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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Vielzahl von Tieren, deren Namen nur Gal kannte. Die Landschaft war saftig grün.
    Überall nette Leute, die verständliches Englisch sprachen, sehr zuvorkommend waren und auch noch ein drittes Glas Champagner servierten. Aber auch hier lärmten die Schienenstöße, was Sverre und Albie ein Rätsel war. An­gesichts der konstanteren Temperatur in Äquatornähe verschwand das Problem des sich ausdehnenden und schrumpfenden Metalls. Und die hiesigen Eisenbahnen schienen technisch den englischen Verhältnissen angepasst zu sein.
    Da es weniger Schlafplätze als Reisende gab, verstand sich die Aufteilung von selbst. Die Damen nahmen einen Wagen ein. Die Sitze wurden heruntergeklappt und verwandelten sich in Pritschen. Die Männer reisten sitzend im anderen Waggon. Nach einer Stunde ging die Sonne rot glühend hinter ihnen unter, bald waren sie von Finsternis umgeben und konnten nichts mehr sehen.
    Nairobi war ein kleines, rotstaubiges Nest.
    Aber dieses Mal gab es zumindest ein Empfangskomitee. Als die Gesellschaft aus Manningham, die an ihren mittlerweile rußigen und fleckigen Leinenkleidern und Panama­hüten – es war nicht elegant, in Tropenhelm zu reisen – leicht zu erkennen war, den Eisenbahnwagen entstieg, wurde sie von Lord Delamere und Lady Florence höchst zwanglos mit ausgebreiteten Armen empfangen.
    Lord Delamere hatte sich nicht übermäßig feierlich gekleidet. Er trug eine Khakiuniform und einen Patronengürtel, an dem ein großes Messer baumelte. Sein Lederhut war mit einem Band aus Leopardenfell verziert. Er hinkte bedenklich und war exzentrisch langhaarig. Bestimmt hätte die raubeinige Erscheinung Lord Delameres Großmutter Sophy schockiert.
    Der ungezwungene Empfang erinnerte Albie und seine Reisegesellschaft daran, dass sie sich in einer anderen Welt befanden. Britisch-Ostafrika war nicht einfach, wie von Pennie erwartet, ein Stück exportiertes Country Life. Ein Wiltshire, Dorset oder Somerset, nur wärmer und ohne Regen. Dieses Missverständnis würde beizeiten noch recht gnadenlos korrigiert werden.
    Vom Bahnhof ging es höchst unzeremoniell zu Fuß zum Norfolk Hotel, wobei eine kleine Trägerkolonne so viel Gepäck schleppen musste, dass der Eindruck entstand, es handele sich um eine Gruppe frisch eingetroffener Immigranten. Die Straßen waren nicht gepflastert, sondern bestanden aus trockener, harter roter Erde. Die Fassaden der Häuser wurden von Bretterstegen gesäumt, deren Funktion den Neuankömmlingen in der momentanen Trockenzeit auf den ersten Blick nicht gleich ersichtlich war, da sie den unbeschreiblichen roten Morast, in den sich die Straßen in der Regenzeit verwandelten, noch nicht erlebt hatten.
    In den Augen der Neuankömmlinge erinnerte Nairobi, wenn überhaupt an etwas, an die Bilder aus dem amerikanischen Wilden Westen mit seinen windschiefen, oft nicht einmal angestrichenen, niedrigen Holzhäusern, Well­blech­dächern, Ochsenkarren und Ziegenherden, die zusammen mit Kühen von Hirtenjungen durch die Stadt getrieben wurden.
    Das Norfolk Hotel war ein windschiefes Holzgebäude, an das offenbar mehrmals angebaut worden war. Der Service war jedoch tadellos, das indische Personal korrekt gekleidet, und alle erhielten die von ihnen reservierten Zimmer, die den Umständen zum Trotz zur vollen Zufriedenheit ausfielen. Der kurze Spaziergang vom Bahnhof hatte jede Hoffnung auf ein Luxushotel zunichtegemacht. Niemand klagte.
    Lord Delamere versammelte alle zu einem einfachen Willkommensdrink in der geräumigen und zugegebenermaßen rustikal-eleganten Hotelbar. Es gab Champagner für die Damen, Bier für die Herren.
    Die Hochzeitsplanung war einfach. Am ersten Abend ein Willkommensdinner im Norfolk Hotel, am Tag darauf die eigentliche Zeremonie im Muthaiga Country Club mit anschließendem Lunch. Dann Abfahrt mit der Bahn zum neuen Zuhause des Brautpaars, der Kekopey Ranch, und dort ein ordentliches Hochzeitsessen. Alles Weitere werde improvisiert. Noch Fragen?
    Albie erkundigte sich nach dem Dresscode für die diversen Veranstaltungen und konnte sich nicht die ironische Bemerkung verkneifen, er besitze leider kein Messer, um es zu seinen verschiedenen Toiletten zu tragen.
    Lord Delamere nahm diese Spitze gutmütig hin, erklärte, zum Dinner werde Smoking erwartet, kein Frack, der in Afrika nur zu Begräbnissen getragen werde.
    Für die Hochzeitszeremonie am nächsten Tag eigne sich die weiße Leinenkleidung, die die Herren im Augenblick trügen, bestens. Im Jackett zu einer Hochzeit

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