Die Buchmagier: Roman (German Edition)
Leon schürzte die Lippen. »Haben die Pförtner irgendwelche Hinweise?«
»Keine Ahnung.« Ich hatte Pallas noch einmal angerufen, als wir vor einer Stunde zum Tanken angehalten hatten. Sie war nicht drangegangen, aber ihre Mailbox-Nachricht hatte gesagt: › Isaac, check ein, und lass uns wissen, was du in East Lansing findest.‹ Als Lena dieselbe Nummer anrief, bekam sie eine allgemeine Aufforderung, eine Nachricht zu hinterlassen, also war es Pallas offenbar gelungen, neue Wege zu finden, denjenigen zu umgehen, der sich in die Kommunikationssysteme der Pförtner gehackt hatte. Es war nicht das, was ich erwartet hatte, aber wenn sie mir die stillschweigende Erlaubnis gab, weiter herumzuschnüffeln, wollte ich nicht darüber diskutieren. »Die Vampire glauben, dass Gutenberg hinter allem steckt, dass er gegen sie arbeitet.«
»Zu welchem Zweck?« De Leon faltete die Hände vorm Kinn. »Johannes würde die Pförtner nicht einfach verlassen. Er hat zu viel investiert. Er ist sehr besitzergreifend, was seine Schöpfungen betrifft.«
»Wer hätte sonst die Macht, ihn zu eliminieren und die Kontrolle über seine Automaten an sich zu reißen?« Ich schluckte und fügte dann hinzu: »Abgesehen von dir?«
Er winkte ab. »Ich habe versucht, die Geheimnisse von Johannes’ mechanischen Golems zu entschlüsseln. Es ist mir nicht gelungen. Gutenberg hasst sie, musst du wissen. Ein leidenschaftlicher, brennender Hass, und doch braucht er sie.«
»Könnten sie sich gegen ihn gewandt haben?«, warf Lena ein.
De Leon blinzelte. »Interessant … aber nein, das glaube ich nicht. Ihre Loyalität zu Gutenberg ist ihnen direkt ins Innerste gezaubert.«
»Ich nehme an, du hast versucht, ihn zu finden?«, fragte ich.
»Selbstverständlich. Aber meine Hilfsmittel sind begrenzt. Paradox, nicht wahr? Wenn Johannes mich nicht nach Spanien verbannt und dazu verdammt hätte, innerhalb der Landesgrenzen zu bleiben, wäre ich vielleicht besser darauf vorbereitet, bei der Suche nach ihm zu helfen. Ich kann bestätigen, dass er am Leben ist und dass er so menschlich ist wie immer. Das ist alles, was ich weiß.«
Falls also Vampire im Spiel waren, hatten sie Gutenberg noch nicht umgedreht, hieß das. Das war immerhin mehr, als uns vorher bekannt gewesen war. »Falls das Ganze sich als der Beginn eines totalen Kriegs zwischen Vampiren und Menschen entpuppt, was wirst du dann tun? Auf wessen Seite wirst du dich stellen?«
Seine Mundwinkel zuckten. »Ich schlage vor, du findest Gutenberg, und zwar schnell!«
»Die Pförtner sind –«
»Die Pförtner haben ihre eigenen Probleme, mit denen sie fertigwerden müssen.« Mit einem Lächeln, das ausgereicht hätte, einen tollwütigen Hippogreifen zu berücken, beugte er sich näher heran. »Du weißt ja, wie du mich erreichen kannst, Isaac. Falls dies die Auflösung von Johannes’ kleinem Klub markiert, dann wirst du alle Verbündeten brauchen können, die du kriegen kannst!«
Seine Visage löste sich in Rauch auf, bevor ich mir die sicherste Art einer Erwiderung ausdenken konnte. In geduckter Haltung krabbelte Klecks auf seinen Dreifuß auf dem Armaturenbrett zurück.
Lena öffnete das Fenster, um Klecks’ Geruch nach verbranntem Staub herausziehen zu lassen. »Ist er tatsächlich derjenige, der zu sein er behauptet?«
»Jau. Er war Entdecker im Dienste der spanischen Krone.« Ich steuerte an dem verdammten Kombi vorbei, drückte aufs Gas und raste über den Highway. »Insoweit stimmen die Geschichtsbücher. Aber er war auch ein Zauberer. Im Jahre 1521 schoss man ihm einen vergifteten Pfeil in den Oberschenkel. Er segelte nach Kuba, wo er den nächsten Monat damit zubrachte, mithilfe seiner Magie das Gift zu bekämpfen. Er erzeugte einen Trank, indem er den Saft des Manzanilla de la muerte mit dem Wasser einer Zauberquelle mischte.«
»Der Jungbrunnen?«
»Nach dem, was man mir erzählt hat, war es eher die Jungschlammpfütze, aber ja. Es rettete ihm das Leben, aber der Schaden blieb. Möglicherweise beinhaltete das Gift eine magische Komponente. Seit jenem Tag hinkt er jedenfalls.«
»Meinst du, er könnte etwas mit den Angriffen oder Gutenbergs Verschwinden zu tun haben?«
»In den Jahrzehnten, seit Gutenberg ihn verbannt hat, hat er sich ziemlich ruhig verhalten.« Vielleicht hatte er von Spanien aus die Fäden gezogen, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass er die Wahrheit gesagt hatte. »Aber auch wenn er bis jetzt nichts mit der Sache zu tun hatte, wird er nicht zögern, seinen
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