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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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schleppende Redeweise zu kaschieren suchte, die wohl als avancierter englischer Humor durchgehen sollte.
    »Ich kann nur hoffen, lieber Freund, dass sich Cousin Albie anlässlich deiner etwas überraschenden Verlobung mit Margie nicht vor Eifersucht verzehrt.«
    Das sollte ein Scherz unter Gleichgesinnten sein. Arthur hatte Alberta geheiratet, nachdem er beinahe in einen ähnlichen Skandal wie Oscar Wilde geraten war. Der Umstand, dass der Sohn des Prinzen von Wales in dieselbe Geschichte verwickelt gewesen und kurze Zeit später eine Ehe mit einer passenden Partie eingegangen war, hatte ihn gerettet. Anschließend unternahm er ab und zu diskrete Geschäftsreisen nach London, von denen weder die Behörden noch Cousins und Cousinen etwas wussten. Aber bislang hatte er nur zwei Töchter gezeugt, was ihm recht geschah.
    Gemächlich ging die Reise weiter, durch das Rote Meer mit Aufenthalt im französischen Djibouti, wo Afrika plötzlich afrikanisch war und Arthur im Basar zwei Speere kaufte, was ein wenig voreilig wirkte, wenn man bedachte, wohin sie unterwegs waren.
    Sie umrundeten das Horn von Afrika, immer noch bei konstantem Sonnenschein und schwacher Brise, dann fand das Äquatorfest statt, bei dem alle Passagiere, die den Äquator zum ersten Mal überquerten, von einem als Neptun verkleideten schwarzen Koch getauft wurden, eine recht geschmacklose Angelegenheit.
    Dann endlich Mombasa. Sie waren am Ziel, daheim in Britisch-Ostafrika, und alle waren aufgeregt und unge­duldig.
    Ihr Dampfer hatte auf der Reede geankert, da die Kai­plätze im Hafen selbst für Passagierschiffe nicht ausreichten. Ließ man den Blick Richtung Land zum palmengesäumten Ufer schweifen, sah man etwa hundert Schiffe. Ob sie ex- oder importierten, war nicht zu erkennen.
    Die Hitze begann unangenehm zu werden, obwohl Gal erklärte, dass es sich um einen milden Monat handele und dass es weiter oben in Nairobi, eine Meile über dem Meeresspiegel, kühler werde.
    Das Ausschiffen verlief chaotisch. Die City of Winchester war von kleinen Schaluppen, Einbäumen und schwimmenden Kindern umgeben, die die Weißen an der Reling dazu aufforderten, Münzen ins Wasser zu werfen, nach denen sie mit seehundähnlichem Eifer tauchten. Das Gepäck wurde in großen Hanfnetzen von Bord gehievt und lan­dete recht unsanft im Laderaum eines Kahns. Die weiblichen Passagiere, die es nicht wagten, die Strickleitern an der Bordwand zu benutzen, wurden in ihrer Afrika-Verkleidung – weißes Leinenkleid und Tropenhelm – jeweils zu fünft in einem kleinen Käfig, der sich beim Auftreffen öffnete, auf ein kleines Boot hinuntergelassen und dort von einem halb nackten, schwarzen Gentleman an der Hand zu einem Sitzplatz geführt.
    Auf dem Kai herrschte ein reges Durcheinander. Schwarze rannten hin und her, Gepäck wurde sortiert, und Weiße standen ratlos in hellen Kleidern und mit weißen Helmen herum.
    Jetzt konnte Gal beweisen, dass er nicht zum ersten Mal in Afrika und aus dem rechten Holz geschnitzt war. Er mie tete Träger und Rikschas, kontrollierte sorgfältig die Gepäckliste, entdeckte, dass etwas fehlte, löste das Pro­blem und brachte dann die Hochzeitsgesellschaft jeweils paarweise in den lustigen Fahrraddroschken unter, die von mageren, schwarz glänzenden Männern gefahren wurden.
    Hinter dem offenbaren Chaos schien sich ein gewisses System zu verbergen. Wenig später befand sich die kleine Karawane auf dem Weg zum Hauptbahnhof der Uganda Railways, einem Kopfbahnhof. Laut Gal konnten sie sich glücklich schätzen, weil sie am richtigen Tag zum richtigen Zeitpunkt eingetroffen waren. Die reservierten Erste-­Klasse-Abteile waren verfügbar, und der Zug würde in weniger als einer halben Stunde abfahren.
    Als die Dampfpfeife ertönte und sich die Lokomotive keuchend in Bewegung setzte, hob sich die Laune aller Reisenden sichtlich, nicht zuletzt, weil jetzt ein Vertreter der Eisenbahngesellschaft Champagner servierte. Bislang zeigte sich das wilde Afrika von einer ausgesprochen zivi­lisierten Seite.
    Das quirlige und laute Mombasa, das so gar nicht dem Bild der exotisch-schönen Stadt entsprach, die die Mehrheit der Reisenden erwartet hatte, verschwand bald hinter ihnen. Und jetzt bekamen sie zum ersten Mal das richtige Afrika zu Gesicht und noch dazu, was niemand außer möglicherweise Gal begriff, zur schönsten Jahreszeit.
    Zwanzig Minuten nach der Abfahrt erblickten sie den ersten Elefanten, wenig später fünf flüchtende Giraffen und bald eine

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