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Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Titel: Die Buchmagier: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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mit einem Eselsohr markiert hatte.
    Kaum hatten wir den Vordereingang erreicht, klingelte es. Lena ergriff einen ihrer Bokken mit beiden Händen, während ich mein Buch überflog und dann zum Fenster hinausschaute.
    Ich bezweifelte, dass Vampire so offensichtlich vorgehen würden, aber nach den gestrigen Erlebnissen wollte ich kein Risiko eingehen. Beim Anblick von Deb DeGeorge, die ungeduldig auf der Veranda stand, entspannte ich mich. »Mach auf.«
    Lena schloss die Tür auf, und Deb kam herein. »Ah, gut!«, sagte sie. »Du bist noch am Leben!«
    Ich schnaubte. »Ich freue mich auch, dich zu sehen.«
    Deb war Anfang vierzig; ihr graues Haar war spielerisch kurz geschnitten, und in jedem Ohr glitzerte ein Trio von Silberringen. Ich hatte sie nie eine andere Farbe als Schwarz tragen sehen, und das heutige Outfit stellte keine Ausnahme dar: oberschenkellange schwarze Jacke über einem passenden Hemd und einem langen Rock.
    Sie umarmte mich schnell, bevor sie aufs Wohnzimmer zuging. Ihr Atem roch nach Kaugummi und Mundwasser. Beim Anblick der Bücher, die sich über den Beistelltisch ergossen und auf dem Boden ausbreiteten, rümpfte sie die Nase.
    »Fang erst gar nicht an!«, sagte ich und warf den Heinlein auf den nächstgelegenen Stapel.
    »Ich habe nichts gesagt.«
    »Brauchst du auch nicht.« Ich deutete mit dem Finger auf die Bücher. »Du musst wissen, dass ich ein hochraffiniertes, wenn auch unorthodoxes Katalogisierungssystem entwickelt habe.«
    Deb fuhr mit der Hand über die Regale und schnalzte mit der Zunge. »So viele Bücher und keine Sachliteratur? Keine Biografien oder Geschichtswerke?«
    »Bürobibliothek, Miss Hochnäsig. Nur weil du keine Fantasie hast, heißt das nicht, dass wir Übrigen uns auf verstaubte alte Fachbücher beschränken müssen.«
    Debs erste Liebe war schon immer die Geschichtswissenschaft gewesen. Wo ich in einen Sci-Fi-Thriller greifen und eine Strahlenkanone herausziehen konnte, war sie imstande, Artefakte von unschätzbarem Wert aus dreihundert Jahre alten Texten hervorzuholen. Gerüchten zufolge hatten die Pförtner sie im Alter von sechzehn Jahren rekrutiert, nachdem sie erfolgreich eine Kopie des Sterns von Bombay verkauft hatte; ein hundertzweiundachtzigkarätiger Sternsaphir, der gegenwärtig im Smithsonian untergebracht war.
    Ich zog meine Laser und Zauberschwerter vor.
    Debs Augen waren verquollen, und sie bewegte sich mit einer kaum kontrollierten fieberhaften Energie, die vermuten ließ, dass sie entweder vor Kurzem gezaubert oder eine Überdosis Koffein zu sich genommen hatte. Wie ich sie kannte, wahrscheinlich beides.
    Sie musterte mich ihrerseits. »Das sind ein paar üble Blutergüsse.«
    Ich betastete meinen Hals. Gestern nach der Arbeit war es mir gelungen, die Stellen mit dem Kragen zu verdecken, aber der Bademantel ließ die Quetschungen und Schrammen sehen, die ich Mel und ihren Lakaien zu verdanken hatte. »Du solltest meine Gegner sehen!«
    Diesen Moment erkor mein Magen, um ein lautes Knurren von sich zu geben, was mir immerhin einen mitfühlenden Blick von Deb einbrachte. Zauberei verbrauchte eine Menge Energie, aber sie verdarb einem den Appetit. Selbst Stunden später rief der Gedanke an Essen leichte Übelkeit in mir hervor. Zauberei war ein großartiger Gewichtsverlustplan, aber wie jeder Arzt einem sagen konnte, war es eine schlechte Idee, zu viel Gewicht zu schnell zu verlieren. Es waren schon Magieanwender an Unterernährung gestorben. Bis zum Ende meiner Zeit im Außendienst war ich auf hundertzwanzig Pfund abgemagert. Ich hatte gelbe und brüchige Nägel bekommen, mein Blutdruck war gefährlich niedrig und mir die ganze Zeit kalt gewesen.
    »Was geht hier vor sich, Deb?«, fragte ich.
    Sie ließ sich in den Sessel sinken. »Ich wäre schon eher hierhergekommen, aber es hat noch einen weiteren Angriff gegeben.«
    Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst. »Wer?«
    »Nicht wer.« Gefühlsbewegung ließ ihre Worte rau werden. »Gegen elf Uhr gestern Abend ist die Bibliothek der Michigan State University abgebrannt.« Ihr Blick begegnete meinem und teilte einen Schmerz, den nur wenige andere verstanden hätten.
    Ihre Worte beseitigten den letzten Rest von Müdigkeit. »Wie schlimm?«
    »Alles.«
    »Wieso sollten Vampire es auf eine Bibliothek abgesehen haben?«, warf Lena ein.
    »Weil in der MSU-Bibliothek das regionale Archiv für die Pförtner untergebracht war«, erwiderte ich wie betäubt. So viele Bücher … so viel Wissen. »Sind irgendwelche

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