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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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deutschen Königs zu diesem abgelegenen Ort. Wir achten sorgfältig darauf, dass niemand es bemerkt, wie wir in der Nacht von jenem Gehöft aufbrechen. Während des Schneesturms konnte uns ohnehin niemand folgen … Und dann befindet sich dort durch einen dummen Zufall ein dahergelaufener Junge …«
    »Niemand wird dem Jungen glauben, wenn er etwas gesehen hat.«
    »Das mag zutreffen. Aber auch Gerüchte können schaden. Der Junge ist ein Schreiber, sagtest du? Weit kann er noch nicht gekommen sein. Es dürfte nicht schwer werden, einen Jungen aufzuspüren, der das Schreiberhandwerk beherrscht. Bei dieser Kälte kann er sich nicht lange verstecken. Irgendwann wird er eine Klosterherberge aufsuchen müssen oder Unterschlupf in einem Dorf oder einem abseits gelegenen Gehöft suchen. Nimm dir ein paar Soldaten mit und finde ihn.«
    »Ja, Herr.«
    »Ach, und damit niemand unnütze Fragen stellt, warum ihr nach dem Knaben forscht … Sagt, er sei ein Ketzer …«
    Nachdem der Diener gegangen war, schritt Enzio ein Stück am See entlang. Er schätzte dieses dicht bewaldete, düstere und häufig regnerische Land nicht sonderlich. Aber an klaren, sonnigen Tagen wie diesem empfand er die eisige Kälte als belebend und er genoss die fremdartige Schönheit, die der Schnee dem Land verlieh. Mit einer raschen Bewegung tauchte der Reiher nun den Kopf in das Wasserloch. Wenige Augenblicke später erhob er sich in die Luft. Der silbrig schimmernde Leib einer Forelle wand sich in seinem Schnabel.
    Enzio dachte an den heißen Spätsommernachmittag des vergangenen Jahres. An jenem Tag waren seine Spielzüge endlich aufgegangen – seit Jahren hatte er sie sorgfältig geplant: Der Papst hatte ihn mit dem Auftrag betraut, in das deutsche Königreich zu ziehen und ein geheimes Bündnis zwischen Gregor, Heinrich, dem König, und den norditalienischen Städten auszuhandeln. So intensiv war die Erinnerung, dass Enzio den durchdringenden Salbeigeruch wahrzunehmen glaubte, der vom Garten des Landhauses her in das Gemach gedrungen war. Ein Geruch, der von Krankheiten kündete. Er entsprach dem gelblichen, von Schweiß bedeckten Antlitz des Papstes, der die Hitze schlecht vertrug. Ein schwächlicher Körper, den jedoch ein schlauer Geist und ein zäher Wille bewohnten. Die Gewissheit erfüllte Enzio, dass er in nicht allzu ferner Zeit den Platz des Papstes einnehmen würde. Deshalb war es ihm nicht schwer gefallen, Ergriffenheit und Demut zu heucheln und vor Gregor die Knie zu beugen.
    Der Kardinal betrachtete den Winterhimmel, an dem die Sonne als eine gleißende Scheibe stand. In seinen Gedanken verwandelte sich das Gestirn in das Rad der Fortuna. Sein Schicksalsrad, das er zum Drehen gebracht hatte und das er, wenn es den höchsten Punkt erreichte, anhalten würde. Der wankelmütige Staufersohn, der nur zu gern bereit war, sich einem starken Willen zu unterwerfen – Hauptsache, dieser Wille war nicht der des Vaters –, neigte seinen Plänen zu. Dies hatte er bei einem ersten Treffen mit dem König deutlich gespürt. Und die Nachricht, die der Bote des Königs während der vorletzten Nacht in der zerstörten Kirche übermittelt hatte, bestätigte dies. Der König benannte nichts klar, deutete jedoch vieles an.
    Heinrich wollte den Kaiserthron, er, Enzio, den Stuhl Petri gewinnen. Gegenseitig würden sie sich zu ihren Zielen verhelfen. Anschließend würde es nicht schwer werden, dem König begreiflich zu machen, wer der eigentliche Herrscher des Abendlandes war. Als Enzio seinen Blick von der Sonne abwandte, hatte er immer noch deutlich das steigende Schicksalsrad vor Augen.

    *

    In der Pfalz von Ingelheim hielt Heinrich, der deutsche König – ein mittelgroßer, schlanker Mann, mit einem gleichmäßig geschnittenen, weichen Gesicht –, seine Hände über eine Kohlenpfanne. Während er in die züngelnde Glut schaute, spürte er die Hitze an seiner Haut. Wieder, wie schon einige Male in den vergangenen Stunden, vergegenwärtigte er sich, was ihm Odilo, sein Gefolgsmann, berichtet hatte.
    Noch immer konnte er es kaum fassen. Der Kardinal von Trient hatte Gisbert, den Inquisitor, umgebracht. Er hatte sein Messer gezogen und den Dominikaner erstochen. Diesen ausgezehrten Mönch, der die Menschen im Deutschen Reich mit der Inquisition verfolgt hatte und noch nicht einmal davor zurückgeschreckt war, den Adel zu behelligen. Der sich erdreistet hatte, ihm, dem König, frech ins Antlitz zu sagen, er erkenne keine weltliche Macht an, sondern nur

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