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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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ist das zweite Mal, dass sie lächelt, dachte er. Das erste Mal war am Morgen zuvor gewesen. Als sich herausgestellt hatte, dass die Kranke die Nacht überlebt hatte.
    Doch sofort wurde Donatas Gesicht wieder ernst. »Was meint Ihr, haben die Soldaten der Frau und dem Kind etwas getan?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht …«
    »Aber Ihr glaubt es!«, sagte sie heftig.
    »Ich weiß es nicht«, er fühlte sich plötzlich hilflos.
    Ihre Miene wurde leer. »Es ändert sich nie«, murmelte sie.
    »Was meint Ihr damit?«
    Doch sie schüttelte nur stumm und abweisend den Kopf. Auch während der restlichen kurzen Rast, während sie hastig die Äpfel aßen und das heiße Wasser tranken, zog sie sich in sich zurück und sagte nichts mehr.

    *

    Am Nachmittag desselben Tages standen Roger und Donata am verschneiten Hang oberhalb eines Dorfes. Umgeben von einer mannshohen Hecke lag es in einem schmalen Tal. Eine Hand voll Dächer duckte sich um eine kleine Kirche aus Fachwerk. Roger betrachtete Donata von der Seite. Ihr Gesicht war wieder angespannt und verriet, dass die Schmerzen in ihrem Fuß sie plagten. Er überlegte, ob er sie hier am Hang, im Schutz einer Baumgruppe, zurücklassen sollte, während er zu den Häusern hinunterging und nach einem Reittier für sie fragte. Denn falls die Soldaten irgendwann in den Ort kommen sollten, war es besser, wenn man sie nicht zusammen gesehen hatte. Er entschied sich jedoch dagegen. Sicher, sie hatte ihm geholfen und bisher keinen Versuch unternommen, ihm zu entkommen. Aber er hatte sie auch noch nie allein gelassen.
    Er wandte sich ihr zu. »Unten im Dorf … es ist am besten, wir sagen, dass ich ein wandernder Arzt bin und Ihr meine Gefährtin seid.« Einen Moment lang war er verlegen. Doch Donata nickte nur.
    Sie stützte sich auf ihn und gemeinsam schritten sie einen unebenen Pfad hinab. Aus der Umfriedung kam eine Schar Kinder, die ein Brett bei sich hatten und schwatzend und lachend den Hang auf der anderen Dorfseite erklommen. Noch immer bedeckte eine dünne Wolkenschicht den Himmel, aber der Wind hatte nachgelassen und schnitt nicht mehr gar so unbarmherzig durch die Kleidung. Im Südwesten zeigte ein weißliches Flirren an, wo die Sonne stand. Zwei bis drei Tage, schätzte Roger, benötigten sie noch, bis sie Trier erreichten. Und damit war er der Erfüllung dieses vertrackten Auftrags wenigstens einen Schritt näher gekommen …
    Vor dem ersten Haus innerhalb der Umfriedung schippte ein kleiner, gedrungener Mann einen Weg in den Schnee. Er hatte ein derbes Gesicht mit einer knochigen, vorspringenden Nase. Als er Roger und Donata sah, hielt er in seiner Arbeit inne, stützte sich auf seine Schaufel und schaute ihnen neugierig entgegen.
    »Wir suchen jemanden, der einen Esel oder ein Maultier verkaufen will«, sagte Roger zu ihm. »Meine Frau hat sich am Fuß verletzt. Und wir brauchen etwas zu essen. Brot und Speck oder gebratenes Fleisch …«
    »So …«, der Bauer musterte sie aus kleinen, tief liegenden Augen, die ein Netz von Falten umgab. »Ich habe einen Esel, den ich nicht unbedingt brauche. Wenn Ihr wollt, kann ich ihn Euch zeigen. Und zu essen könnt Ihr auch haben.«
    »Gut«, Roger nickte.
    Sie folgten dem Mann um die Ecke des Hauses zu einem Schuppen, wo der Esel unter einem Vordach angebunden war. Roger kniete sich nieder und tastete das Tier ab. Es war gut gepflegt, aber seine Haare, die an den Spitzen einen hellen Grauton hatten, und sein knochiger Körperbau verrieten, dass es alt war. Kein Wunder, dass der Besitzer es loswerden wollte. Aber es war sehnig und würde einige Tage durchhalten.
    »Was wollt Ihr dafür?«
    »Acht Gulden.«
    »Was?«, Roger grinste und schüttelte den Kopf. »Acht Gulden für diesen dürren Klepper? Zu diesem Preis bekomme ich anderswo ein Pferd.«
    »Das mag sein. Aber hier, in diesem Dorf, nicht. Außerdem ist der Esel zäh«, entgegnete der Bauer ungerührt.
    Roger richtete sich auf. »Ich werde bei Euren Nachbarn fragen, ob sie Tiere zu ehrlicheren Preisen verkaufen.«
    Auf der anderen Seite der niedrigen Hecke, die den Hof umgab, öffnete sich eine Scheunentür und ein Mann schob eine Karre mit Mist heraus, der in der Kälte dampfte. Der Bauer warf einen raschen Blick in den Nachbarhof, fuhr sich mit der Hand über die kahle Wange und sagte: »Sieben Gulden …«
    »Zwei«, brachte Roger gleichmütig vor.
    »Vier, das ist mein letztes Angebot«, gab sich der Bauer mit einem Seufzen geschlagen.
    Während Roger einen Beutel

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