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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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entsprach. Roger musterte die Ankömmlinge rasch. Einer von ihnen, ein älterer, kräftiger Mann, trug die Tracht der Priester. Die anderen beiden waren wie Dienstleute gekleidet.
    Die drei blickten sich suchend in dem Getriebe um, das auf dem Hof herrschte: Knechte, die zu dem erzbischöflichen Haushalt gehörten, und Bedienstete der Gäste verteilten, wie Roger, frisches Stroh auf dem schlammigen Grund. Andere bewegten Pferde und wieder andere gingen Geschäften nach, die sie von einem Gebäude zu einem anderen führten, trugen Körbe und Kisten voller Holz, Gemüse, Brot und Fleisch oder feiner Stoffe. Dazwischen mischten sich Bewohner der Stadt, die ebenfalls Geschäfte, welche auch immer, hierher führten.
    So unsicher, wie die drei Männer wirken, dachte Roger, scheinen sie nicht aus der Stadt, sondern eher von einem Dorf zu stammen.
    Er trat zu seinem mit Stroh beladenen Karren und wollte ihn ein Stück weiterschieben, als sich der Priester zögernd einem der Knechte des Erzbischofs näherte.
    »Stimmt es, dass der Legat des Papstes, der Kardinal von Trient, am Hof des Erzbischofs eingetroffen ist?«
    »So ist es, Herr«, erwiderte der Knecht gleichmütig.
    »Ich muss den Legaten des Papstes oder den Erzbischof in einer wichtigen Sache aufsuchen. Wo finde ich die hohen Herren?«
    Roger merkte auf und ließ die Griffe des Karrens wieder sinken. Stattdessen nahm er die Heugabel zur Hand und rechte langsam ein Bündel Stroh zusammen, das der Wind auseinander gewirbelt hatte.
    »Ich weiß nicht, Herr«, entgegnete der Knecht stumpfsinnig.
    »Ich muss einen der beiden sprechen. Die Sache duldet keinen Aufschub.«
    »Vielleicht dort …« Der Knecht vollführte eine ratlose Gebärde und deutete auf das große Gebäude, wo sich der Saal und die Wohnräume des Erzbischofs befanden.
    Der Priester wies seine Begleiter an, bei dem Karren zu bleiben, und eilte zum Palast. Er hatte erst eine kurze Strecke zurückgelegt, als das Portal des Gebäudes sich öffnete und der Kardinal und der Erzbischof sowie eine Schar von Dienern hindurchschritten. Der Priester ging langsamer und betrachtete die Gruppe forschend, ehe er schließlich hastig auf Enzio von Trient und Heinrich von Müllenark zulief, die die Gruppe anführten und deren vornehme Kleidung sie als Adelige von hohem Rang kenntlich machte.
    Sobald der Geistliche die Gruppe erreicht hatte, beugte er die Knie und sagte ehrfürchtig und bittend zugleich: »Ihr Herren, wenn sich unter Euch Heinrich von Müllenark, der Erzbischof der Stadt, befindet oder der päpstliche Legat, der Kardinal von Trient … Ich Eudo, Priester eines Dorfes in der Gegend von Mayen, das zum Besitz des Herren von Berresheim gehört, muss Euch eine Mitteilung machen. Im Bereich meiner Pfarrei wurde ein Toter gefunden, der gewaltsam ums Leben gekommen ist.«
    Während der Priester seine Sache vortrug, näherte sich Roger der Gruppe. Auch andere Menschen, die den Hof bevölkerten, wurden auf das Geschehen aufmerksam und strebten neugierig zum Portal hin. Roger trat hinter einige Männer, die ihre Körbe, gefüllt mit Tuch und frischen Broten, neben sich abgestellt hatten. Er hielt seine Heugabel müßig in den Händen, hoffte, sich in nichts von den übrigen Gaffern zu unterscheiden.
    »Nun, es ehrt Euch, dass Ihr den weiten Weg bis nach Köln auf Euch genommen habt, um uns über einen gewaltsamen Tod zu unterrichten«, ergriff Heinrich von Müllenark das Wort. In seiner Stimme rangen Leutseligkeit und Missbilligung miteinander. »Aber wäre es nicht eher die Sache des Herrn von Berresheim gewesen, sich dieses Todes anzunehmen? Oder des Erzbischofs von Trier, zu dessen Besitz Eure Gegend gehört?«
    Trotz seiner Anspannung konnte sich Roger einer gewissen Erheiterung nicht erwehren. Der Kölner Erzbischof wollte wirklich nicht mit zu vielen Dingen behelligt werden.
    »Nein, Ihr Herren«, erwiderte der Dorfpriester ruhig, aber bestimmt. »Auch der Herr von Berresheim wollte, dass ich in dieser Sache nach Köln gehe und den Legaten des Papstes aufsuche. Denn dieser Tod übersteigt die Befugnisse meines Herrn und auch die des Erzbischofs von Trier.«
    Von der Stadt her war nun, zwar entfernt, aber doch deutlich, lautes Rufen und Schreien zu hören. Verwundert registrierte Roger den Lärm, dem etwas Bedrohliches zu Eigen war. Im nächsten Augenblick forderte jedoch der Kardinal, der das Wort ergriff, wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
    »Da Ihr und der Herr von Berresheim dieser Ansicht seid –

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