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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Wenn er doch nur sonst irgendwo in der dunklen Kirche wäre.
    Aber wie ein Hund, der vor einem Fuchsbau lauerte, würde der Diener seinen Platz nicht verlassen. Ein Hund entfernte sich nur vom Bau, wenn er den Fuchs draußen witterte. Sie stutzte, als sie verstand.
    Nachdem sie eine Weile vorsichtig den Altarsockel abgetastet hatte, fand sie den losen Stein. Sie ruckte daran, während sie darauf bedacht war, dass sich nicht auch noch andere Brocken lösten. Es gelang ihr, ihn lautlos herauszuziehen. Eine Weile verharrte sie, wobei sie den Stein umklammert hielt. Schließlich richtete sie sich langsam auf, wobei ihr das Blut schmerzhaft in die verkrampften, kalten Glieder schoss. Sie wartete, bis sie das Gefühl hatte, wieder sicher auf ihren Füßen stehen zu können. Dann hob sie den Arm. Ohne sich noch einmal zu besinnen, schleuderte sie den Stein in den rückwärtigen Teil der Kirche. Ein dumpfer Aufprall. Léon stieß einen Fluch aus und rannte los, gleichzeitig hastete Donata selbst auf das Chorgitter zu. Nun, da sie den Winkel unter dem Altar verlassen hatte, bemerkte sie, dass die Finsternis, die die Kirche füllte, nicht ganz undurchdringlich war. Ein wenig Licht, gerade genug, um Umrisse da und dort schemenhaft hervortreten zu lassen, fiel durch die verglasten Fenster. An der rechten Seitenwand der Apsis glühte etwas – die Kerze, die über dem Tabernakel brannte.
    Donata hatte das Chorgitter fast erreicht, als sie zu ihrer Linken eine Bewegung wahrnahm. Eine Männerstimme rief etwas in einer fremden Sprache. Im rückwärtigen Teil der Kirche schrie der Diener einige scharfe Worte. Es war noch einer von Enzios Leuten in der Kirche … Donata rannte auf ihren nackten Füßen nach rechts, zurück in das Seitenschiff, während sie in ihr Bündel griff und panisch nach dem Messer suchte. War sie wieder in dem Traum gefangen? Jenem Traum, in dem sie durch eine riesige Kirche rannte und der fahlhäutige, geflügelte Dämon sie verfolgte? Sie stolperte, raffte sich auf und lief vorwärts, bis sie gegen eine Wand stieß.
    Als sie sich umdrehte, erkannte sie in dem unsteten, schwachen Licht zwei Schatten, die sich langsam und in weiten Bögen durch das Seitenschiff bewegten. An ihnen kam sie nicht vorbei. Sie presste den Rücken gegen die Wand und umklammerte das Messer. Noch einmal würde sie sich nicht fangen lassen, ohne sich zu wehren. Was Roger empfunden haben mochte, als sie ihn ergriffen? Die gleiche würgende Furcht wie sie selbst?
    Jetzt ertönten Schritte und ein Klappern im Hauptschiff. Noch jemand kommt ihnen zu Hilfe, dachte Donata dumpf. Erneut rief Léon dem anderen Mann knapp etwas zu. Sie erwartete, dass sie nun noch rascher auf sie zukämen. Doch stattdessen rannten die Männer wieder in das Hauptschiff. Donata benötigte einen Moment, um sich zu fassen. Dann eilte sie auf das Chorgitter zu, auf die Stelle, wo sich der Durchgang befinden musste. Ihre Finger glitten über die Stäbe. Was, wenn die Tür verschlossen ist?, durchfuhr es sie.
    Neben ihr öffnete sich das Gitter. Eine Hand ergriff die ihre und zog sie in die Apsis. Im selben Augenblick erklang aus dem hinteren Teil des Kirchenschiffes ein triumphierender Ruf Léons, den sofort die laute, gebieterische Stimme der Äbtissin übertönte: »Lasst mich los! Sofort! Was fällt Euch ein, diese Kirche zu betreten? Dies ist geweihter Boden!«
    Die Hand zog Donata weiter, in einen Raum, in dem es schwach nach Weihrauch und Bienenwachs roch, und von dort aus in die Halle, durch die Donata vor einigen Wochen das erste Mal das Kloster betreten hatte. Eine brennende Öllampe hing von der Decke. Benommen folgte Donata einer Nonne die steinerne Treppe hinauf in den Arkadengang. Hier war es dunkel. Die Benediktinerin öffnete eine Tür. Wieder schlug ein Lichtschein Donata entgegen. Er rührte von einer Kerze her, die auf einem Bronzeleuchter brannte. Den Schaft des Leuchters schmückten drei Vögel, deren Schwingen wie zum Flug erhoben waren.
    »Warte hier!«, sagte die Nonne, ehe sie den Raum wieder verließ.
    Langsam ging Donata zu dem Lesepult, das in der Nähe des Fensters stand. Darauf lag ein aufgeschlagenes Buch. Eine der Seiten war beschrieben. Die andere zeigte ein Bild, auf dem schwarze Sterne in einen Abgrund stürzten. Als Donata draußen auf dem steinernen Boden des Ganges Schritte hörte, trat sie hastig von dem Pult weg.
    Nachdem die Äbtissin den Raum betreten hatte, nahm sie wortlos die brennende Kerze von dem Leuchter. Mit der anderen

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