Die Brueder Karamasow
mit dem Kopf auf die Päckchen. Er wollte aufstehen, um aus der Tür Marja Kondratjewna zu rufen, damit sie Limonade brächte, suchte jedoch vorher etwas, womit er das Geld zudecken konnte.
Er zog zuerst sein Taschentuch heraus; aber das war wieder ganz vollgeschneuzt. Deshalb nahm er das dicke, gelbe Buch vom Tisch, das Iwan beim Eintritt bemerkt hatte, und deckte damit das Geld zu. Der Titel des Buches lautete: »Reden unseres heiligen Vaters Isaak Sirin«; Iwan Fjodorowitsch las ihn mechanisch.
»Ich will keine Limonade«, sagte er! »Zu mir später! Setz dich hin und erzähle! Wie hast du das alles ausgeführt? Sag mir alles ...«
»Sie sollten wenigstens den Überzieher ausziehen, sonst werden Sie noch ganz in Schweiß geraten.«
Iwan Fjodorowitsch riß sich, als käme ihm dieser Gedanke erst jetzt, den Überzieher vom Körper und warf ihn auf die Bank.
»So rede doch, bitte! Rede!«
Er schien ganz ruhig geworden zu sein. Er erwartete mit Bestimmtheit, daß Smerdjakow jetzt »alles« sagte.
»Wie ich das alles ausgeführt habe?« begann Smerdjakow mit einem Seufzer! »Auf die allernatürlichste Weise habe ich es ausgeführt, ganz nach Ihren Worten von damals ...«
»Zu meinen Worten später!« unterbrach ihn Iwan wieder, aber er schrie nicht mehr wie vorher, sondern sprach die Worte fest und bestimmt aus und schien sich wieder ganz in der Gewalt zu haben! »Erzähle ganz genau, wie du es ausgeführt hast. Alles der Reihe nach! Laß nichts aus! Die Einzelheiten sind das Wichtigste, die Einzelheiten. Ich bitte dich darum.«
»Als Sie weggefahren waren, da fiel ich in den Keller ...«
»In einem richtigen Anfall, oder hast du simuliert?«
»Selbstverständlich habe ich simuliert. Ich simulierte alles. Ich stieg ruhig die Treppe hinab, bis ganz unten, und legte mich hin; dann erst schrie ich los. Und während sie mich hinaustrugen, schlug ich um mich.«
»Moment! Hast du die ganze Zeit über simuliert, auch nachher im Krankenhaus?«
»Keineswegs. Am anderen Tag bekam ich morgens, noch bevor sie mich ins Krankenhaus brachten, einen echten Anfall, und zwar so stark, wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Zwei Tage war ich völlig bewußtlos.«
»Gut, gut. Weiter!«
»Sie legten mich auf das Bett hinter der Bretterwand. Das wußte ich schon vorher, daß sie mich dahin legen würden, weil Marfa Ignatjewna mich jedesmal, wenn ich krank war, dort bei sich bettete. Sie ist immer sehr zärtlich zu mir gewesen, von meiner Geburt an ... In der Nacht stöhnte ich, aber nur leise. Ich wartete immer auf Dmitri Fjodorowitsch.«
»Wie meinst du das? Hast du erwartet, daß er zu dir kam?«
»Warum zu mir? Ich erwartete, daß er zum Haus kam; ich zweifelte nicht im geringsten daran, daß er in dieser Nacht erscheinen würde. Denn da er nun meiner Beihilfe beraubt und ohne Nachrichten war, mußte er unbedingt selber zum Haus kommen, über den Zaun, den er überklettern konnte, und mußte irgend etwas verüben.«
»Und wenn er nun nicht gekommen wäre?«
»Dann wäre auch nichts passiert. Ohne ihn hätte ich mich nicht dazu entschlossen.«
»Gut, gut ... Erzähle verständlicher, übereile dich nicht! Und was die Hauptsache ist, laß nichts aus.«
»Ich erwartete, daß er Fjodor Pawlowitsch totschlagen würde, das hielt ich für sicher. Denn ich hatte schon die letzten Tage in diesem Sinn auf ihn eingewirkt – und ihm vor allen Dingen die bewußten Signale mitgeteilt. Bei seinem Mißtrauen und bei der Wut, die sich bei ihm in diesen Tagen angesammelt hatte, war mit Bestimmtheit zu erwarten, daß er mittels der Signale in das Haus eindringen würde. Da war ich mir sicher. Und darum habe ich ihn auch erwartet.«
»Halt«, unterbrach ihn Iwan! »Hätte er ihn nun totgeschlagen, so hätte er sich ja des Geldes bemächtigt und es mitgenommen, das mußtest du doch annehmen? Was hättest du dann von der Tat gehabt? Das sehe ich nicht ein.«
»Er hätte ja das Geld niemals gefunden. Daß das Geld unter der Matratze lag, hatte ich ihm ja nur eingeredet. Aber das stimmte nicht. Ursprünglich hatte es in der Schatulle gelegen, sehen Sie, so war das. Aber dann hatte ich, der einzige Mensch auf der Welt, dem er traute, Fjodor Pawlowitsch dazu überredet, dieses Päckchen mit dem Geld lieber in der Ecke hinter den Heiligenbildern zu verstecken, weil es dort niemand finden würde, vor allem, wenn es einer eilig hatte. So steckte also dieses Päckchen in der Ecke hinter den Heiligenbildern. Es unter der Matratze
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