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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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begleiten. Doch als die Musikanten langsam ihren Weg fortsetzten, ging sie ruhig weiter. Für einen Augenblick schien es Roger, dass der Tross des Kardinals sie alle hinter sich herzog wie das Kielwasser eines Schiffes den Unrat. Sie trieben in der Woge, unfähig, sich daraus zu befreien.

    *

    »Schon nach wenigen Wochen ist Gisbert gefunden worden.« In einem Gemach des Gebäudes, das dem König als Pfalz diente, wandte sich Heinrich Enzio zu. Sein Gesicht war gerötet und seine Stimme zitterte vor Empörung. »Und Ihr habt mich durch meinen Boten glauben machen wollen, dass der Inquisitor für alle Ewigkeit verschwunden sei. Bei Gott … Wenn es mit der Erfüllung all Eurer Pläne so steht …«
    Der Kardinal unterdrückte ein Seufzen. Schon vorhin, als Heinrich ihn im Schatten der alten Basilika begrüßt hatte, war ihm – trotz der höfischen Formen, die der König wahrte – dessen Verstimmung nicht entgangen. Er hatte also wirklich gut daran getan, in Köln die Dinge erst einmal ruhen zu lassen, um noch einmal von Angesicht zu Angesicht mit dem Staufer zu reden.
    »Zudem habe ich vor einigen Tagen erfahren, dass Beginen und ein Begarde den Inquisitor ermordet haben sollen«, sprach der König erregt weiter, »mithilfe eines Messers, auf das sie die Kraft des Bösen herabgerufen haben. Ich nehme an, diese Geschichte habt Ihr in die Welt gesetzt?«
    »So ist es«, erwiderte Enzio ruhig.
    Der König starrte ihn aus seinen großen braunen Augen an, während das unstete Licht der Fackeln, die an den Wänden des gewölbten Raums brannten, seine Gesichtszüge noch weicher wirken ließ, als sie ohnehin waren. »Aber ich kann es nicht dulden, dass Unschuldige mit einer Tat belastet werden, die sie nicht begangen haben«, stammelte er schließlich fassungslos.
    »Verzeiht, wenn ich Euch Ärger bereitet habe.« Der Kardinal beugte sich auf dem Lehnstuhl, auf dem er saß, vor. »Als König seid Ihr auch Richter. Erlaubt Ihr, dass ich meine Verteidigung übernehme und Euch darlege, warum ich so und nicht anders gehandelt habe?«
    »Versucht es, aber ich glaube nicht, dass Ihr mich überzeugen könnt!« Noch immer war Heinrichs Stimme getränkt von Zorn und Empörung.
    »Wenn ich mit Eurem ersten Anklagepunkt beginnen darf, dass Gisberts Leiche unversehens entdeckt wurde …« Enzio sprach ernsthaft und liebenswürdig zugleich. »Bei jedem Plan, so sorgsam er auch ausgearbeitet wurde, können plötzliche Schwierigkeiten auftreten. Die eigentliche Kunst besteht nicht darin, solche Schwierigkeiten restlos auszuschließen, sondern sie, sobald sie auftreten, für die eigenen Zwecke zu nutzen. Ja, ich habe einige Frauen und einen Mann mit dem Mord an Gisbert belastet. Dadurch jedoch konnte ich mir den Kölner Erzbischof, einen wichtigen Fürsten im Reich, geneigt machen.« Wobei sich Heinrich von Müllenark nichts mehr wünschte, als dass nie der Verdacht der Ketzerei gegen die Beginen und den Begarden erhoben worden wäre, doch das musste der König nicht wissen.
    »Aber diese Menschen sind unschuldig …«
    Enzio hob die Augenbrauen. »Fragt Gott danach, wer im irdischen Leben schuldig oder unschuldig ist? Hat Er nicht dem König Saul befohlen, alle Amalekiter zu erschlagen, auch die Frauen und die Kinder? Und haben etwa die Säuglinge dieses Volkes Böses gegen Ihn getan? Und wie steht es mit Eurem eigenen alten und ruhmvollen Geschlecht? Haben Eure Vorfahren bei ihren Kämpfen gegen Aufständische, die ihnen die Herrschaft streitig machen wollten, oder bei ihren Kriegszügen stets säuberlich zwischen schuldig und unschuldig unterschieden?«
    Der König wollte etwas erwidern, aber der Kardinal sprach ruhig und eindringlich weiter: »Und Euer Vater … Hat er etwa stets die Unschuldigen geschont? Und doch ist er der mächtigste Herrscher des Abendlands. Hat Gott nicht Eurem Vater, obwohl Papst Gregor ihn mit einem Bann belegte, sogar den Sieg im Kreuzzug geschenkt? Glaubt mir, Gott ist mit den Mächtigen. Und es zeichnet einen großen Herrscher aus, dass er alles seinen Zielen unterordnet.«
    Der Zorn war aus Heinrichs Miene gewichen. Befriedigt nahm Enzio zur Kenntnis, dass der Staufer seinen letzten Worten nachzulauschen schien, ängstlich und doch wie gebannt. So als hörte er einen erschreckenden und doch zutiefst betörenden Klang. Der Kardinal schwieg, um dem Gesagten noch mehr Raum zu geben.
    »Denkt über meine Worte nach«, fuhr er schließlich fort. »Wie auch immer Ihr Euch entscheidet, ob für meine Pläne oder

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