Die Bucht der schwarzen Perlen
Wasser auf. Aber noch in den zwei, drei Sekunden, bevor er das Wasser berührte, traf ihn ein harter Schlag gegen die Brust … Fai'fa hatte geschossen und sogar getroffen.
Es war ein gnädiger Schuß, denn so war Pandelli schon tot, als er mitten in das Hairudel fiel, das sofort seine Richtung geändert hatte. Die anderen Männer schrien gellend, als die messerscharfen Zahnreihen der Raubfische Stücke aus ihnen rissen und die Haie in einem Blutrausch über sie herfielen.
Der Kapitän erwachte aus seiner Benommenheit, zog sich vom Boden hoch und schwankte aus der Brücke hinaus zur Treppe, rutschte die Stufen hinunter und taumelte an Deck. Er mußte sich an den Laufstangen festhalten, tastete sich mühsam vorwärts.
Sein Schiff lag jetzt schon schräg im Meer, und als er das Vorderdeck erreichte, hatte Ron gerade auf ›Rückwärts‹ geschaltet, wodurch er die ›Paradies‹ aus dem zerfetzten Schiffsleib wieder herauszog. Ihr stahlbewehrter Kiel war eingedrückt, aber er hatte gehalten.
Erstaunt nahm der Kapitän wahr, daß auf der rechten Hälfte seines zerschnittenen Schiffes eine schmale, braune, verschrumpelte Gestalt hockte, sich gegen die Reling lehnte und jetzt ein Gewehr hob. Sie war nach dem Aufprall von der Yacht wie ein Floh herübergehüpft. Selbst Ron und Tama'Olu hatten sie bei dem Durcheinander nicht gesehen, sie hatten sich geduckt und festgeklammert. Aber nun war Nomuka'ta da, wie es die Götter befohlen hatten, um seine Insel zu retten.
Er legte an, zielte und schoß. Die Kugel traf den Kapitän in den Hals, eine Blutfontäne spritzte aus der zerrissenen Schlagader. Ein reiner Zufallstreffer. Der Kapitän griff sich mit beiden Händen an den Hals, stürzte dann auf die Planken und blieb an der Reling liegen.
Nomuka'ta aber war verschwunden. Der Rückstoß des Gewehres hatte ihn voll am Kinn getroffen und über die Leckkante ins Meer geschleudert, mitten zwischen die in irre Raserei verfallenen Haie.
Nach sechs Sekunden gab es Nomuka'ta nicht mehr. Das Gewehr sank in die Tiefe zu den Muschelbänken. Die Götter hatten ihn noch zum Helden gemacht: Er starb nicht als alter, verlachter Mann, ein Zauberer, den die Zeit überrollt hatte. Er war ein Mensch geworden, den man nicht wieder vergaß.
Langsam versank die ›Roi de Tahiti‹ im Ozean. Sie legte sich ganz auf die Seite, kenterte dann und sackte mit dem Bug zuerst in die Tiefe. Und als wollte das Unglück, das von diesem Schiff ausging, nicht enden, entstand dabei ein so starker Sog, daß Fai'fas Boot wie in einem Strudel im Kreis herumgerissen wurde. Der Mast zerbracht, die Ausleger splitterten ab, und wie von unsichtbarer Hand gezogen, verschwand das Boot gurgelnd im Meer. Die beiden anderen Brüder sahen hilflos zu, wie Fai'fa versank. Und wieder schossen die Haie heran.
»Fai'fa!« schrie Tama'Olu und klammerte sich an Rons Arm, zerriß sein Hemd und schlug wie wild um sich, als Ron sie festhielt. Und dann weinte sie mit aufgerissenem Mund um ihren Lieblingsbruder, während die beiden anderen Krieger wie wild mit ihren Speeren auf die herumschnellenden Haie einstießen und die Wellen um sie herum sich rot färbten.
Ron zog Tama'Olu an sich, drückte ihr Gesicht gegen seine Brust, schlang die Arme um ihre Hüften und trug sie so, wie eine leblose Puppe, unter Deck. Dort fiel sie auf das Bett, hämmerte mit den Fäusten auf die Matratze und schrie so lange »Fai'fa« in die Kissen, bis sie das Bewußtsein verlor.
Kaum einer hatte mehr darauf geachtet, wie der Luftkampf de Luca gegen Willmore endete. Nur an Land standen die Insulaner in einer dichten Kette am Strand der Lagune und verfolgten das tödliche Umkreisen und Auf- und Niederflattern der Hubschrauber.
Piero de Luca hatte es erreicht, über die Lagune zu flüchten. Den Haien war er entkommen. Das flache Wasser unter ihm schreckte ihn nicht, er konnte nicht mehr ertrinken. Er war gerettet und bereit, sich zu ergeben.
Sie können mir nichts anhängen, dachte er. Ich habe keinen von ihnen getötet. Ich habe die anderen nur zur Insel geflogen und bin dann wieder zurück zum Schiff. Geschossen haben die drei Kerle, deren Namen ich nicht mal weiß. Das muß man doch anerkennen! Ich bin doch zu allem von Pandelli gezwungen worden. Ich war sein Sklave. Wenn man es genau betrachtet, hat er uns allen den eigenen Willen gebrochen und uns zu Marionetten gemacht. Wir sind ganz arme Schweine, seht das doch ein …
Er riß wieder die Tür der Glaskanzel auf und schleuderte seine
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