir bisher immer nur über Kleinigkeiten gesprochen, über dieses Gerichtsverfahren und so weiter, doch, über das Wichtigste habe ich dir nichts gesagt. Ja, morgen ist die Gerichtsverhandlung, aber die meine ich nicht, wenn ich sage, daß mein Kopf verloren ist. Mein Kopf selbst ist auch nicht verloren – das, was in meinem Kopf drin war, das ist verloren. Warum siehst du mich so prüfend an?«
    »Wovon redest du eigentlich, Mitja?«
    »Von den Ideen, die Ideen, darauf kommt es an. Die Ethik. Was ist das: Ethik?«
    »Ethik?« fragte Aljoscha erstaunt.
    »Ja, es ist wohl eine Wissenschaft, aber was für eine?«
    »Ja, so eine Wissenschaft gibt es ... Nur ... Ich muß gestehen, ich kann dir nicht sagen, was es für eine Wissenschaft ist.«
    »Rakitin weiß es. Der weiß vieles, hol‹ ihn der Teufel! Mönch wird der nicht. Er hat vor, nach Petersburg zu gehen. Dort will er die Kritik zu seinem Beruf machen, wie er sagt, aber mit einer edlen Tendenz. Na, vielleicht wird er etwas Nützliches leisten und Karriere machen. O ja, auf das Karrieremachen verstehen sie sich! Hol‹ der Teufel die Ethik! Ich für meine Person bin verloren, Alexej, du Gottesmann! Du bist mir der liebste Mensch auf der Welt. Mein Herz zieht mich zu dir, so ist das. Wer war denn Karl Bernard?«
    »Welcher Karl Bernard?« fragte Aljoscha wieder erstaunt.
    »Nein, nicht Karl, warte, ich habe Unsinn geredet. Claude Bernard. In welche Richtung gehört der? Chemie, nicht wahr?«
    »Ja, er muß ein Gelehrter sein«, antwortete Aljoscha! »Aber ich muß dir gestehen, daß ich über ihn nicht viel zu sagen weiß. Ich habe nur gehört, daß er Gelehrter ist, was für einer, weiß ich nicht.«
    »Na, hol‹ ihn der Teufel, ich weiß es auch nicht«, schimpfte Mitja! »Höchstwahrscheinlich ein Schuft, denn Schufte sind sie alle. Rakitin jedoch wird sich durchschlängeln. Rakitin kriecht durch ein Schlüsselloch, der ist auch so ein Bernard. Ja, ja, diese Bernards! Die haben sich jetzt gewaltig vermehrt!«
    »Was hast du bloß?« fragte Aljoscha eindringlich.
    »Er will über mich und meinen Prozeß einen Artikel schreiben und damit seine Rolle in der Schriftstellerei beginnen; in dieser Absicht kommt er auch zu mir, er hat es mir selbst auseinandergesetzt. Er will mit einer bestimmten Tendenz schreiben. ›Die Umgebung, in der er lebte, hat ihn so verdorben, daß er nichts anderes konnte, als einen Mord begehen‹, und so weiter, er hat es mir genau erklärt. ›Es wird eine Nuance von Sozialismus bekommen‹, sagt er. Na, hol‹ ihn der Teufel mitsamt seiner Nuance! Also meinetwegen mit einer Nuance, ist mir ganz gleich. Unseren Bruder Iwan kann er nicht leiden, er haßt ihn. Und dir ist er auch nicht sehr zugetan. Na, ich jage ihn aber nicht weg, weil er ein gescheiter Mensch ist. Allerdings trägt er die Nase sehr hoch. Ich habe ihm eben gesagt: ›Die Karamasows sind keine Schufte, sondern Philosophen, weil alle echten Russen Philosophen sind. Du aber bist, wenn du auch etwas gelernt hast, trotzdem kein Philosoph, sondern ein

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