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Die Brut

Titel: Die Brut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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freigeschluckt hatte. »Die hatte doch nie eine Chance. Ich fand auch, dass es ein starker Auftritt war. Und überhaupt war der ganze Skandal doch panne. Die wollten nicht, dass sie Kanzlerin wird. So oder so.«
    »Wer ist
die

    »Die Jungs in ihrer eigenen Partei. Die Sozis. Alle.«
    Tessa runzelte die Stirn und schüttelte wieder den Kopf, unzufrieden mit der Antwort, die Ben gegeben hatte. »Selbst wenn die Adoptionsgeschichte nur der willkommene Vorwand war, sie loszuwerden – du hast doch miterlebt, wie sehr die Leute sie in der Sendung geliebt haben. Fünfhundert, sechshundert – wie viele positive Zuschauerreaktionen haben wir gekriegt? Sie hätte nicht zurücktreten müssen.«
    »Das ist vielleicht euer Problem«, sagte Ben und schaute Tessa mit einem vorsichtigen Lächeln an. »Frauen sind zu anständig für das schmutzige Spiel.«
    »Quatsch. Sie hätte einfach durchhalten müssen. Sie hätte Kanzlerin werden können.«
    »Du bist wirklich ganz sicher, dass du nichts mehr willst?« Ben griff nach dem zweiten Stück Pizza, das noch auf dem Teller lag. »Letzte Chance.«
    Tessa verspürte eine leichte Übelkeit, einen leichten Schwindel, beides nicht unangenehm. Einen Moment sah sie, wie sie sich auf dem Sofa ausstreckte, ihren Kopf in Bens Schoß legte und sich von ihm so lange streicheln ließ, bis sie einschlief. Sebastian hatte heute Abend noch nicht angerufen. Wahrscheinlich war er immer noch am Set. Gestern hätte um Mitternacht Drehschluss sein sollen. Um kurz nach drei hatte er von seinem Hotel aus auf ihre Mailbox gesprochen.
    »Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst.«
    Ben schaute sie an, zwischen zwei Bissen.
    »Wenn du fertig gegessen hast.« Tessa lächelte. Er war so jung. So zart. Es wäre so einfach, die Nacht mit ihm zu verbringen. Noch nie hatte sie mit einem Mann geschlafen, der sechs Jahre jünger war als sie.
    »Sorry. Das war echt blöd, was ich da eben gesagt habe.«
    Tessa hob freundlich die Augenbrauen.
    »Das mit euch Frauen.«
    Sie lachte laut. »Das hat doch damit nichts zu tun. Ich bin einfach todmüde jetzt.« Die ganze Zeit war sie Sebastian treu gewesen. Wie viel Energie würde es ihr jetzt geben, sich neu zu verlieben. Einfach mit jemandem zu schlafen, ohne dass es etwas bedeutete. Die Nacht genießen wie einen Bonus-Track. Sie würde morgen aufstehen und den Tag, vielleicht sogar eine Woche, einen Monat lächelnd durch die Welt gehen, getragen vom Kitzel der ersten Verführung. Vom Kitzel, der schneller verblasste als ein Farbfoto auf der Fensterbank.
    »Du weißt, dass ich nicht schwul bin«, sagte Ben leise.
    Sie lachte abermals. »Ben, bitte.«
    Er wurde noch röter. »Ich dachte nur, wegen der Geschichte mit dem Strauß, bei deiner Hochzeit. Und weil Attila immer so blöde –«
    »Ist schon okay. Soll ich dir ein Taxi rufen?«
    »Du bist wirklich sicher, dass ich dich allein lassen kann?« Ben riss große Stücke aus der Pizza, schlang sie hinunter.
    »Ich bin wieder in Ordnung.«
    Unter dem Hemd würde sie gebräunte Haut finden, zart und irgendwie feucht, gewölbte Muskeln, einen flachen Bauch. Er würde riechen, wie die Jungs damals am Baggersee gerochen hatten, die Jungs aus der Clique, ein bisschen nach Schweiß, ein bisschen nach Rudel, ein bisschen nach Bewegung an der frischen Luft. Sie würde sich fühlen wie damals, als sie die Spiele der anderen mitgespielt hatte. Als sie zu jung gewesen war, sie zu verachten.
    Victor … Bitte … Iss doch …«
    Der Löffel, der auf dem Hochstuhl gelegen hatte, flog in wütendem Bogen über den Tisch.
    »Schmeckt dir der Brei nicht? Möchtest du lieber einen anderen Brei haben?«
    Victors Gesicht war krebsrot angelaufen, Lackmuspapier seines Zorns. Tessa ging in die Küche, stellte das angefangene Spinat-Gläschen in die Spüle und öffnete den Schrank, in dem die Babynahrung stand. Vanille-Grieß-Abendbrei. Frühkartoffeln mit Karotten. Kalbfleisch-Gemüse-Nudeln. Das ganze Heer von Püriertem und Zerkochtem. Tessa nahm ein Gläschen Abendbrei mit Keks heraus und stellte es in das Wasserbad, das sie zum Erwärmen der Fläschchen und Gläschen gekauft hatten. Victor hörte nicht auf zu schreien.
    »Sshhh … Ist ja gut … Schau mal, ich mache dir den Keks-Brei warm, das ist doch dein Lieblingsbrei … Sshhh …«
    Victor wurde still, als sie mit dem neuen Gläschen zu seinem Hochstuhl zurückkam.
    »Ist das lecker? … Ja, das ist lecker …«
    Er schluckte den ersten Löffel, schaute sie an, seine großen

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