Die Buchmalerin
Glaubens und des Reiches angemessen zu schützen. Dies war das erste wirklich greifbare Zeichen, dass der König bereit war, seinen Plänen zu folgen.
Heinrich von Müllenark, als der Herrscher der Stadt, musste noch seine Zustimmung erteilen. Aber, dachte Enzio mit einem Lächeln, der Erzbischof wird nur zu gern dazu bereit sein. Und, wie er den Worten des Boten entnommen hatte, die Soldaten waren sogar schon auf dem Weg nach Köln. Die Soldaten des Königs, dazu die des Erzbischofs und seine eigenen Leute – es würde nicht schwierig werden, den Prozess zu beherrschen. Enzio glaubte zwar nicht, dass es während des Gerichtsverfahrens ernsthafte Probleme geben würde. Aber das Volk war wankelmütig und unberechenbar. Und damals, als der Pöbel gegen das Haus in der Stolkgasse gezogen war, hatten die Familien der Beginen die Frauen erstaunlich ungestüm verteidigt. Es war besser, auf alles vorbereitet zu sein. Als Schritte vor der Tür erklangen, legte er das Pergament beiseite.
Kurz darauf betrat Léon den Raum und verbeugte sich.
»Du bist zurück? Habt ihr jemanden in der Kirche entdeckt?«
»Nur die Äbtissin, Herr …« Der Diener stieß einen grimmigen Laut aus.
Der Kardinal hob die Augenbrauen. »Tatsächlich?«
»Ja. Wir bemerkten, dass sich jemand in der dunklen Kirche aufhielt. Und als wir denjenigen packten, ergriffen wir die Äbtissin. Sie sagte, sie würde es nicht dulden, dass sich Bewaffnete an diesem heiligen Ort herumtrieben. Ich dachte, es sei besser, Euch zu fragen, was wir tun sollen.«
»Außer der Äbtissin war niemand dort?«
»Ich bin mir nicht sicher, Herr. In Begleitung der alten Frau waren noch zwei ihrer Nonnen. Aber kurz zuvor, ehe wir sie packten, glaubten wir, jemanden im rechten Seitenschiff zu bemerken.«
»Keine der Nonnen?«
»Sie behaupteten, eine ihrer Mitschwestern sei dort gewesen. Die Tür im Chorgitter ist, wie Ihr wisst, nicht weit von diesem Seitenschiff entfernt. Und es könnte sich ebenso gut um jemand anderen gehandelt haben …«
»Ich traue Hugo nicht«, sagte Enzio nachdenklich. »Es will mir nicht aus dem Kopf, dass sein Kloster nur ein, zwei Tagesmärsche von der Stelle entfernt ist, wo wir Friedrichs Kundschafter fassten.«
»Ihr glaubt, dass diese Frau mit Namen Donata dort Zuflucht gesucht haben könnte?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Möglicherweise treibt den Abt wirklich nur die Sorge um seine Großtante um. Aber es bleibt ein höchst merkwürdiger Zufall, dass ein schweres Fieber Schwester Gunhild ausgerechnet am vergangenen Nachmittag überfallen hat.«
»Wollt Ihr das Kloster noch einmal durchsuchen lassen?«
»Ich schätze, wir würden dort niemanden finden.« Enzio schüttelte den Kopf. »Und die Benediktinerinnen, die meisten zudem adelige Frauen aus einflussreichen Familien, durch die Folter zu einer Aussage zu bewegen … Nein, ich will den Mut und die Gunst des Königs vorerst auf keine zu harte Probe stellen. Ihm hat schon die Sache mit Gisberts Tod und dem Mordvorwurf gegen die Beginen und diesen Begarden zu sehr zu schaffen gemacht.« Einen Moment lang glaubte er, das weiche, unentschlossene Gesicht des Kaisersohnes vor sich zu sehen, der von Macht und Größe träumte und doch nicht die Gaben dazu besaß.
»Die Soldaten sollen das Kloster der Benediktinerinnen weiterhin sorgfältig bewachen«, fuhr er fort. »Und was diese Frau, Donata, betrifft … Die beiden Schreiber, wie hießen sie noch?, die bezeugen können, dass sie Männerkleidung trug und die Klosterscheune in Brand steckte, sind sie noch in der Stadt?«
»Ihre Namen sind Gernot und Wulf. Ja, sie sind in der Scheune einer Brauerei untergekommen. Sie liegt in der Pfarrei Klein Sankt Martin.«
»Sorg dafür, dass sie auf alle Fälle während der nächsten Zeit in der Stadt bleiben. Wie haben sie übrigens den Reitunfall ihres Kumpans aufgenommen?«
»Sie wollen eine Messe für ihn lesen lassen.«
»Nun, das kann nie schaden.« Der Kardinal beugte sich vor. »Verständige mich, sobald der Priester Bérard, der damals an dem Inquisitionsverfahren gegen die Frau beteiligt war, in der Stadt eingetroffen ist.« Der Kardinal besann sich und lächelte ein wenig. »Immerhin verdanke ich es diesem Veit, dass wir von dem Priester erfahren haben. Vielleicht sollte auch ich eine Messe für ihn stiften.«
*
Als Erstes nahm Roger die Gerüche von Kräutern wahr – den süßlichen Duft der Kamille und einen anderen, der ein wenig stechend war und von den Blättern der
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