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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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daß ich hier vielleicht hätte retten können und es nicht getan habe, sondern vorbeigegangen und nach Hause geeilt bin!‹ sagte er sich. ›Wenn ich so handle, befolge ich sein großes Gebot.‹
    Sein Plan bestand darin, seinen Bruder zu überraschen: nämlich wie am Vortag über den Flechtzaun in den Garten zu steigen und sich zu jener Laube zu begeben. ›Wenn er nicht dort ist‹, dachte Aljoscha, ›so werde ich mich, ohne mich den Wirtinnen oder Foma zu zeigen, dort verstecken und warten, nötigenfalls bis zum Abend. Wenn er wieder Gruschenka auflauert, ist es leicht möglich, daß er auch in die Laube kommt.‹
    Übrigens dachte Aljoscha über die Einzelheiten seines Planes nicht allzuviel nach. Er beschloß jedenfalls, ihn auszuführen, selbst wenn er infolgedessen an diesem Tag nicht mehr ins Kloster zurückkehren konnte.
    Alles machte sich ohne Schwierigkeit. Er stieg fast an derselben Stelle wie tags zuvor über den Flechtzaun und schlich sich unbemerkt zu der Laube. Er wollte nicht, daß ihn jemand bemerkte; die Wirtin und Foma konnten auf seiten des Bruders stehen und dessen Instruktionen befolgen, also Aljoscha nicht in den Garten lassen oder den Bruder rechtzeitig benachrichtigen, daß ihn jemand suchte und nach ihm fragte. In der Laube war niemand. Aljoscha, setzte sich auf denselben Platz wie gestern und wartete. Er sah sich in der Laube um, eigentümlicherweise kam sie ihm weit mehr verfallen vor als am vorigen Tag; sie machte diesmal einen geradezu kläglichen Eindruck. Der Tag war übrigens ebenso klar wie der gestrige. Auf dem grünen Tisch hob sich ein kleiner Kreis ab, der von einem offenbar zu voll gegossenen Kognakglas herrührte. Bedeutungslose und für die Sache selbst nebensächliche Gedanken gingen ihm durch den Kopf, wie das immer während einer langweiligen Wartezeit geschieht. Zum Beispiel, warum er sich in der Laube genau auf denselben Platz gesetzt hatte wie tags zuvor und nicht auf einen anderen. Schließlich wurde ihm sehr traurig zumute, und zwar infolge der aufregenden Ungewißheit. Aber er hatte noch keine Viertelstunde dagesessen, als auf einmal in nächster Nähe ein Gitarrenakkord erklang. Jemand mußte etwa zwanzig Schritt von ihm entfernt, keinesfalls viel weiter, im Gebüsch sitzen oder sich dort eben erst hingesetzt haben. Aljoscha erinnerte sich auf einmal schwach, gestern, als er von seinem Bruder aus der Laube wegging, links am Zaun eine niedrige, alte grüne Gartenbank im Gebüsch gesehen zu haben. Auf ihr hatte also jemand Platz genommen. Aber wer? Eine süßliche Männerstimme begann plötzlich, von einer Gitarre begleitet, ein kleines Lied:
    »Unbezwinglich zieht mein Sinn
mich zu meiner Liebsten hin.
Herr, sei gnädig ihr und mir,
ihr und mir,
ihr und mir ...«
    Die Stimme brach ab. Der Tenor, wirkte lakaienhaft, und so war auch der ganze Vortrag des Liedes.
    Eine andere Stimme, eine weibliche, sagte plötzlich freundlich und schüchtern, aber sehr geziert: »Warum sind Sie denn so lange nicht zu uns gekommen, Pawel Fjodorowitsch? Warum verachten Sie uns so?«
    »Nicht doch!« antwortete die Männerstimme, zwar höflich, doch vor allem energisch und würdevoll.
    Offenbar hatte der Mann die Oberhand, und das Weib umschmeichelte ihn.
    ›Der Mann scheint Smerdjakow zu sein‹, dachte Aljoscha, ›wenigstens nach der Stimme zu urteilen. Und die Dame ist sicher die Tochter der Hausbesitzerin, die aus Moskau gekommen ist, ein Kleid mit Schleppe trägt und bei Marfa Ignatjewna Suppe holen kommt.‹
    »Ich liebe Gedichte schrecklich ... wenn sie schön vorgetragen werden«, fuhr die Frauenstimme fort. »Warum singen Sie nicht weiter?«
    Die Männerstimme begann von neuem:
    »Ist mir nur mein Mädchen hold,
frag ich nicht nach allem Gold.
Herr, sei gnädig ihr und mir,
ihr und mir,
ihr und mir!«
    »Das vorige Mal klang der Text noch hübscher«, bemerkte die weibliche Stimme. »Da haben Sie gesungen: ›Ist mein süßer Schatz mir hold.‹ So klang es zärtlicher. Sie haben es heute sicher vergessen.«
    »Verse sind dummes Zeug«, erwiderte Smerdjakow kurz.
    »Ach nein, ich liebe Verse sehr.«
    »Was die Verse anlangt, das ist alles bloß dummes Zeug. Überlegen Sie doch selbst, wer in der Welt spricht denn in Reimen? Und wenn wir anfingen, in Reimen zu sprechen, und sei es selbst auf Befehl der Obrigkeit, würden wir uns gegenseitig dann noch viel sagen können? Verse sind Unsinn, Marja Kondratjewna!«
    »Wie klug Sie sind! Und auf allen Gebieten! Wie sind Sie bloß

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