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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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erschien, zu betrüblich-schön, bediente er sich einer gegensätzlichen Technik, indem er die Farben so sehr mit Terpentin verdünnte, dass sie Aquarellfarben glichen. Anschließend kratzte er die Farbe mit dem Palettenmesser ab, bis die Struktur der Leinwand zum Vorschein kam und der Eindruck eines verwitterten und schlecht unterhaltenen Mauerwerks entstand.
    Sverre bediente sich je nach Laune und Gutdünken jeweils der einen oder anderen Technik. Gelegentlich verlor er ganz und gar den Glauben an seine Fähigkeiten, während seine Gemütslage zwischen Hoffnung und Verzweiflung pendelte.
    Bislang hatte er von Albie nur zwei vollkommen inhaltslose Briefe erhalten, die wohl hauptsächlich als Lebenszeichen gedacht waren. Etwas anderes wäre nicht möglich gewesen. Albie hatte Sverre erklärt, dass sämtliche Briefe von der Militärzensur gelesen wurden und dass es dort ­sicher Leute gab, die es für kriegswichtig hielten, die Formulierungen nach strafbaren Liebesbeziehungen abzu­suchen.
    Die einzige Gewissheit, die Albie besaß, war, dass die englischen Truppen in Ostafrika bislang nicht gesiegt hatten. Die Gründe dafür waren nicht ersichtlich, und die spärlichen Siegesbulletins erinnerten in beunruhigender Weise an die Berichte der letzten Jahre aus Frankreich und Bel­gien, über unzählige Siege und über Offensiven, eine glanzvoller und heroischer als die andere, ohne dass irgend­welche Entscheidungen herbeigeführt worden wären.
    Hätte sich Sverre nicht so sehr in seine blaue Periode vertieft, hätte ihn die Einsamkeit gänzlich zermürbt. Carrington war mit seinem Porträt unter dem Arm nach Hause gefahren. Sein Blick auf dem Gemälde hatte am Ende etwas Trotziges gehabt und sich entweder gegen den deutschen Feind, die »Hunnen«, oder den Krieg aufgelehnt. In der Ausstellung in der Ingenieursvilla – hier war die Wand bald ganz mit Bildern bedeckt – hing ein aufrichtiges Bild Carringtons, das wahrhaftiger war. Das Porträt eines Mannes, der den vollkommenen Wahnsinn des Krieges durchschaut hatte.
    Keiner der übrigen Konvaleszenten hatte sich bereit erklärt, Sverre Modell zu sitzen, obwohl sein Carrington-Porträt gemeinhin bewundert worden war. Sverre wusste nicht, warum alle es ablehnten, aber konnte nicht umhin, Oberst Cunningham zu verdächtigen.
    Nur eine Woche nach Albies Abreise war Oberst Cunningham plötzlich aufgefallen, dass Sverre Ausländer und Manningham House als militärisches Sperrgebiet zu betrachten war, zu dem Ausländer selbstverständlich keinen Zutritt hatten. Das galt sowohl für die Salons und Krankensäle als auch für das Esszimmer. Daher musste Sverre seine Mahlzeiten jetzt in der Küche, die offenbar nicht zum militärischen Sperrgebiet zählte, mit dem Gesinde einnehmen.
    Sverre ließ sich nicht provozieren und klagte nicht. Außerdem verstand er sich gut mit dem Küchenpersonal, besonders mit den älteren Frauen, die er während der Ent­stehung der Bilderfolge über Manningham im Umbruch zur Moderne eingehender kennengelernt hatte. Außerdem entsprach die düstere, konzentrierte Einsamkeit seiner Tage und Nächte den Blautönen seiner Malerei.
    Als Oberst Cunningham zur Inspektion in die Inge­nieursvilla kam, um das Untergeschoss für die Kranken mit Beschlag zu belegen, ahnte Sverre, dass Albie so bald nicht nach Hause zurückkehren würde, weil das Ende des Krieges noch auf sich warten ließ und Oberst Cunningham offenbar darüber Bescheid wusste. Vermutlich war es nur eine Frage der Zeit, bis man ihn vor die Tür setzte.
    Er schrieb an Margie in London und bat sie um Rat, ohne sich jedoch einen besseren Vorschlag zu erhoffen, als wieder in das Haus am Gordon Square zurückzu­kehren, das sie mit einigen Künstlerfreunden bewohnte, die sonst keine Bleibe hatten. Aber Sverre wollte nicht nach London ziehen. Es war schon schlimm genug, als Ausländer mit einem verdächtigen Akzent im von einer Mauer umgebenen militärischen Sperrgebiet Manningham zu leben. In London würde er jedoch in Lebensgefahr schweben.
    Margie antwortete innerhalb von drei Tagen mit einem überschwänglichen Brief. Sie hatte für den Gefangenen auf Manningham eine ausgezeichnete Lösung gefunden. Vanessa und Duncan hatten das Charleston Farmhouse, ihr Haus in Sussex, das nicht weit von Monk’s House, dem wesentlich kleineren Anwesen Virginias und Leonards, entfernt lag, endlich eingerichtet. Im Charleston Farmhouse stand ihm den ganzen Sommer und wenn nötig auch länger ein eigenes Zimmer

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