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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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uns nicht lange zu bemühen. Er trat unauffällig an den Zaum des Pferdes, und ich stellte mich seitwärts, um die Gans zu dirigieren. Der Bauer hielt gerade Maulaffen feil und redete mit jemandem, so daß ich überhaupt nichts zu arrangieren hatte. Die Gans streckte ganz von selbst den Hals nach dem Hafer unter dem Wagen aus. Ich blinzelte dem Burschen zu, er zog am Zaum, und k-krach! schnitt das Rad der Gans den Hals quer durch! Und ausgerechnet in diesem Augenblick mußten alle Bauern zu uns herübersehen, und nun brüllten sie alle: ›Das hast du mit Absicht getan.‹ – ›Nein, nicht mit Absicht!‹ – ›Doch, mit Absicht! Zum Friedensrichter!‹ Auch mich packten sie. Du bist auch dabeigewesen‹, schrien sie, ›du bist ein Helfershelfer, dich kennt ja der ganze Markt!‹ Und wirklich kennt mich merkwürdigerweise der ganze Markt«, füge Kolja stolz hinzu. »Wir zogen nun alle zum Friedensrichter, auch die Gans wurde hingetragen. Ich sah, der Bursche hatte Angst bekommen und fing an zu heulen wie ein altes Weib. Und der Gänsehändler schrie: ›Auf die Art kann man ja wer weiß wie viele Gänse zu Tode bringen!‹ Selbstverständlich wurden die Zeugen vernommen. Der Friedensrichter erledigte die Sache im Handumdrehen. Für die Gans mußte der Bursche dem Gemüsehändler einen Rubel zahlen und konnte dann die Gans behalten; künftig sollte er sich solche Streiche jedoch nicht wieder erlauben. Der Bursche heulte wie ein altes Weib: ›Ich habe es nicht von selber getan!‹ sagte er. ›Der hier hat mich angestiftet!‹ Und dabei zeigte er auf mich. Ich antwortete kaltblütig, ich hätte ihn durchaus nicht angestiftet, sondern nur die Grundidee zum Ausdruck gebracht und von einem bloßen Projekt gesprochen. Der Friedensrichter Nefedow lächelte und ärgerte sich dann gleich, daß er gelächelt hatte. ›Ich werde Sie‹, sagte er, ›sogleich bei ihrem Direkter anzeigen, damit Sie sich künftig nicht auf solche Projekte einlassen, statt bei den Büchern zu sitzen und ihre Aufgaben zu lernen!‹ Na, beim Direktor hat er mich nicht angezeigt, das war nur Scherz von ihm; doch die Geschichte sprach sich tatsächlich herum und kam auch den Lehrern und dem Direktor zu Ohren – diese Herren haben ja lange Ohren! Besonders entrüstet war der Altsprachler Kolbasnikow, aber Dardanelow trat wieder für mich ein. Kolbasnikow ist sowieso auf uns alle wütend wie ein grüner Esel. Hast du das gehört, Iljuscha, er hat geheiratet! Er hat von den Michailows tausend Rubel Mitgift erhalten, und die junge Frau hat dafür einen Rüssel erster Güte, prima Qualität! Die aus seiner Klasse haben gleich ein Gedicht verfaßt:
    Die Heirat des Ekels Kolbasnikow gibt der Klasse zum Lachen Stoff ...
    Na und so weiter, es ist sehr komisch, ich werde es dir später einmal mitbringen. Über Dardanelow sage ich nichts, er ist ein Mann, der Kenntnisse besitzt, gediegene Kenntnisse. Solche Männer schätze ich, und nicht etwa, weil er für mich eingetreten ist ...«
    »Trotzdem hast du ihn mit der Frage, wer Troja gegründet hat, in Verlegenheit gebracht!« mischte sich Smurow ein, der in diesem Augenblick sehr stolz auf Krassotkin war. Die Geschichte von der Gans hatte ihm außerordentlich gefallen.
    »Haben Sie ihn damit wirklich in Verlegenheit gebracht?« fiel der Stabskapitän schmeichlerisch ein. »Mit der Frage, wer Troja gegründet hat? Ja, davon haben wir schon gehört. Iljuschetschka hat es mir damals gleich erzählt ...«
    »Er weiß alles, Papa! Er weiß bei uns alles am besten!« ergriff Iljuschetschka, hingerissen das Wort. »Er tut nur so, als ob er nichts Besonderes wäre. In Wirklichkeit ist er bei uns der beste Schüler, in allen Fächern ...«
    Iljuscha blickte seinen Freund grenzenlos glücklich an.
    »Na, das von Troja ist dummes Zeug, eine Lappalie. Ich selbst halte diese Frage für ganz unerheblich«, erwiderte Kolja mit stolzer Bescheidenheit.
    Es war ihm jetzt gelungen, in den beabsichtigten Tonfall hineinzukommen. Dennoch befand er sich in einer gewissen Unruhe: Er fühlte, daß er sehr erregt war und zum Beispiel die Geschichte von der Gans zu hingerissen erzählt hatte. Aljoscha hatte während der ganzen Erzählung geschwiegen und seine ernste Miene beibehalten, und den ehrgeizigen Jungen quälte nun schon allmählich der Gedanke: ›Schweigt er etwa, weil er mich verachtet und meint, ich wäre scharf auf sein Lob? Wenn er wagen sollte, so etwas zu denken, dann würde ich ...‹
    »Ich halte diese Frage

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