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Die Brut

Titel: Die Brut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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große Schatzkiste mit Matchboxautos, Bärchen und zuckerfreien Lollies greifen dürfen, wenn sie eine Behandlung überstanden hatte.
    »Entschuldigung.« Sie war in ihre Turnschuhe geschlüpft und hatte die Klettverschlüsse zugemacht. »Wissen Sie, wo die nächsten Toiletten sind?«
    »Ich kenne mich in dem Gebäude nicht so gut aus«, sagte der Rechtsmediziner freundlich. »Aber draußen auf dem Gang finden Sie sicher eine Schwester, die Ihnen helfen kann.«
    Tessa griff nach ihrer Handtasche. »Ich bin gleich wieder da.«
    Kommissar Kramer löste sich aus seiner entspannten Wartehaltung. »Wenn Sie wollen, können wir uns auch unten im Foyer treffen, ich bin gleich fertig.«
    »Gut.« Tessa klemmte ihre Handtasche fest unter den linken Arm. »Dann bis gleich.«
    »Auf Wiedersehen.« Sie reichte dem schönen Rechtsmediziner die Hand.
    Das Licht, das durch die schmalen Fenster hereinfiel, war hell genug, dass sie den Spieluhrmond, der über dem leeren Gitterbett hing, sehen konnte. Die Bettstäbe zeichneten scharfe Linien auf den Boden. Von der Wickelkommode kam der Geruch von Babytüchern und -ölen. Tessa griff nach dem Knopf am unteren Ende des Mondes und zog die Schnur heraus. Vielleicht hätte Victor den Mond noch lieben gelernt. Tessa begann die Melodie mitzusummen, um sich von dem Schmerz abzulenken, der in ihrer Kehle brannte.
    Sie hörte, wie sich die Tür leise öffnete. Sebastian blieb stehen, als wolle er ein
oh Entschuldigung
murmeln und sich mit gesenktem Kopf zurückziehen, wie man es tat, wenn man bei fremden Leuten die Tür zum Badezimmer öffnete und jemanden überraschte.
    Tessa rutschte vom Gitterbett weg und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. »Was meinst du?«, flüsterte sie. »Ob wir das Zimmer gelb streichen sollen? Ich habe das Gefühl, Gelb ist Victors Lieblingsfarbe geworden.«
    Sebastian setzte sich zu ihr auf den Boden, auch er lehnte den Rücken gegen die Wand, unsicher, ob er Tessa berühren sollte oder nicht. »Ja«, sagte er. »Das wäre sicher schön.«
    Die Spieluhr hatte aufgehört.
    »Verrückt, dass mir das ausgerechnet jetzt wieder einfällt«, sagte Sebastian. »All die Jahre hatte ich das vergessen.«
    Er starrte an die gegenüberliegende Wand.
    »In meinem Kinderzimmer im Tessin war eine gemusterte Tapete. Eine altmodische mit Bällen und Schaukelpferden und Kreiseln drauf. Wenn ich nicht schlafen konnte, habe ich immer angefangen, die Stellen zu suchen, wo sich das Muster wiederholt. Schaukelpferd, Teddy, Ball. Schaukelpferd, Teddy, Ball. Ich dachte, ich könnte auf diese Weise einfacher zählen, wie viele Schaukelpferde, Teddys und Bälle es sind.«
    Tessa griff nach seiner Hand. Er erwiderte ihren Druck, aber es lag keine Kraft darin. Sebastian und sie waren in den letzten vierundzwanzig Stunden auseinander gefallen wie ein alter Stuhl, auf den sich jemand zu Schweres gesetzt hatte.
    »Es war ein Fehler, dass ich euch so viel allein gelassen habe«, redete er leise weiter.
    »Sebastian. Bitte.«
    »Ich hätte viel mehr für Victor da sein müssen … Ich war so blind … Die ganze Arbeit. Das ist jetzt alles so … so … unwichtig geworden.«
    »Du hättest auch nichts verhindern können.«
    Es gab ein langes Schweigen. Tessa spürte, dass Sebastian gleich etwas sagen würde, was er eigentlich nicht sagen wollte.
    »Kommissar Kramer hat mich heute Abend gefragt, ob du dich in letzter Zeit überfordert gefühlt hast.«
    »Überfordert?« Tessas Finger, der die letzten Minuten über Sebastians Handrücken gefahren war, hielt inne.
    »Ob du unterdrückte Aggressionen gegenüber Victor hattest.«
    »Was soll das?«
    »Es hat nichts zu bedeuten.« Sebastian fasste nach ihrer Hand, er spürte ihre Starre, zog die Hand wieder zurück und wühlte in seinen Haaren, als wären die richtigen Worte dort verborgen. »Kramer wollte doch nur ausschließen … Für sich … Dass du selbst … Dass du … Er hat nur gefragt, was er fragen muss … Er … Ich habe ihm gesagt, dass du die beste Mutter bist, die Victor haben kann.«
    »Was wollte Kommissar Kramer ausschließen?«
    »Tessa, bitte!«
    »
Was wollte Kommissar Kramer ausschließen

    »Tessa!«
    Sebastian warf sich in ihren Schoß und weinte. »Tessa, bitte!«
    Sie machte Anstalten aufzustehen. »Ich muss die Katze füttern.«
    »Tessa … Bitte …« Sebastian klammerte sich mit aller Kraft an sie. »Ich hätte dir nichts davon sagen sollen. Es war rücksichtslos von mir …«
    Wie ein Tornado, den sie zu spät

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