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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gott, auch das klingt wieder entsetzlich kitschig! Für Liebe gibt es kein anderes Wort als Liebe. Es ist ein göttliches Wort.
    Leise, fast unhörbar ging er zu ihr an die Reling und blieb dicht hinter ihr stehen. Tama'Olu mußte ihn auf jeden Fall gehört haben, ein paarmal hatten die Deckdielen geknirscht. Und bei ihrem wie bei einem scheuen Tier ausgeprägten Gespür mußte sie die Schwingungen der Dielen bei jedem seiner Schritte mit ihren feinen Nerven aufgenommen haben. Aber sie rührte sich nicht. Unbeweglich starrte sie weiter hinüber zur Insel.
    »Mein Liebling«, sagte Ron leise, »erzähl mir alles, was du denkst.«
    Er streichelte ganz zart über ihr Haar und ließ dann seine Hände auf der nackten kühlen Haut ihrer Schultern liegen. Sie neigte den Kopf etwas zur Seite und schmiegte ihre Wange an seine Hand.
    »Du bist ein großer, reicher Herr …«
    »Nein. Ich bin Ovaku, dein Mann.«
    »Du hast ein großes Schiff, mit dem du überallhin fahren kannst. Weit, weit über das Meer, in Länder, die ich nicht kenne, von denen ich nie etwas gehört habe. Du hast einmal gesagt: Tonu'Ata ist nur winziges Sandkorn, so klein, daß man es übersehen hat, als man Karten anlegte. Wo du herkommst, gibt es Land mit so vielen Menschen, daß man sie gar nicht zählen kann.«
    »Über drei Milliarden«, bestätigte Ron.
    »Was ist Milliarden? Ich bin so dumm, Ovaku.«
    »In zwei Jahren wirst du alles wissen, Tama'Olu. Ich nehme dich doch mit in diese fremde Welt, die du noch nicht kennst. Von Land zu Land werden wir fahren, zu all den verschiedenen Menschen. Du wirst Häuser aus Stein sehen, die bis in den Himmel stoßen, mit Tausenden von Fenstern, die in der Sonne blitzen. Du wirst ein Gewimmel von bunten Blechkisten mit vier Rädern sehen, in denen Menschen sitzen und schnell über die Erde fahren, Autos nennt man diese Kästen, und du wirst auch in einem solchen Gefährt sitzen, neben mir, in einem wunderschönen Kleid. Und wo wir auch hinkommen, werden alle Menschen stehenbleiben und dich anschauen, weil du so schön bist … Und nach diesen zwei Jahren in der großen weiten Welt wird das alles selbstverständlich für dich sein.«
    »Glaubst du das wirklich, Ovaku?«
    »Aber sicher! Du wirst in Salzburg eine Oper von Mozart hören, mit mir in Sankt Moritz Skilaufen, in Rom und Florenz die alten Kunstwerke bewundern, die man heute so mühsam zu erhalten versucht.«
    »Ich habe Angst, Ovaku«, gestand Tama'Olu. »Angst vor dieser Welt – auch wenn ich nicht alles verstehe, was du sagst.«
    »Ich bin doch immer bei dir, mein Liebling, du brauchst dich nicht zu fürchten, glaub mir.«
    »Ich muß Fatahefi Tápana und meine Mutter verlassen, meine Brüder und meine Schwester, unser Haus und Tonu'Ata. Wir werden irgendwo da draußen leben, und ich werde viel weinen und an unsere Insel denken. Eines Tages aber wirst du allein wegfahren und nie wiederkommen.«
    »Ohne dich kann ich nicht mehr leben, Tama'Olu.«
    »Und ich nicht ohne dich.« Sie neigte den Kopf weit nach hinten und sah ihn an. »Was sollen wir tun, Ovaku?«
    »Zunächst bringen wir alles, was ich mitgebracht habe, auf die Insel. Und dann werden wir wieder tauchen, jeden Tag, und die schwarzen Perlen sammeln. Wir müssen viele davon heraufholen, Tama'Olu, zweihundert oder dreihundert. Und wenn wir dieses Vermögen aus dem Meer geholt haben, fahre ich mit dir nach Papeete, nach Tahiti.«
    »Ein großes Land?«
    »Nein, Tahiti ist auch eine Insel, aber fünfmal größer als Tonu'Ata. Und trotzdem ist auch sie nur ein Sandkorn oder, sagen wir besser, ein Steinchen auf dieser weiten Welt.«
    »Und wir kommen hierher zurück?«
    »Bestimmt, mein Schatz. Wir werden immer wieder zurückkommen.«
    »Ist das wahr?« fragte sie zweifelnd.
    »Du kannst mich töten, wenn das nicht wahr ist.«
    Sie sah ihn ernst und forschend an, drehte sich dann zu ihm und umfaßte seine Beine. »Du und ich«, sagte sie, und es klang wie ein Schwur, »wir lassen uns nicht allein …«
    Ron hob sie von den Planken hoch, nahm sie auf die Arme und trug sie wieder in das Schiff zurück.
    Zehn Tage später brachten die drei Brüder Tama'Olus und Willmore auf einer aus Palmholz gezimmerten Trage Tápana zurück in sein Haus. Das halbe Dorf begleitete den Transport mit fröhlichem Gesang und Händeklatschen. Allen voraus ging Tama'Olus Mutter. Sie trug ein von Descartes gekauftes buntes Kleid mit weitem Rock, hatte sich Hibiskusblüten ins Haar gesteckt und sich mit drei langen Ketten aus

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