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Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Titel: Die Buchmagier: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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rein?«
    »Nicht direkt.« In gewisser Hinsicht wäre die Toilette dem, was mir vorschwebte, vorzuziehen gewesen.
    Unsere Ankunft hatte ein paar neugierige Blicke von den Arbeitern auf sich gezogen, aber die meisten waren zu sehr auf die Suche nach Überlebenden konzentriert, um sich um uns zu kümmern. Was die Studenten betraf: Wie viele Leute würden einen Kerl beachten, der ein Klo benutzt? Selbst wenn sie ihn nicht wieder rauskommen sahen.
    Bis Lena sich neben mich hineinzwängte, hatte ich zwei Glasflaschen mit der Aufschrift ›TRINK MICH‹ aus dem Buch erschaffen und ein Stück abgebrochenen Beton unten in den Rahmen gelegt, damit die Tür sich nicht völlig schloss. Ich ließ Klecks aus seinem Käfig, dann reichte ich Lena eine der Flaschen.
    »Weißt du, die meisten Jungs machen nicht so einen Zirkus, wenn sie allein mit einem Mädchen einen trinken wollen.« Sie beäugte die Flasche misstrauisch. »Darf ich zu fragen wagen, was da drin ist?«
    »Frag Lewis Carroll! Ich weiß nur, dass es uns helfen wird, reinzukommen, und dass es Deb zufolge großartig in Götterspeiseschnaps funktioniert.« Der Trank war eine sonderbare Mischung von Aromen, fruchtig und süß und surreal. Ich stellte Klecks auf den Plastikdeckel, als ich mitsamt Kleidern und allem zu schrumpfen begann. Bei nur noch zehn Zoll Körpergröße stabilisierte ich mich.
    Lena grinste. »Bibliothekare: jetzt auch in angenehmer Reisegröße!« Sie kippte ihren eigenen Trank und war schnell wieder auf Augenhöhe mit mir. »Und du denkst nicht, dass irgendwem ein Paar quicklebendiger Barbie-Puppen auffallen werden, die über den Schutt hüpfen?«
    »Wir sind ja auch noch nicht fertig.« Ich blätterte zu Kapitel vier des Buches. Als ich einen weiteren Akt der Zauberei vollführte, bewirkte ein fernes Raunen, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten.
    »Still, still, Kind! Alles hat seine Moral, wenn man sie nur finden kann.«
    »Was ist los?« Lena hob ihre Bokken, die jetzt beide annähernd so groß wie Zahnstocher waren.
    »Nichts. Es geht mir gut.« Ich zog einen kleinen Kuchen heraus und gab mir Mühe, die Stimmen auszublenden.
    »Aber ich mag nicht zu tollen Leuten gehen.«
    Ich schloss das Buch und stopfte es wieder in meine Tasche.
    »Du schwitzt!«, stellte Lena fest.
    Die erste Zeile war von der Herzogin; die zweite von Alice selbst. Alice im Wunderland neigte dazu, sich einem schneller in den Kopf zu stehlen als die meisten Bücher. Ich hatte eine Theorie, dass die surreale, manchmal psychedelische Natur der Geschichte die Grenzen zwischen Realität und Fantasie ausdünnte und den Gebrauch der Libriomantik erleichterte. Doch dieselbe Mühelosigkeit, mit der ich ins Wunderland griff, machte es Wunderland sehr viel einfacher, zurückzuflüstern.
    Ich verlangsamte meine Atmung und konzentrierte mich auf meine Umgebung: der üble Gestank nach menschlichen Exkrementen, das maschinelle Stampfen der Geräte draußen, die Runzeln auf Lenas Stirn, als sie mich beobachtete. Je fester ich mich in dieser Welt verankerte, desto leichter wurde es, diese Stimmen auszusperren … einstweilen.
    »Es geht mir gut«, sagte ich ruhig. »Hier, nimm dir etwas Kuchen!«
    »Was ist passiert?«
    »Nichts Ernstes, solange ich aufpasse.«
    »Du bist dem Untergang geweiht!«, sagte sie. Ihr Tonfall war spielerisch, aber Stirn und Augenwinkel waren von Sorge gezeichnet.
    Ich riss den Kuchen in zwei Stücke und stopfte mir etwas davon in den Mund. Jeder Bissen ließ mich weiter schrumpfen. Ich aß weiter, bis ich ungefähr fünf Zentimeter groß war.
    »Nicht übel«, meinte Lena beim Essen. »Ich persönlich bin allerdings mehr ein Käsekuchenmädchen.«
    Klecks kletterte auf den Boden runter und musterte uns; seine acht dunklen Augen nahmen unsere frisch verringerte Größe auf. Wir waren jetzt ungefähr alle gleich groß, aber Klecks wies beträchtlich mehr Masse auf.
    Lena spähte aus der Tür. »Uns da durchzuarbeiten wird eine Zeit lang dauern.«
    Ich schnitt eine Grimasse. »Würde es, wenn wir selber laufen müssten.«
    Lena schaute von mir auf Klecks und wieder zurück. »Du machst Witze!«
    »Ich habe es schon einmal gemacht. Er müsste sich daran erinnern.« Sosehr ich diese Spinne auch liebte, irgendein ursprünglicher Teil von mir erschauderte, als ich mich ihr näherte. Die Borsten auf ihrem Rücken waren jetzt so groß wie Bleistifte, jede einzelne ein äußerst leistungsfähiger Heizstab. »Ich musste mich mal ins Henry-Ford-Museum schleichen; ein paar

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