Die Buchmagier: Roman (German Edition)
Jugendlichen war es gelungen, den Geist von Ford persönlich zu beschwören. Klecks und ich krochen durch die Entlüftungsschächte hinein.« Ich nahm Lenas Arm und zog sie näher zu mir. »Du solltest dich besser hinter mich stellen.«
Sie schlang die Arme um meine Hüften. »Etwa so?«
»Das ist gut.« Die Tonlage, in der diese Worte herauskamen, war ein bisschen höher als beabsichtigt. Ihr Atem kitzelte mich am linken Ohr. Ich spürte, wie ihre Hüften und Brüste gegen meinen Rücken drückten; ihre Hände lagen auf meinem Bauch, direkt über den Knöpfen meiner Jeans.
»Was jetzt?«, flüsterte sie.
Das war der Moment, wo Klecks mehrere Schlingen aus klebriger Seide um uns zu spinnen begann.
»Das soll uns nur helfen, auf seinem Rücken zu bleiben.« Die Fäden erinnerten mich an Schnüre aus Gummizement, elastisch und klebrig, aber stark. Ich fühlte, wie Lena sich mit jeder Schlinge mehr anspannte. »Hast du gewusst, dass Spinnen verschiedene Arten von Seide erzeugen können?«, fragte ich. »Sie benutzen Fäden unterschiedlicher Stärke und Klebrigkeit und, in Klecks’ Fall, Entflammbarkeit.«
»Das ist ja so beruhigend!« Sie legte die Arme fester um mich. »Wie lange hast du gebraucht, um ihm beizubringen, einen Reiter zu tragen?«
»Hab ich eigentlich gar nicht.« Ich schloss die Augen, als ich an den Bericht dachte, den ich Pallas kurz nach der Erschaffung Klecks’ geschickt hatte. »Er hat es einfach … begriffen . Er wurde so geschrieben, dass er denjenigen hilft, die ihm etwas bedeuten. Ich glaube, die Tatsache, dass er ein Produkt meiner Zauberei ist, verleiht ihm eine zusätzliche Vertrautheit mit meinem Verstand. Die scheint es ihm leichter zu machen, zu verstehen, was ich brauche.« Leider funktionierte diese Art des Verständnisses nicht in beide Richtungen.
Sobald Klecks fertig war, wich er zurück, drehte sich im Kreis und wickelte mehr Seide auf seinen eigenen Körper. Danach stieg ich auf den schmalen Teil, wo sein Thorax auf das Abdomen traf. »Auf drei?«
Ich zählte, und gemeinsam schwangen wir die Beine vorsichtig über Klecks Rücken. Wäre Klecks eine echte Tarantel gewesen, hätte uns das völlig durchlöchert, aber seine Borsten waren dick und stumpf. Ich versuchte, nicht daran zu denken, was passieren würde, falls diese Borsten sich erhitzten.
»Beug dich nach vorn!«, sagte ich und drückte mich selbst herunter, bis die Seide um uns herum mit den Fäden, die er um sich selbst gewickelt hatte, verklebte und uns festleimte. Ich schob die Arme durch eine Schlinge. Nachdem unsere provisorischen Gurte saßen, übte ich sanften Druck mit den Beinen aus, woraufhin Klecks zur Tür hinauskletterte.
»Wie lenkst du ihn?«
Grinsend nahm ich einen kleinen Laserpointer aus der Hosentasche. Ich projizierte einen grünen Punkt auf den Boden, und Klecks kraxelte los. »Rote Laser funktionieren nicht. Ich glaube, das Grün erinnert ihn an Glühwürmchen.«
Lena legte das Kinn auf meine Schulter. Ihre Bokken stießen mir in die Rippen, als wir durch die Schatten ritten. »Und was passiert, wenn ihn etwas erschrickt?«
»Daran will ich lieber nicht denken.« Wir krabbelten über kaputte Zementstufen, schlichen durch Risse und Schutt, bis wir den Rand des Fundamentes der Bibliothek erreichten. Klecks wurde wärmer, aber bis jetzt war das nur eine schwache, nervöse Wärme. Die Vorstellung, dort reinzugehen, wo wer weiß wie viele Tonnen zerstörter Bibliothek darauf warteten, uns zu zerquetschen – ganz zu schweigen von einem psychotischen Vampir –, gefiel ihm genauso wenig wie mir. »Er wird uns aber nicht verletzen.«
»Ich hoffe, dass du recht hast.« Wir kletterten über einen stählernen Doppel-T-Träger, der sich wie heißes Plastik verbogen hatte. Die Seiten des Balkens erzeugten einen engen, aber sicheren Gang tiefer in die Dunkelheit hinein. Mir lief das Blut in den Kopf, aber die Spinnenseide verhinderte, dass wir herunterfielen. Ich hielt mit einer Hand den Mantel fest, damit die Bücher nicht herausfielen. »Wenn er mir den Hintern ansteckt, werde ich dich persönlich zur Verantwortung ziehen!«
»Das kann er nicht«, entgegnete ich, wobei ich versuchte, meine Vorstellungskraft von Lenas perfektem Allerwertesten loszureißen. »Er ist seinen Gefährten gegenüber vollkommen loyal; so ist er geschrieben worden. Er mag uns ein wenig ansengen, aber er ist unfähig, uns ernsthaft wehzutun. Wie ein Computerprogramm kann er diese Regeln nicht brechen.«
Kaum hatten die
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