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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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als hätte er die Nacht in seinem Musterkoffer verbracht. Ash lässt sein Feuerzeug aufschnappen und hält dem Mann die Flamme hin. Nachdem er den Rauch des ersten Zugs aus der Zigarette ausgestoßen hat, schlürft er durch einen Trinkhalm seinen Eiskaffee. Ash sieht auf die Uhr. Zweiundvierzig Stunden seit Beginn der Verseuchung. Er seufzt. Vor zwei Tagen wäre er im alten Kino von Clarksdale mitten im Abspann von Vom Winde verweht
um ein Haar umgekommen. Es war eine Frage von Sekunden. In seine Trance versunken, hatte er die schwarze Mündung der Waffe gesehen, die Parks auf ihn richtete, und die Augen in dem Augenblick geschlossen, in dem der Schädel des schwarzen Pflegers wie eine Eierschale zerborsten war. Er hatte sich zwischen den Kinositzen vorgebeugt, um sich zu übergeben. Gerade als er den alten Heiminsassen einen Impuls schicken wollte, hatten Walls’ Schwingungen seinen Geist angefüllt. Das hatte ihn abgelenkt. Das und die Breigehirne der Bewohner des Altersheims. Es war Ash zuwider, ihnen Impulse zu schicken. Sie waren nicht nur zu langsam, sondern auch unfähig, sich länger als eine halbe Minute zu konzentrieren.
    Ein Zittern überläuft ihn bei der Erinnerung an das mentale Geheul, das in seinem Geist ertönte, als Walls seine Leute im Park des Altersheims in Brand setzte. Er hatte sich so schnell wie möglich aus Gerald zurückgezogen. Die Finger in die Armlehnen seines Wagens gekrallt, hatte er sich mit allen Kräften darauf konzentriert, den Schwingungen der nach Norden strebenden Flüchtigen zu folgen. Sie wurden immer schwächer, bis das Sig nal dann mit einem Mal verstummt war.
    »Alles erledigt?«
    Ash wendet sich dem Handlungsreisenden zu, der seinen Kaffee ausgetrunken hat.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe Sie gefragt, ob alles erledigt ist.«
    »Was?«
    »Das ist nicht die Antwort, die ich erwarte, Ash.«
    Ash unterdrückt einen Schauder, als er plötzlich in Burgh Kassams Augen blickt.
    »Entschuldigung, ich hatte Sie nicht erkannt.«
    »Soll ich die Frage noch einmal wiederholen?«
    »Nicht nötig: Sie kennen die Antwort.«

    »Ash, mein Freund, ich bin sehr verärgert. Wo sind unsere Leute?«
    »Sie patrouillieren am ganzen Mississippi entlang. Wir haben den Kontakt zu den Flüchtigen verloren.«
    »Was wollte die dreckige kleine Schnüfflerin Parks eigentlich in dem Altersheim von Gerald?«
    »Sie hat sich da mit einem gewissen Mosberg unterhalten.«
    »Ach, der gute alte Mosberg …«
    Kassams Finger krallen sich um seinen Pappbecher.
    »Wenn sie den alten Trottel da aufgestöbert hat, kann das nur heißen, dass sie über die Liste der vom Zeugenschutz-Programm der Regierung betreuten Männer verfügt. Darin sehe ich eine glänzende Gelegenheit, das von Brannigans Regulatoren begonnene Werk zu beenden.«
    »Dazu müsste man allerdings erst einmal wissen, wohin sie im Augenblick will.«
    »Sie wird dasselbe tun wie jeder Mensch, den widerstrebende Empfindungen hin und her reißen, nämlich immer mehr Fehler begehen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Sie will Holly retten, weil sie begriffen hat, warum das nötig ist. Das ist für eine auf sich allein gestellte Frau eine viel zu schwierige Aufgabe.«
    »Sie vergessen Dr. Walls.«
    »Um den kümmere ich mich. Konzentrieren Sie sich auf die Kleine. Sie hat Angst. Es geht ihr nicht gut. Es dauert bestimmt nicht lange, bis sie erneut Schwingungen aussendet. Rufen Sie mich sofort an, wenn es so weit ist. Haben Sie mich verstanden, Ash? Sie unternehmen selbst nichts und rufen mich an.«
    »Und wenn sie es nicht tut?«
    Burgh schließt die Augen. Der Pappbecher verformt sich unter seinen Fingern.

    »Sie ist schon dabei.«
    Ash sieht zu Burgh hin. Er scheint in Trance zu sein. Auch er schließt die Augen und gesellt sich zu ihm. Nach und nach verschwinden die Terrasse des Cafés und die Geräusche der Menge um sie herum. Eine Vision taucht vor ihnen auf. Nein, ein Traum. Holly träumt, dass sie im Garten ihrer Eltern schaukelt. Die Vision des Mädchens wird genauer. Sie sitzt auf einem abgefahrenen Autoreifen, den man mit einem Stück Seil an einem Ast befestigt hat. Um sie herum sind Schlamm und vom Unwetter heruntergerissene Äste. Sie summt. Sie ist traurig. Burgh lächelt.
    »Spüren Sie, was ich spüre, Ash?«
    »Ja. Sie sehnt sich nach ihren Eltern.«
    »So sind kleine Mädchen nun mal: Beim geringsten Anlass heulen sie gleich los.«
    Ash sieht, wie sich die Vision vergrößert und farbig wird. Das Haus von Hollys Eltern taucht darin

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