Die Bucht der schwarzen Perlen
lag im dunklen Schatten der Palmen. Das Mondlicht ließ nur den weißen Korallensand aufschimmern, als bestünde er aus Kristallen.
Tama'Olu hatte nichts gesagt, als er sie durch das Schiff führte, erinnerte er sich nun. Stumm war sie mit ihm durch die Räume gegangen und hatte sich alles erklären lassen. Die Kochplatten in der Pantry, die glühend heiß wurden, wenn man einen Knopf drehte … Licht, helles Licht, das aus seltsamen Gebilden an Decken und Wänden kam, wenn man einen anderen Knopf drehte … Wasser, das in dünnen, kräftigen Strahlen aus einer bemalten glatten Wand schoß – sie hatte das alles wortlos betrachtet.
Als er dann mit ihr das Schlafzimmer betrat, dieses Prunkgemach, das sich der dicke Myers hatte bauen lassen, um für seine Gespielinnen den richtigen Rahmen zu haben, und das selbst Ron für einen Moment sprachlos gemacht hatte, drückte sie sich an ihn, als habe sie Angst vor dieser Pracht aus Seide, Kristall, Schleiflack und Spiegeln. Als sie sich und Ron in dem großen Spiegel neben dem Bett wiedersah, erschrak sie nicht … Einen Spiegel kannte sie, der Händler Descartes hatte ein paar kleine Handspiegel gegen Palmholzschnitzereien eingetauscht.
Tama'Olu staunte nur, daß es so große Spiegel gab, in denen man sich von oben bis unten betrachten konnte, sah interessiert zu, wie Ron ihr das Kleid aufwickelte, wie er sich selbst auszog und sie dann nackt nebeneinanderstanden und Ron begann, ihre Brüste zu streicheln und mit den Lippen die Linien ihres schlanken Körpers nachzuzeichnen.
Als sie beobachtete, wie er an ihrem Körper hinunterglitt, vor ihr kniete, das Gesicht in ihrem Schoß vergrub, schien etwas in ihr zu explodieren. Es mußte ein Gefühl gewesen sein, von dem sie bisher nicht gewußt hatte, daß sie so intensiv empfinden konnte. Mit einer Kraft, die Ron noch nie bei ihr erlebt hatte, schlang sie die Arme um ihn, drückte seinen Kopf zwischen ihre Schenkel, stieß einen spitzen hellen Schrei aus und ließ sich nach hinten auf das federnde Bett fallen. Das war kein harter Boden, mit einer Matte bedeckt, kein warmer Sand, kein raschelndes Palmstroh … unter sich spürte sie das Zittern wieder, das sie in jeder Pore fühlte, bei jeder Bewegung schwankte der Untergrund mit. So herrlich war das alles, so unbegreiflich und atemberaubend, daß man einfach vor Leidenschaft schreien mußte.
Ovaku, halt mich fest. Ovaku, alles dreht sich um mich. Ovaku, der Himmel stürzt über mir zusammen!
Und dann sah sie über Rons Schulter in dem großen Spiegel ihre verschlungenen nackten Körper, das Spiel der Muskeln und ihre langen schlanken Beine, die Rons Rücken umklammerten. Da schrie sie wieder auf, krallte sich in Rons Haaren fest und biß ihn in die Brust.
In der Erinnerung daran tastete er behutsam über die Stelle und spürte erst bei dieser Berührung den leichten ziehenden Schmerz und die blutverkrusteten Abdrücke ihrer Zähne.
Warum bist du dann weggelaufen, mein Engel?
Ron schüttelte verständnislos den Kopf und ging langsam nach hinten auf das Sonnendeck, das mit einer orangefarbenen Plane überdacht war. Dort standen um einen flachen Tisch einige schwere, weißlackierte Sessel mit dicken, gelb bezogenen Schaumstoffkissen. Eine aufklappbare Bar war in die Wand des Aufbaus eingelassen. Im Mondlicht sah das alles aus wie eine Hollywood-Kulisse.
Tama'Olu saß jedoch nicht in einem der breiten Sessel. Sie hatte sich an die Bordwand gesetzt, die Beine durch die Reling gesteckt und ließ sie über dem Wasser baumeln. Ihre nackte Haut schimmerte matt im Mondlicht, und das lange schwarze Haar glänzte, als sei es aus Seide gesponnen.
Unbeweglich sah sie hinüber zum Strand und zum Dorf und schien Ron gar nicht zu hören.
Er blieb bei den Sesseln stehen, erlöst von allen fragenden Gedanken, glücklich und dankbar wie ein reichbeschenktes Kind. Wenn ich diese Minuten beschreiben sollte, ich könnte es nicht, dachte er. Es würde so kitschig klingen, wie so vieles auf der Welt kitschig ist, wenn man es in Worte zu fassen versucht: einen Sonnenuntergang, einen Himmel voll dahinziehender geballter Wolken, ein Gewitter mit dämonischen Blitzen, eine rosa Wolke von aufflatternden Flamingoschwärmen, die hitzeflimmernde Luft über einer Wüste, einen anschleichenden Tiger, einen Mond, der das Meer versilbert … wie kann man das beschreiben? Ganz unmöglich ist es bei einem Gefühl, wie ich es jetzt empfinde … Jetzt, wo ich Tama'Olu sehe, eingedrungen in meine Seele. Ach
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