Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie
schöneres, Mrs. Galloway. Eins mit Blumen vorn drauf, wie Sie es so gern haben. Ich hab im Einkaufszentrum eins gesehen. Es steht Ihnen bestimmt ganz wunderbar.«
Ein breites Lächeln verzerrt das Gesicht der Alten.
»Du bist ein braves Mädchen, Holly Amber Habscomb.«
»Danke.«
Die Alte geht davon. Holly wendet sich dem Haus zu. Sie runzelt die Stirn. Wie sonderbar! Jetzt sieht es aus, als sei das Dach in Ordnung und als habe man die Fenster gerade erneuert. Sie zuckt die Achseln und schaukelt weiter. Sie denkt an ihre Geschenke. Sie weiß nicht mehr, was die Mutter für sie gekauft hat. Sie lächelt. Sie kann es gar nicht wissen, denn es soll eine Überraschung sein.
Ein scharrendes Geräusch. Holly kneift die Augen gegen das grelle Licht der Sonne zusammen. Eine füllige Frau in einem gelben Kleid hat den Perlenvorhang an der Haustür beiseitegeschoben und steht jetzt oben auf der Treppe. Ihr Kleid hat einen Winkelhaken, und es sieht ganz so aus, als hätte man ihr einen Teil der Haare ausgerissen.
»Bist du das, Mama?«
Die füllige Frau fährt zusammen. Dann scheint sie Holly auf der Schaukel zu sehen. Sie lächelt.
»Natürlich, mein Schatz. Wer sollte ich sonst sein?«
»Ich dachte, dass du im Unwetter umgekommen bist.«
»Weißt du, mein Schatz, eine Mutter stirbt nie. Stimmt doch, Irv?«
Sie wendet sich einer Gestalt in einer Latzhose zu, die jetzt aus dem Haus tritt und auf der Treppe stehen bleibt. Der Hals des Mannes sieht übel aus, und dicke Blut krusten bedecken sein Gesicht.
»Hallo Papa, geht es dir gut?«
»Ach ja, Fröschchen.«
»In Hochform?«
»In Hochform.«
Das Knarren des Seils auf dem Ast der Ulme. Das Gras um die schaukelnde Holly herum wird rötlich braun.
»Sag mal, Papa.«
»Ja?«
»Wie atmest du eigentlich mit deinem Hals, der so dick ist wie eine Wassermelone?«
»Ich atme nicht mehr, Schätzchen. Ich brauch das nicht mehr. Ist doch toll, was?«
»Du meinst cool?«
»Ja, es ist cool. Kommst du deinen Kuchen essen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Ich warte auf meine Freundinnen.«
Die füllige Frau im gelben Kleid lächelt, während sie die Gestalt in der Latzhose freundlich, aber bestimmt ins Haus zurückschiebt.
»Die sind doch schon vor einer Stunde gekommen. Sie fragen sich die ganze Zeit, was du ganz allein hier draußen auf der Schaukel treibst.«
Holly hebt den Blick zu den Fenstern im ersten Stock, aus denen jetzt Lachen und Musik dringen. Sie runzelt erneut die Stirn.
»Ist Jessica auch da?«
»Natürlich. Ihr wolltet euch gerade schminken, als sie
aus Versehen etwas Nagellack auf dem Teppichboden deines Zimmers verschüttet hat. Daraufhin bist du wütend rausgerannt. Jetzt schmollst du aber nicht mehr, mein Schatz?«
Holly sieht zu den Gesichtern hin, die am Fenster ihres Zimmers erscheinen. Da ist Jessica mit einer blutenden Wunde im Gesicht, die ihr bis zum Kinn reicht, Amber, die sich auf der noch existierenden Hälfte des Kopfes ihre Haare zu frisieren versucht, außerdem das kleine Biest Megan, deren schönes weißes Kleid voll Blut ist und die aus leeren Augenhöhlen zu ihr hersieht. All ihre Freundinnen sind da. Holly hat aufgehört zu schaukeln. Als sie von dem Reifen herunterspringen will, fangen die Gesichter an zu fauchen und an der Scheibe zu kratzen, während sich das Gartentor knarrend öffnet. Vier blendend aussehende Jungen kommen herein. Die drei vordersten haben weizenblonde Haare und strahlend blaue Augen. Der letzte, der sich ein wenig im Hintergrund hält, trägt Shorts und hat schwarze Haare. Als er ihr zulächelt, spürt Holly, wie ihr Herz schneller schlägt. Sie hat wieder angefangen zu schaukeln. Sie fragt die blonden Jungen, die am Rand des verbrannten Graskreises stehen geblieben sind: »Wer seid ihr?«
»Ich heiße Kano, der da ist Elikan und der andere mein Vetter Cyal.«
»Und der da hinten?«
»Das ist Gordon. Er ist ein bisschen schüchtern.«
»Holly? Mein Schatz? Mit wem sprichst du da?«
»Ich heiße Holly, Holly Amber Habscomb.«
»Guten Tag, Holly Amber Habscomb.«
»Kennen wir uns?«
»Ja.«
»Ihr seid aber nicht in der Klasse von Miss Banks.«
»Nein.«
»Wo geht ihr zur Schule?«
»Wir gehen nicht zur Schule.«
»Ach, kann man das?«
»Natürlich. Wir verbringen unsere Tage am Ufer von Flüssen. Das ist viel lustiger. Möchtest du mit uns kommen und am Flussufer spielen, Holly?«
»Liebend gern, aber meine Mutter bringt mich um, wenn ich das tue.«
»Die Frau da ist nicht deine Mutter,
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