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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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der Straße und auf den Treppen. Während sie dabei waren, ihren Liebsten eine letzte Mail zu senden, sind sie zusammengesunken. Das Internet hat buchstäblich bis zur letzten Sekunde funktioniert.
    Jetzt hat Maria das Chinesenviertel erreicht. Die Läden sind offen. Menschen sind über den Auslagen von Gewürzen zusammengebrochen und haben dabei Schalen mit farbigen Pulvern umgestoßen, die jetzt der Wind verstreut. In der Nähe des Pyramid Building wirft sie einen Blick auf die Fahrstühle außen an der Fassade, die wie Luftblasen auf halber Höhe des Hotels stehen geblieben sind. Die Toten
hinter den Glasscheiben scheinen sie zu mustern: Männer in Anzügen und Frauen in Kostümen, die in wenigen Sekunden dahingerafft worden sind. Jetzt geht Maria durch die Columbus Road. Von ferne ertönt Möwengeschrei, sonst hört man nicht das leiseste Geräusch. Hier und da dringt das Rauschen eines eingeschalteten Radios oder das Summen eines Haushaltgeräts an ihr Ohr, deren Batterien noch nicht leer sind.
    Jetzt überquert sie Fisherman’s Wharf, vorüber an den dort stehenden Autos. Die Verkehrsampeln scheinen mit einem Schlag ausgegangen zu sein, als sich die Seuche über die Stadt gesenkt hat. Manche Wagen stehen quer, andere haben sich auf den Kreuzungen ineinander verkeilt und gegenseitig demoliert. Die meisten stehen brav in einer Reihe hintereinander, die Fahrer hängen über dem Lenkrad. Dutzende von verzerrten Gesichtern. Verängstigte Frauen, denen nicht einmal Zeit geblieben war, ihr Mobiltelefon loszulassen, während sie anfingen, schwarzes Blut zu erbrechen. Männer, die ihre eigenen Zungen verschluckt haben, weil der Schmerz so unerträglich war. Auch Kinder, noch auf ihren Kindersitzen angegurtet. Ihre trüben Augen scheinen Maria zu folgen, während sie weitergeht. Aus manchen Autos, in denen sich die CDs in endloser Schleife drehen, bis die Batterie erschöpft ist, tönt Musik. Eingeschaltete Autoradios rauschen endlos. Der letzte Rundfunksender hat vor einigen Stunden seinen Betrieb eingestellt. KPFK in Los Angeles. Unverständlich, wie er so lange hatte durchhalten können, wo doch gerade dort das erste Todesopfer auf amerikanischem Boden zu beklagen war: am Flughafen von Los Angeles eine im sechsten Monat schwangere Frau, die von Sydney heimgekehrt war. Im Laufe des Tages waren weitere Herde in den Großstädten aufgetreten, dann war die Seuche in kleineren Städten und schließlich auch auf dem Lande ausgebrochen.

    Während der letzten Sendestunden hatten sich die überlebenden Sprecher des Senders KPFK am Mikrofon abgelöst. Sie waren am Ende ihrer Kräfte und berichteten, dass Hunde und Raben Besitz von der Stadt der Engel genommen hatten, in der niemand mehr auf den Straßen zu sehen war – nicht einmal die Trupps von Polizeibeamten, die bis dahin dort patrouilliert und plündernde Obdachlose erschossen hatten. Es hieß, dass schon seit über einer Woche niemand mehr die Leichen einsammelte. Ganz am Anfang hatte man sie in Rettungswagen gestapelt, die unaufhörlich durch die Straßen fuhren. Danach waren sie auf Lastwagen der Straßenmeistereien und später auf solche des Heeres geladen worden. Männer in ABC-Schutzanzügen, die wie Phantome aussahen, hatten sie zu Abladeplätzen weit außerhalb der Stadt gefahren, wo sie verbrannt wurden. Vom Sender KPFK hatte man erfahren, dass dichter schwarzer Rauch die ganze Stadt einhüllte. Dann aber waren die Feuer erloschen, und die verwesenden Leiber waren in den Straßen, auf Balkonen, Terrassen und in Hauseingängen liegen geblieben.
    Maria geht weiter, während ihr die Brise über das Gesicht streicht. Je näher sie dem Meer kommt, desto stärker wird der Salzgeschmack auf ihren Lippen. Sie geht über verlassene Kaianlagen bis zu einer Plattform auf Pfählen gegenüber der Insel Alcatraz. In der Mitte der Bucht treibt eine Fähre voller Leichen langsam der Golden-Gate-Brücke entgegen. Mit einem Mal bleibt sie stehen: Soeben hat sie am äußersten Ende der Mole einen Angler gesehen. Der Alte, der ein weißes Hemd und einen Strohhut trägt, hält sich gekrümmt am Geländer fest. Sie tritt näher. Sie hat den Verschluss ihres Holsters geöffnet und die Hand auf den Griff ihrer Waffe gelegt. Der Alte dreht sich um und lächelt ihr zu. Er sieht aus wie ein gütiger Großvater. Während er die Schnur von der Rolle laufen lässt, zieht
er hustend an seiner selbst gedrehten Zigarette. Als Maria den Geruch des schwarzen Tabaks erkennt, läuft ihr fast das

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