Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie
der Tür stehen und sieht Crossman unverwandt mit seinen großen blauen Augen an. Der Direktor des FBI hält dem Blick stand, räuspert sich und fragt: »Wer sind Sie?«
»Kano.«
»Und weiter?«
»Einfach Kano.«
»Sind Sie der Onkel dieses Mädchens?«
»Sein Onkel?«
»Ja, Sie wissen schon, der Bruder seiner Mutter oder seines Vaters.«
»Ja.«
»Der Mutter oder des Vaters?«
»Des Vaters?«
»Verstehen Sie die Fragen, die ich Ihnen stelle?«
»Ja.«
Crossman runzelt die Stirn. Irgendetwas mit den Augen des Mannes stimmt nicht. Er verzieht das Gesicht, als er einen Anflug von Migräne spürt.
»Ist die Haut des Mädchens dafür nicht ein bisschen zu dunkel?«
Kano ist verblüfft. Er begreift, dass der Mann ihm gegenüber die telepathische Botschaft nicht versteht, die er ihm immer wieder schickt. Daher sagt er: »Ich bin im Jahre 1670 in der Siedlung Old Haven in Maine zur Welt gekommen. Ich habe zwei Brüder, Cyal und Elikan. Wir haben keine Kinder. Wir sind Diener des Wassers.«
»Finden Sie das komisch?«
Gerade als ihm Kano versichern will, dass das nicht der Fall ist, fliegt die Tür zu den Toiletten auf. Maria sagt zu Holly, sie solle sich gut die Hände waschen, dann nimmt sie Kano am Ärmel und sagt mit kaum unterdrückter Stimme im Flüsterton: »Kano?«
»Ja?«
»Von mir aus können Sie vor einem elfjährigen Kind den Schwachsinnigen spielen, aber das hier ist der Direktor der amerikanischen Bundespolizei. Der kann veranlassen, dass man Holly der Fürsorge übergibt und Sie auf Lebenszeit in eine Gummizelle sperrt. Wollen Sie das?«
»Bedeutet er eine Gefahr für das Mädchen?«
»Prinzipiell ja.«
Maria sieht, wie sich Kano konzentriert.
»Was tun Sie?«
»Ich versuche zu verstehen.«
»Ein sehr schlechter Gedanke. Bringen Sie Holly wieder zum Wagen. Ich komme nach.«
»Holly?«
»Kano, hören Sie auf, die Stirn in Falten zu legen. Ich
weiß, was Sie vorhaben. Wenn Sie den Fehler begehen, den Mann auszuschalten, ist Holly verloren. Haben Sie das verstanden?«
Die Falten auf Kanos Stirn glätten sich. Er nimmt Hollys Hand und kehrt zu Cyal und Elikan zurück. Während der Zauberer die Kleine einsteigen lässt, sieht Maria, dass Crossmans Männer un ruhig werden. Die einen verziehen das Gesicht, die anderen massieren sich die Schläfen. Sie seufzt. Die Hornochsen im weißen Umhang treiben schon wieder Unfug. Crossman kommt zu ihr heraus auf den Parkplatz.
»Maria, wir haben noch ein Problem.«
»Das ist mir völlig egal.«
»Wir haben auf dem Parkplatz des Flughafens von Jackson vier von innen heraus verbrannte Unbekannte gefunden. Sie waren aus allen vier Himmelsrichtungen zusammengekommen und hatten einen Kleintresor mit leeren Metallzylindern im Wagen.«
»Ja, und?«
»Ihre Beschreibung entspricht den Mördern im schwarzen Mantel, die einige der Zeugen an Orten gesehen haben, an denen man die mit der Akte Idaho Falls befassten Wissenschaftler ermordet hat.«
»Was war in den Zylindern?«
»Angesichts dessen, dass sie für ihren Transport einen hermetisch verschlossenen und gepanzerten Kasten verwendet haben, nehme ich nicht an, dass es sich um Proben eines revolutionären Deodorants handelte.«
»Nimmst du an, dass zwischen den beiden Vorfällen ein Zusammenhang besteht?«
»Das fürchte ich. Aus diesem Grund sollst du die Untersuchung führen.«
Crossman gibt ihr einen dicken Umschlag mit dem Wappen des FBI in Blindprägung.
»Da drin findest du eine vollständige Beschreibung der Situation sowie eine Namensliste. Jeder dieser Wissenschaftler hatte etwas im Zusammenhang mit einer Mumie zu tun, die man bei den tombombenversuchen des Manhattan-Projekts entdeckt hatte. Die meisten von ihnen sind unter sonderbaren Umständen ums Leben gekommen, und die übrigen werden gegenwärtig von der Regierung beschützt. Sie verstecken sich seit Jahren. Such sie auf und lass dir von ihnen sagen, was passiert ist.«
»Hast du zur Kenntnis genommen, dass ich kündige?«
»Maria?«
»Ja?«
»Und lass dein Telefon eingeschaltet, für den Fall, dass ich Verbindung mit dir aufnehmen muss.«
»Versuch das bloß nicht. Ich ruf dich an, wenn was ist.«
Sie steigt in ihren Wagen, will noch etwas sagen, überlegt es sich aber anders und steckt den Schlüssel ins Zündschloss. Crossman sieht ihr nach. Es wäre ihm lieb, wenn sie empfinden würde, was er empfindet. Er hofft, dass sie im Rückspiegel noch einmal nach ihm sieht, doch sie fährt auf die 10 in Richtung Norden und gibt
Weitere Kostenlose Bücher