Die Buchmagier: Roman (German Edition)
dachten, ich litte am Stockholm-Syndrom. Sie wussten, dass ich magisch war, aber meine Ursprünge entdeckten wir erst später. Bis dahin … hatte ich schon so viel Zeit mit ihr verbracht.«
Ich schaute Lena an, das schwarze Haar, die braune Haut. »Du und Doktor Shah?«
»Wir waren neun Jahre lang ein Liebespaar.«
Meine geistige Kupplung schleifte und würgte mir den Verstand ab, als ich versuchte, diese Information in mein Bild von Doktor Shah einzuarbeiten.
»Du kennst sie nur als Therapeutin«, fuhr Lena fort. »Würdest du ihr einmal außerhalb ihres Büros begegnen, würdest du sie wahrscheinlich mögen. Sie hat auch ein bisschen was Kauziges an sich.«
»Was willst du damit sagen, auch? «, fragte ich, aber mit dem Herzen war ich nicht bei diesem Geplänkel.
»Als Heranwachsende las Nidhi gern Comics, besonders She-Hulk und Tank Girl. Diese Fantasien halfen, mich zu formen. Die Nymphen des Neptun waren fähige Kriegerinnen, und es gab jede Menge Szenen, wo wir zum Ergötzen von Männern gegen unsere Schwestern kämpften. Ich lernte, für einen besseren Zweck zu kämpfen.« Sie zuckte die Schulter. »Es hätte schlimmer sein können. Ich bin schlau, stark und nahezu unzerstörbar.«
Da sie aus einer Eichel geboren worden war, hatte sie den Schock des Übergangs nicht so erlebt, wie es bei einer von Anfang an vollständig ausgearbeiteten Figur vielleicht der Fall gewesen wäre. Ich vermutete, dass ihre Natur ihr ebenso half, genau wie es bei Klecks der Fall gewesen war. Wahrscheinlich hatten sowohl Frank Dearing als auch Doktor Shah eine geistig gesunde Geliebte gewollt, und Lena war von diesen Wünschen geformt worden. »Ist es Stärke, wenn man existiert, um jemand anderes Fantasien wahr werden zu lassen?«
Sie beugte und streckte einen Arm. »Ich mach dir einen Vorschlag: Lass uns Armdrücken, und dann kannst du mir sagen, ob diese Stärke real ist!« Ihre Worte waren scherzhaft, aber gedämpft.
»Das erklärt nicht, weshalb du meine Akte gelesen hast. Weshalb du zu mir gekommen bist.« Meine Wut auf Lena war verflogen und hatte Verwirrung Platz gemacht. Ihre Athletik, ihre Energie, ihr Sinn für Humor, alles, was ich an ihr so anziehend gefunden hatte – waren diese Dinge nur ein Resultat dessen, wie ihre Rasse geschrieben worden war?
»Denk mal nach, Isaac. Meine Geliebte wurde von Vampiren entführt. Falls sie nicht tot ist, falls sie sie umdrehen wie deine Freundin Deb … Ihre Wünsche definieren mich, Isaac.«
»Und du kannst deine Geliebten nicht zurückweisen. Also brauchst du …« Um ein Haar wäre ich von der Straße abgekommen.
»Normalerweise bist du nicht so schwer von Begriff«, bemerkte Lena.
»Du willst, dass ich dein nächster Besitzer werde?« Rote Funken knisterten auf Klecks’ Rücken, entweder wegen der Wut in meinen Worten oder als Reaktion auf meinen Fahrstil.
»Ich wusste, dass du dich zu mir hingezogen fühlst, schon als wir uns früher begegnet sind. Du wusstet meinen Körper zu schätzen, aber du mochtest auch mich . Deine Akte bestätigte, dass du einen guten Partner abgeben würdest.«
»Und du findest nicht, dass du mich in diesen Plan hättest einweihen sollen?«
»Tut mir leid, aber ich wurde ein wenig abgelenkt, als ich deinen Arsch vor den Funklern retten musste.«
»Lena, ich kann doch nicht …«
»Nidhi befand sich auch im Konflikt, als sie die Wahrheit über mich erfuhr. So bin ich eben; ich kann es nicht ändern. Und es gibt eine Menge Leute da draußen, die … na ja, deren Fantasien sind nicht gerade etwas, zu dem ich jemals werden möchte.«
Ich konnte mir nicht einmal darüber klar werden, auf wen ich eigentlich wütend war. Welcher Schmierfink Lenas Buch auch geschrieben hatte, er konnte nicht wissen, was er erschuf. So wie es sich anhörte, war der, der die Eichel aus ihrem Buch gezogen hatte, ein unausgebildeter Amateur gewesen. Warum hätte er sie sonst im Wald liegen lassen sollen? Und was Lena selbst betraf, sie versuchte einfach, zu überleben, eine wie auch immer geartete Kontrolle darüber zu erlangen, was aus ihr werden würde.
Von allen Wesen, die sie in ihrer Zeit mit Doktor Shah kennengelernt hatte, hatte sie mich ausgewählt. Sie vertraute mir ihr Leben und ihr Selbst an, die Person, die aus ihr werden würde.
Ich dachte an ihren Widerwillen zu töten zurück, wie sie Vampire als Opfer der Zauberei beschrieben hatte, geformt und definiert durch ihre magische Natur. »Es tut mir leid.«
Das Schweigen, mit dem sie mir antwortete,
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