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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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mit Geldstücken aus seinem Bündel nahm und sie abzählte, meinte der Mann: »Ihr und Eure Frau habt Euch kein gutes Wetter ausgesucht, um die Eifel zu durchqueren.«
    »Wann ist das Wetter schon gut«, Roger zuckte die Schultern. »In einigen Wochen, wenn es taut, sind die Wege verschlammt, das ist noch schlimmer.«
    »Ich habe Euch eben über das Feld laufen sehen. Ihr kommt von Norden her …?«
    »Ja, aus der Richtung von Aachen.« Nein, dumm war der Mann nicht. Es war besser, wenn sie schnell weiterkamen. Roger drückte ihm das Geld in die Hand und griff nach der Mähne des Esels, der ihn und Donata mit misstrauisch gesenktem Kopf beäugte. Doch der Bauer schien sich die Gelegenheit zu einem Schwatz nicht entgehen lassen zu wollen und stellte sich breitbeinig in den Schnee.
    »Wenn Ihr aus dem Norden kommt, dann habt Ihr sicher von den Kölner Beginen gehört? Ein Kaufmann, der vor zwei Tagen in meiner Scheune übernachtete, hat von ihnen erzählt.«
    Aus den Augenwinkeln nahm Roger wahr, dass Donata zusammenzuckte. Rasch trat er neben sie und fasste ihren Arm, als wollte er sie stützen.
    »Ja«, entgegnete er ausdruckslos, »in den Dörfern haben die Leute davon geredet. Es soll einen Aufruhr in der Stadt gegeben haben.«
    »Einen Aufruhr …« Die Augen des Bauern funkelten spöttisch. »Ihr wart wohl schon lange in keiner Ortschaft mehr, wie? Die Beginen sollen mithilfe des Bösen«, er bekreuzigte sich hastig, »Gisbert, den Inquisitor, ermordet haben. Damit er sie nicht der Ketzerei und der Zauberei anklagen konnte.«
    Roger spürte, wie Donata neben ihm erstarrte, und packte ihren Arm fester. »Die Beginen sollen den Inquisitor ermordet haben?«, murmelte er.
    »Ja, genau genommen – so erzählte es zumindest der Kaufmann – soll es ein Begarde getan haben, der häufig bei und wohl auch mit den Frauen verkehrte«, ein anzügliches Grinsen erschien auf dem knochigen Gesicht des Bauern. »Eine der Beginen, ihr Name war, glaube ich, Bilhildis, soll dem Prediger ein besonderes Messer gegeben haben, das mit den Kräften des Bösen versehen war. Mit diesem gelang es ihm, den heiligen Mann zu töten … Jetzt wird über die Beginen und den Begarden ein Legat des Papstes zu Gericht sitzen. Schon bald – Anfang März, so hört man. Und was die Frau mit Namen Bilhildis anbelangt«, er unterbrach sich und spuckte in den Schnee, »sie hat die Strafe des Himmels bereits ereilt. Eine Gruppe von Leuten, die mit Kreuzen bewaffnet gegen das Haus der Beginen zog, hat sie durch Steinwürfe getötet …«
    Donata stieß einen leisen Schrei aus. Während Roger sie eng an sich zog, umklammerte er weiterhin grob ihren Arm und betete, dass sie nicht gänzlich die Fassung verlor.
    Der Bauer sah Donata neugierig an. »Eure Frau scheint das sehr zu erschrecken …«
    »Jeder Rechtgläubige muss Furcht empfinden, wenn er von den Ketzern hört und vom Gericht der Inquisition.« Roger grub seine Finger in ihr Fleisch und hoffte, dass der Schmerz sie wieder zu sich brachte.
    »Ja«, flüsterte sie schließlich. »Ja, so ist es. Jeder Rechtgläubige muss Angst haben …«
    »Kaufmann seid Ihr nicht«, der Blick des Bauern ruhte auf dem Bündel, das Roger bei sich trug. Es war zwar gut gefüllt, aber nicht dick genug, als dass er irgendwelche Waren mit sich hätte führen können. »Was treibt Euch und Eure Frau denn mitten im Winter über das Gebirge?«
    »Ich bin ein Medicus.«
    »Ihr kennt Euch mit Krankheiten aus?«, der Bauer schaute ihn überrascht an. »Mein Vater ist heute Morgen auf dem Eis ausgeglitten und dabei ist sein Arm aus dem Gelenk gesprungen. Uns ist es nicht gelungen, ihn wieder einzurenken. Seitdem stöhnt und jammert er und schreit, dass er uns nicht wieder an sich heranlassen will. Wenn Ihr den Arm einrenkt, bekommt Ihr einen Gulden von den vier zurück, die Ihr mir gegeben habt.«
    Roger unterdrückte einen Fluch. Es war nicht gut, wenn sie sich zu lange in diesem Dorf aufhielten. Aber wenn er es ablehnte zu helfen, würde er den Bauern nur noch misstrauischer machen, als er ohnehin schon war.
    »Zwei«, entgegnete er ruhig. »Und keinen Gulden weniger.«
    »Ihr versteht Euch aufs Feilschen, wie?«, der Bauer lachte leise. »Nun, wenn Ihr in der Heilkunst ebenso bewandert seid, soll es mir recht sein.«
    Während sie dem Bauern zu dem niedrigen Haus folgten, hielt Roger Donata weiter fest. Als er sie verstohlen musterte, erschrak er. Ihr Gesicht hatte einen verlorenen, geistesabwesenden Ausdruck und sie schien

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