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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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Tisch fallen, und vor allen Dingen umsonst, umsonst, so daß wir ja nichts für sie zu bezahlen brauchen. Das Bezahlen lieben wir ganz und gar nicht! Dagegen lieben wir das Bekommen, und zwar auf allen Gebieten. Oh, man gebe uns alle denkbaren Güter des Lebens – es müssen unbedingt alle denkbaren sein, mit weniger geben wir uns nicht zufrieden –, und vor allem bereite man unserer Individualität keinerlei Hindernisse: Dann werden auch wir beweisen, daß wir gut und edel sein können. Wir sind nicht habgierig, nein; aber man gebe uns dennoch Geld, mehr, immer mehr, soviel wie möglich, und man wird sehen, wie großmütig, mit welcher Geringschätzung des verächtlichen Metalls wir es in einer einzigen Nacht bei einem ausschweifenden Gelage ausgeben. Gibt man uns jedoch kein Geld, dann werden wir zeigen, daß wir uns welches zu verschaffen verstehen, wenn uns ein großes Verlangen danach ankommt. Aber davon später, wir wollen die richtige Reihenfolge einhalten. Ganz zuerst sehen wir einen armen, verlassenen Knaben vor uns, ›auf dem Hof hinter dem Haus ohne Schuhchen‹, wie sich vorhin unser verehrter Mitbürger ausdrückte, der leider ausländischer Herkunft ist! Ich wiederhole noch einmal: Ich trete niemandem die Verteidigung des Angeklagten ab! Ich bin Ankläger, aber ich bin auch Verteidiger. Ja, auch wir sind Menschen, die ein Herz haben, auch wir verstehen abzuwägen, wie die ersten Eindrücke der Kindheit und des Vaterhauses auf den Charakter einwirken können. Da ist aus dem Knaben schon ein Jüngling geworden, ein junger Mann, ein Offizier; zur Strafe für tolle Streiche und für eine Herausforderung zum Duell wird er in eines der entlegensten Grenzstädtchen unseres gesegneten russischen Vaterlandes versetzt. Dort tut er seinen Dienst, dort führt er ein flottes Leben – natürlich: Ein großes Schiff braucht ein großes Fahrwasser. Wir brauchen die Mittel, vor allen Dingen die Mittel, und da kommt nach langen Streitigkeiten zwischen ihm und seinem Vater eine Einigung über eine letzte Zahlung von sechstausend Rubeln zustande, und diese Summe wird ihm übersandt. Beachten Sie bitte – er hat eine Quittung darüber ausgestellt, und es existiert ein Brief von ihm, in dem er auf alles übrige sozusagen verzichtet und erklärt, daß durch diese sechstausend Rubel sein Erbschaftsstreit mit dem Vater beendet sei. Nun erfolgt seine Begegnung mit einem jungen Mädchen von edler Gesinnung und hoher Bildung. Oh, ich wage nicht, die Einzelheiten zu wiederholen. Sie haben sie soeben gehört; da handelt es sich um Ehre, um Selbstaufopferung, und ich verstumme. Das Bild des jungen Mannes, der sich bei all seinem Leichtsinn und all seiner Lasterhaftigkeit doch vor wahrem Edelmut, vor der höchsten Idee beugt, ist vor unsere Augen getreten und hat uns einen höchst sympathischen Eindruck gemacht. Doch wenig später mußten wir in diesem selben Gerichtssaal ganz unerwartet auch die Kehrseite der Medaille erblicken. Wiederum wage ich nicht, mich auf Vermutungen einzulassen, und enthalte mich einer psychologischen Untersuchung über die Gründe dieses Vorgangs. Diese selbe Person erklärt uns unter den Tränen einer lange verheimlichten Entrüstung, daß er, er als erster, sie wegen ihres unvorsichtigen und vielleicht übereilten, aber doch edlen, hochherzigen Schrittes verachtet habe. Ausgerechnet bei ihm, dem Bräutigam dieses jungen Mädchens, ist früher als bei allen anderen jenes spöttische Lächeln aufgetaucht, das sie nur von ihm nicht ertragen konnte. Obgleich sie weiß, daß er ihr bereits untreu geworden ist (er war ihr untreu geworden in der Überzeugung, daß sie künftig alles von ihm ertragen müßte, sogar seine Untreue), obgleich sie das weiß, bietet sie ihm absichtlich dreitausend Rubel an und gibt ihm dabei deutlich, sehr deutlich zu verstehen, daß sie ihm das Geld anbietet, damit er treulos an ihr handeln kann. ›Wie ist es, wirst du es nehmen oder nicht, wirst du so zynisch sein?‹ sagt sie gleichsam zu ihm, wobei sie ihn schweigend mit forschendem, prüfendem Blick ansieht. Er sieht sie an, er versteht ihre Gedanken vollkommen – er hat ja selbst hier vor Ihren Ohren eingestanden, daß er alles begriffen hat –, eignet sich ohne Widerspruch diese dreitausend Rubel an und verjubelt sie in zwei Tagen mit seiner neuen Geliebten! Woran soll man da glauben? An die erste Erzählung von der impulsiven Tat eines hohen Edelmuts, der die letzten Mittel zum Leben dahingibt und sich vor der Tugend

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