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Die Bucht des grünen Mondes

Die Bucht des grünen Mondes

Titel: Die Bucht des grünen Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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musterte sie neugierig. Mit zwei Fingern klopfte sie sich auf die Lippen.
    «Che réra Yami», sie deutete auf sich. Dann auf sie: «Mba’eiqapa nde réta?»
    «Amely. Ich heiße Amely.»
    «Heãta.» Yami deutete auf eine Frau, die hereinkam, in Körben kramte und mit dem Gesuchten wieder hinausging. «Ré ra Heãta.»
    Weshalb sagte sie ihr, wie diese Frau hieß? Wieder klopfte Yami auf ihren Mund.
    «Sie möchten, dass ich Ihre Sprache lerne?» Natürlich, das wäre das Vernünftigste. Nichts zu verstehen und sich ständig von Ruben übersetzen lassen zu müssen würde irgendwann zur Quälerei werden.
Irgendwann … Wie lange, glaubst du, wirst du hier sein?
    Yami hielt einige Gegenstände hoch, deutete mit den Händen Tätigkeiten an, und Amely gab sich Mühe, die vorgesagten Sätze nachzusprechen. Es fiel ihr nicht annähernd so leicht wie Ruben. Aber es machte Freude. Auch Yami übte sich am Deutschen. Dröhnend lachte sie über ihre Bemühungen.
    Sie kehrten nach draußen zurück. Die Frauen spannten Planen aus Palmblättern über der Kochstelle auf. Und kaum waren sie fertig, fing es an zu regnen. Wann das heitere Wetter umschlug, schienen sie zu wissen – doch nicht, wann ihre Männer von der Jagd wiederkehrten. Plötzlich schrien und lachten und rannten sie aufgeregt durcheinander. An den Fingern zählten sie gegenseitig, ob die Heimkehrer vollzählig waren. Nach Ruben musste Amely nicht Ausschau halten; er fiel ohnehin auf. Ein junger Mann hinkte, auf die Schultern zweier anderer gestützt. Sein Oberschenkel war mit einer Schnur abgebunden. Sofort wurde er zu einer Hütte gebracht, vor der bereits ein Schamane wartete. Amely seufzte. Tabakrauch und Gesänge würden ihn nicht retten.
    An gedrehten Seilen zogen die Männer einen Mohrenkaiman von gewaltiger Länge hinter sich her. Dutzende von Pfeilen steckten in der Echsenhaut. Auch in Schnüre gewickelte Fische schleppten sie an und wurden gebührend mit Lob überschüttet. Sofort machten sich einige Frauen daran, den Schwanz in Stücke zu hacken. Übler Gestank drang Amely in die Nase, dass sie husten musste. Lebhaft berichteten die Männer von ihren Taten, wobei ihre Körper ebenso beredt wie ihre Münder waren. Somit war das Werben wohl schon im Gange. Aufmerksam lauschten die drei zukünftigen Bräute.
    Ruben hatte sich von der Gruppe gelöst und kam auf Amely zu.
    «Hast du nichts gefangen?», fragte sie.
    «Doch, einen Fisch. Aber ich habe ihn zurückgelassen, um die Brautwerber nicht zu beschämen.» Auf ihren verständnislosen Blick hin fügte er hinzu: «Er war von doppelter Manneslänge.»
    «Oh.»
    «Das ist für dich.» Er griff nach ihrer Hand und legte einen blutigen Wurm hinein. Mit einem spitzen Schrei ließ sie das Ding fallen. Die Frauen glotzten fassungslos – nicht etwa über dieses widerliche Geschenk, sondern ihre Reaktion. Tiacca war mit einem Mal da und fauchte sie an. Ruben stieß die Jägerin zurück. Die beiden schrien sich an.
    Amely flüchtete in seine Hütte. Hier atmete sie auf. Der Raum mit seinem Sammelsurium wunderlicher Dinge hatte fast schon etwas Heimeliges. Dort draußen, dort war alles noch so unverständlich, dass sie sich vorkam wie ein verlorenes Kind.
    Ruben kam. Er wickelte eine Schnur um das inzwischen gesäuberte Ding – eine spitze Zunge – und hängte sie an die Decke.
    «Was hat Tiacca nur gegen mich?», fragte sie. «Sie hat verlangt, dass ich meine Hand in einen Beutel mit Ameisen stecke.»
    «Sie ist eifersüchtig.»
    «Aber – aber warum denn?»
    «Sie ist dumm. Einfach dumm! Ich wollte sie, aber …»
    «Du wolltest sie?»
    «Vergiss sie.» Er fuhr herum, packte ihr Haar im Nacken und schüttelte ihren Kopf. «Vergiss sie!»
    Nun war er auch auf sie wütend. Sie wusste nicht, weshalb. Und er dachte nicht daran, es ihr zu erklären. Weil er gar nicht auf den Gedanken kam. Amely entriss sich seinen Händen. Auch in ihr brodelte es. Was geschah hier? Sie begriff nichts. Nur dass es sie ängstigte.
    Bevor sie zurückweichen konnte, hatte er ihre Hand ergriffen und hochgehoben. «Die Rötung ist in ein paar Tagen weg. Du warst sehr mutig.»
    «Geschafft habe ich’s trotzdem nicht», murmelte sie.
    «Du hast doch deine Hand in den Beutel gesteckt? Das genügte schon. Du bist nun eine Frau.»
    «Tatsächlich?», fragte sie verblüfft.
    Er ließ sie los. «Wenn man weiß, was darin ist, ist es auch nicht leicht. Dass du es nicht wusstest, auf den Gedanken kam Tiacca anscheinend nicht.»
    Sie hob

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