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Die Brut

Titel: Die Brut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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müssen das doch auch spüren!«
    Tessa hörte die Schreie der Frau noch, nachdem der Sicherheitsdienst sie aus dem Studio entfernt hatte. Mit entspannter Miene wandte sie sich wieder ihrem Gast zu.
    »Haben Sie Angst, dass dieser Skandal Sie um die Kanzlerschaft bringen wird?«, fragte sie, obwohl nichts dergleichen auf ihrer Karteikarte stand. Und nach einem kurzen Moment des Zögerns hob Gabriele Behrens an zu erklären, warum private Entscheidungen und politische Programme zwar immer irgendwie zusammenhingen, aber letzten Endes doch nichts miteinander zu tun hatten.
    »Das war ja was.« Sebastian empfing Tessa schon an der Fahrstuhltür. Er drückte sie an sich. »Du Tapfere.«
    »Du hast geschaut?«
    »Selbstverständlich. Mit Victor. Ich soll dir ausrichten, dass er sehr stolz auf seine Mama ist.«
    Tessa lachte. »Wenn’s heftig kommt, dann gleich doppelt.«
    »Ich finde, du warst absolut souverän.«
    »Purer Überlebensinstinkt. War mit Victor alles in Ordnung?«
    Sebastian nahm ihr den Kleidersack ab und hängte ihn an einen der Garderobenhaken.
    »Katharina hat mir gezeigt, wie ich ihm richtig das Fläschchen gebe. Ich glaube, das ist eine gute Idee mit der Pumpe.«
    Tessa gab Sebastian einen Kuss und ging ins Kinderzimmer, um nach Victor zu schauen. Er lag im Stubenwagen, an den er nun mit Kopf und Füßen fast anstieß. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, das pummelige Kinn gereckt. Er sah aus, als ob er über eine schwierige Entscheidung nachdachte. Tessa streichelte vorsichtig die eine Faust und schob ihm Attilas Butzebär unter den Arm.
    Sebastian saß auf dem großen Filzsofa im Wohnbereich. Er legte das Buch, in dem er geblättert hatte, sofort weg, als Tessa kam.
    »Was Spannendes?«
    »Nur Gedichte.«
    Tessa kuschelte sich gegen die andere Lehne des Sofas und streckte Sebastian ihre Füße hin. Er begann, ihre Zehen zu massieren.
    »Ich glaube, es war ein kluger Schachzug von der Behrens, in die Sendung zu kommen«, sagte sie. »Die Stimmung im Publikum ist immer mehr zu ihren Gunsten gekippt – vielleicht rettet es ihr doch den Kopf.«
    »Ist die ganze Geschichte nicht ohnehin absurd? Mein Gott, dann hat sie ihr Kind vor dreißig Jahren eben weggegeben. Politiker treffen jeden Tag Entscheidungen, die verantwortungsloser sind.«
    »Sagt der Mann, der darauf besteht, dass wir unseren Sohn taufen.«
    Sebastian zwickte sie in den großen Zeh.
    Tessa schwang ihre Füße vom Sofa. »Ich hol mir noch einen Eistee.«
    »Ich hol ihn dir.«
    »Lass nur, ich bin froh, wenn ich mich ein wenig bewegen kann.«
    Als sie den Kühlschrank öffnete, fiel ihr Blick auf das Fläschchen. Die weißlich-graue Flüssigkeit sah verdorben aus, eine dicke gelbe Schicht hatte sich oben abgesetzt.
    »Sebastian!«
    Die Milch, die sie heute Nachmittag dann schließlich doch abgepumpt hatte, war schlecht. Ihr Sohn war lieber hungrig ins Bett gegangen, als ihre Milch zu trinken.
    »Ja.«
    »Hat Katharina etwas gesagt, wieso sie Victor das zweite Fläschchen nicht gegeben hat?«
    »Nein. Wieso?«
    Tessa nahm das Fläschchen aus dem Kühlschrank, trug es mit gestrecktem Arm zur Spüle, hielt die Luft an, schraubte den Deckel ab und schüttete die schlechte Milch in den Ausguss. Sie hatte versagt. Jede Kuh, jedes Tier konnte sein Junges füttern.
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Ich komme gleich.« Sie versuchte die Tränen zurückzuzwingen, die ihr in die Augen geschossen waren. Es konnte nicht sein. Vielleicht hatte es einen Stromausfall gegeben. Vielleicht hatte Katharina das Fläschchen zu lange draußen stehen lassen und es erst, als sie gegangen war, wieder zurück in den Kühlschrank getan. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass es mit dem Abpumpen nicht gut gehen würde. Vielleicht hatte sie das Gerät nicht richtig ausgekocht.
    »Wolltest du dir nicht einen Eistee holen?«
    Erst, als sie wieder im Wohnbereich war, merkte Tessa, dass sie mit leeren Händen zurückgekommen war.
    »Du warst so phantastisch heute Abend.« Sebastian schaute sie an, und in seinem Blick lag so viel Liebe, dass ihr schwindlig wurde.
    »Weil es nicht mehr geht.«
    Zwei Paar slawische Augenbrauen bildeten einen düsteren Balken.
    »Warum pumpst du nicht weiter ab?«, fragte Elena vorwurfsvoll. Tessa fand es lächerlich, dass Katharina zu diesem Gespräch ihre ältere Schwester mitgebracht hatte.
    »Victor ist im vierten Monat. Da ist es kein Verbrechen abzustillen.«
    »Aber nicht so plötzlich. Damit schadest du nicht nur ihm, sondern deiner

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