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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Handtuch, wickelt es um Holly und schließt sie dann, nass, wie sie ist, in die Arme.
    »Was willst du eigentlich?«
    »Du musst aufhören zu denken, Schätzchen.«
    »Was?«
    »Du hast doch gerade gedacht, nicht wahr?«
    »Ja. Ich weiß nicht.«
    »Woran?«
    »An meine Eltern. Ich hab versucht, mich an sie zu erinnern. Ich … ich weiß ja nicht mal mehr, wie die ausgesehen haben.«
    »Pst, Schätzchen. Entschuldige, ich habe dir einen Schreck eingejagt.«
    Maria unterdrückt einen Schauder. Holly zittert immer stärker in ihren Armen. Ihre Lippen sind blau. Eine sonderbare Schwingung scheint von ihr auszugehen und sie einzuhüllen.
    »Was ist mit dir?«

    Holly sieht Maria an. In den Augen des Mädchens ist keinerlei Empfindung zu entdecken. Offensichtlich hat Maria etwas Kaltes und Gefährliches heraufbeschworen, als sie Holly erschreckt hat. Etwas, das zu beschützen ihre Aufgabe ist.
    »Holly, hörst du mich? Ich bin’s, Maria. Ich wollte dir keinen Schreck einjagen.«
    Es kommt Maria vor, als drängen brennende Finger in ihr Herz ein, als weiteten sich ihre Adern und als ströme ihr Blut mit Höchstgeschwindigkeit hindurch. Was da von dem Mädchen ausgeht, beschleunigt ihren Stoffwechsel und treibt ihre Temperatur in die Höhe.
    »Holly? Großer Gott, Holly, machst du das?«
    Maria beginnt zu ersticken. Sie sieht die leeren Augen des Mädchens.
    »Holly, hör sofort damit auf! Du bringst mich um, hörst du? Du bist dabei, Mama umzubringen!«
    Holly fährt zusammen. Ihr Blick wirkt kummervoll. Allmählich scheinen kleine ferne Lichter in ihre Augen zu treten. Langsam wendet sie sich ab. Als sie den Blick auf den Badezimmerspiegel richtet, beginnt er zu zerlaufen. Die Glühlampen über dem Waschbecken platzen, und ein feiner Regen von Glaskrümeln rieselt herab. Auch der Duschvorhang schmilzt und rinnt wie Sirup in die Wanne. Maria begreift, dass die Angst Holly hindert, ihr Selbstverteidigungssystem abzuschalten, daher schließt sie sie erneut in die Arme und summt ihr ein Lied ins Ohr. Das Mädchen beruhigt sich, doch als ihr Blick auf den Zahnputzbecher fällt, erfüllt ein sonderbarer Geruch nach verbranntem Kunststoff das Badezimmer, während sich die Bürsten in grotesker Weise verdrehen und langsam dahinschwinden. Der Becher selbst wird weich, zerschmilzt aber nicht. Offenbar lässt die Wirkung der von ihr ausgehenden Schwingungen allmählich nach. Maria ist schweißnass. Sie
richtet sich auf und hält Holly nach wie vor fest in den Armen. Es sieht aus, als sei das Mädchen am Ende seiner Kräfte. Maria verlässt das Badezimmer und kehrt durch den Gang zurück. Leise brabbelt Holly etwas vor sich hin.
    »Was sagst du, Schätzchen?«
    »Wir dürfen nicht rausgehen. Sie sind da.«
    »Wer?«
    »Sie.«
    Draußen saugt Maria die frische Luft tief ein. Holly verkrampft sich, als ihr Blick auf den Anleger fällt. Etwas an Shelbys Verhalten stimmt nicht. Walls sieht Maria und ruft ihr zu: »Stehen bleiben! Nicht weitergehen! Er darf euch auf keinen Fall sehen.«
    Jetzt begreift Maria, was nicht stimmt. Bevor sie zu Holly gegangen ist, hat sie das Holster mit der Glock darin unter ihre Jacke gelegt, und jetzt hält der alte Schwarze die Waffe auf Chester gerichtet. Er ist nicht mehr Shelby, sondern ein anderes Wesen, das sich jetzt Holly zuwendet.
    »Da ist ja unser kleiner Liebling, der uns so viel Sorgen macht. Deine Mutter ist tot, Holly. Sie ist im Einkaufszentrum wie eine Ratte ertrunken. Und weißt du auch, warum?«
    »Schätzchen, hör nicht hin.«
    »Sie ist ertrunken, weil du ungezogen warst. Du bist aus lauter Dickköpfigkeit verschwunden, und statt zu fliehen, haben dich deine Eltern stundenlang gesucht. Jetzt weißt du Bescheid. So war es doch, Chester?«
    Der Alte konzentriert sich auf den Namen des Wesens, dem es gelungen ist, die Barriere um das Heiligtum herum zu überwinden. Er öffnet die Augen und sieht seinen alten Freund Shelby an, während dessen Daumen langsam den Sicherungshebel der Glock zurückschiebt. Er scheint von Kummer zerfressen zu sein.
    »Du musst kämpfen, Shelby. Hörst du? Du hast die
Kraft, ihn zu überwältigen. Er ist nicht besonders mächtig. Er nutzt nur deine Angst aus. Stimmt doch, Ash?«
    Die Augen des alten Schwarzen werden trübe. Er lächelt breit.
    »Hörst du, Holly? Dein Vater ist bei der Suche nach dir umgekommen. Er hat dich dafür verabscheut. Während ihm das Wasser in die Gurgel lief, hat er zutiefst bedauert, alles für ein bockiges Mädchen wie dich

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