Die Brueder
bestellt.«
»Die Sache ist die, dass man mich gebeten hat, ein Porträt Lady Penelopes zu malen. Sie wird Stoff für ein neues Kleid kaufen, in dem sie mir Modell sitzen will.«
»Das ist mir ebenfalls zur Kenntnis gelangt, Sir.«
Sverres Verlegenheit nahm weiter zu. Diese Parodie aus Höflichkeitsfloskeln konnte bis in alle Ewigkeit weitergehen, ohne dass er etwas erreichte. Er musste endlich mit seinem Anliegen herausrücken.
»Ich habe keinen Penny, da Lord Albert so frei war, sich vor seiner Abfahrt meine Reisekasse zu borgen. Er konnte schließlich genauso wenig wie ich voraussehen, dass dieser unerwartete pekuniäre Bedarf auftreten würde … Jetzt verhält es sich aber so, dass ich einige Farben anschaffen muss, die zu Lady Penelopes Wahl des Kleiderstoffes passen …«
»Ich verstehe, Sir. Ich bin davon überzeugt, dass wir dieses kleine Problem dezent lösen können. Mrs. Stevens kann Ihre Auslagen im Geschäft für Künstlerbedarf begleichen. Gab es sonst noch etwas, Sir?«
»Das war das Problem. Glauben Sie …«
»Das Problem, so es denn überhaupt eins war, ist bereits gelöst, Sir.«
Damit zog sich James mit ausdrucksloser Miene und einem Diener leise und diskret zurück.
Sverre versuchte sich vorzustellen, wie James das Problem lösen würde. Wie kam das nötige Geld für die Farbe in die Geldbörse der Hausdame Mrs. Stevens, und wo kam es ganz konkret her? Nicht von James, nicht von Mrs. Stevens, also von Lady Elizabeth. Das hieß, dass James bei Lady Elizabeth vorstellig werden und die Sache erklären müsste. Wie, überstieg Sverres Vorstellungskraft. Am Ende würde Mrs. Stevens die Summe diskret ausgehändigt werden, und niemand würde jemals über diese Angelegenheit sprechen.
In einer solchen Welt war Albie also aufgewachsen. Wen wunderte da sein entspanntes Verhältnis zu Geld. »Ein Gentleman fragt nie, wie viel Geld er auf dem Konto hat. Das ist etwas für die Mittelklasse!«
Hatte Albie das wirklich gesagt? Oder war es der unbehagliche Bosie gewesen? Doch, so musste es sein. Ihm war schleierhaft, wie er die beiden so grundverschiedenen Menschen verwechseln konnte, aber Albies Erzählung beschäftigte ihn offenbar mehr, als er dachte.
Er begab sich in den Kunstsalon hinunter. So nannten sie im Scherz den langen weißen Korridor, der an der Rückseite des Hauses verlief.
Dort hingen drei Porträts. Zwei von Albie, davon eines für die weibliche Verwandtschaft, möglicherweise mit Ausnahme Margies. Daneben ein Porträt Margies, das beste Gemälde, das er je gemalt hatte. Er hatte eine Grenze überschritten und ein vollkommen neues Selbstvertrauen erlangt. Sowohl sich selbst, aber auch Albie gegenüber hatte er seine Malerei immer damit bagatellisiert, dass er rasch und überzeugend alles kopieren und sicher ein guter Fälscher werden würde, wenn es drauf ankäme. Aber das Porträt von Margie, die er im Stillen nicht mehr Lady Margrete nannte, war zweifellos seine bisher gelungenste Arbeit. Das zweitbeste war Albies Porträt. Er hätte sich zwar gewünscht, es wäre umgekehrt gewesen, aber es ließ sich nicht leugnen.
In beiden Fällen war ihm etwas gelungen, was er nie zuvor zustande gebracht hatte. Er hatte seine Gefühle auf die Leinwand gebannt. Margie war auf eine Art schön, wie er sie sah. Ihre Mutter und Großmutter würden vermutlich nicht zufrieden sein. Insbesondere wenn neben Margies Porträt das von Penelope hing, oberflächliche Dutzendware, wie sie sie bestellt hatte.
Albie hatte darauf bestanden, im Frack porträtiert zu werden. Sverre hatte also jeglichen Ausdruck auf sein Gesicht und vor allen Dingen seinen Blick konzentrieren müssen, was ihm nicht viel Spielraum gelassen hatte.
Vielleicht war es überflüssig gewesen, Albies Blick vor der Inspektion der Schwestern zu verändern, gewissermaßen zu entmagnetisieren. Albies verführerischer Blick auf den Betrachter galt nicht notwendigerweise nur Männern. Warum hatte er befürchtet, die Frauen könnten das glauben? Schließlich kannten nur Albie und er dieses Geheimnis. Also beschloss er, den ursprünglichen Zustand des Porträts wiederherzustellen, bis das Gemälde nicht nur dem Albie bis aufs Haar glich, wie alle ihn kannten, sondern auch dem Albie, den er vor sich sah, wenn sie beide allein waren. Oder zwei Varianten anzufertigen, eine private und eine offizielle.
Je länger er sich die Porträts anschaute, desto stärker wurde das Gefühl, sich endlich befreit zu haben. Er hatte etwas geschaffen, das
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