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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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der es kein Entrinnen gab. Also hatten sie sich darauf geeinigt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie wollten sogar versuchen, ihre Rolle so gut wie möglich auszufüllen, nicht zuletzt auch deswegen, weil ­Albie versicherte, dass es, was ihn betraf, das letzte Mal sei. Sobald Pennie glücklich verheiratet sei, müsse er nie mehr als Lord Manningham auftreten, dann war er einfach nur noch Albie und konnte die Fesseln der Konvention abschütteln.
    Pennies wegen jedoch mussten die Fahnen des vergangenen Jahrhunderts hochgehalten werden, indem sie sich nicht zu dritt absonderten und Unterhaltungen vermieden, die Mitreisende empören könnten. Die Generationen des 19. und 20. Jahrhunderts waren wie Öl und Wasser und ließen sich nicht mischen, wenn es nicht spielerisch wie im Theater geschah. The show must go on to the happy end. Sie waren sich einig, dass das die einzig kluge Einstellung war.
    Eingedenk Lady Alice’ Gewohnheit in dem Hotel auf der Hardangervidda änderte Albie bei jedem Abendessen die Tischordnung, damit jeder sich mit jedem bekannt machen konnte.
    Sverre spielte loyal mit und fand gelegentlich sogar Gefallen daran. Auf eine schwer zu erklärende Weise mochte er Pennie, obwohl sie vermutlich keinerlei gemeinsame Interessen hatten. Als er sie zum ersten Mal zu Tisch führte, teilte sie ihm flüsternd mit, dass sie Gal das Porträt, das er von ihr gemalt habe, zur Hochzeit schenken würde, was ihn mehr rührte, als es ihm schmeichelte, dass sie dieses konventionelle Auftragswerk so sehr schätzte. Nachdem sie mit dieser einfachen Einleitung seine Laune bedeutend gehoben hatte, erzählte sie ausgelassen von ihren optimistischen, vielleicht naiven Hoffnungen für das neue Leben in Afrika, das sich nicht mit einem neuen Leben in Ame­rika vergleichen ließ, denn dorthin wanderten schließlich nur die Armen aus. In der feinen Gesellschaft in Nairobi würden sie fast nur ihresgleichen treffen. Und da England in Afrika eine Mission zu erfüllen habe, dürfe man stolz darauf sein, zu den Pionieren zu gehören. England hatte die Sklaverei abgeschafft und brachte Christentum, Kultur und den Handel nach Afrika.
    Sverre wusste, wo Pennie diese Vorstellungen herhatte. Aber was hätte ihr zukünftiger Mann Gal ihr auch sonst einreden sollen? Es war nicht einmal böse gemeint. Ein verliebter Mann hatte damit seinen Heiratsantrag untermauern wollen. In der Liebe war alles erlaubt. Vielleicht nicht in jeder Art von Liebe, aber in der, die Pennie in allerhöchstem Grade repräsentierte, der zwischen Mann und Frau.
    Als Sverre zum ersten Mal neben Gal saß, einem sehr attraktiven und muskulösen Mann, waren ihm unerwar­teterweise kleine praktische Dinge dabei behilflich, Gals Reserviertheit zu überwinden.
    Manchmal verrichtete die Wäscherei an Bord ihre Arbeit etwas langsam, sodass Gal peinlicherweise an zwei aufeinanderfolgenden Abenden dasselbe Smokinghemd hatte tragen müssen. Da sie etwa dieselbe Hemdgröße hatten, erbot sich Sverre sofort, ihm diskret ein paar Hemden zukommen zu lassen, damit er nicht noch einmal in diese Verlegenheit käme, und damit war das Eis gebrochen. Dar­aufhin musste Sverre nur noch das Gespräch auf die Ranch in Kenia lenken, und schon war Gal Feuer und Flamme.
    Die Ranch hieß Kekopey und lag am Lake Elementaita. Der Name des Sees war vom muteita der Massai abgeleitet, was so viel wie staubiger Ort bedeutete, was leider den Gegebenheiten entsprach, insbesondere zwischen Januar und März. Aber jetzt im Juni war die Gegend grün und eignete sich hervorragend für Viehzucht. Die Ranch war 48 000 Morgen groß, gute Voraussetzungen also. Um die Wahrheit zu sagen, war der Besitz nur um ein weniges kleiner als Manningham.
    Alberta, Albies älteste Schwester, die inzwischen Lady Somerset hieß und mit dem Holzkopf Arthur verheiratet war, kannte Sverre oberflächlich von vereinzelten Dinners auf Manningham, wo sie zwei- oder dreimal seine Tischdame gewesen war.
    Alberta war eine angenehme Zeitgenossin. Was ihr Äußeres betraf, war sie eine etwas misslungene Mischung ihrer Schwestern, der blonden, blauäugigen und liebreizenden Pennie und der wie Albie dunkelhaarigen, braunäugigen Margie, einer dramatischen und provozierenden Schönheit. Alberta beherrschte die Kunst der Konversation, hatte Humor und war eine wunderbare Gesprächspartnerin, solange nicht von ernsten Dingen geredet wurde.
    Mit ihrem Mann Arthur war es schon schwieriger. Er war ein langsamer Denker, was er durch eine

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